Peter Kaiser nach WKStA-Diversion: Zeit zurückzutreten!

Landeshauptmann Peter Kaiser; Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Kaiser_(Politiker,1958)#/media/Datei:Kaiser(14581346878).jpg

Als erste Vorwürfe gegen Sebastian Kurz wegen der Inseratenaffäre erhoben wurden, war der Kärntner SPÖ-Vorsitzende und Landeshauptmann Peter Kaiser einer der ersten, die in der ZIB den Rücktritt des Kanzlers forderten. Eine Scheinheiligkeit erster Güte, die eingeweihte politische Beobachter ob Kaisers eigener Vita erstaunte. Ist Peter Kaiser doch der einzige Landeshauptmann der nicht nur angeklagt wurde (!), sondern der sich auch mittels Diversion der WKStA 2018 von einem Prozess „freikaufen“ musste.

Der Vorwurf: Die Kärntner SPÖ ließ sich 140.040 Euro aus Landesmitteln des finanziell angeschlagenen Bundeslandes an die damals SPÖ-eigene Agentur „Top Team“ auszahlen. Damit wurden unter anderem Inserate, Goodies und 500 bis 1.000 Pokale mit Aufschrift „Gesundheitsreferent Dr. Peter Kaiser“ finanziert.

Addendum schrieb 2018 folgendes über die politische Brisanz der Anklage gegen den heutigen Vizeparteiobmann der SPÖ:

Es ist die politisch heikelste Entscheidung, die die Justiz derzeit zu treffen hat: Wird der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) nach mehr als fünf Jahren Ermittlungsverfahren in der sogenannten Causa „Top Team“ angeklagt?

https://www.addendum.org/justiz/top-team/

Der Vorwurf gegen Landeshauptmann Kaiser und weitere SPÖ-Mitarbeiter im Wortlaut

Laut der Verdachtslage aus dem „Top-Team-Ermittlungsverfahren“ sollen Peter Kaiser, sein früherer Büroleiter und ein weiterer Mitarbeiter rund 140.000 Euro aus Landesgeldern mithilfe von Scheinrechnungen „beiseite geschafft“ haben. Es ging ebenso um Scheinrechnungen wie in der aktuellen Causa Inserate. Das Geld ging Ende 2009 an die Werbeagentur Top Team, die im Besitz der Kärntner SPÖ stand. Addendum zeichnete genau nach wie das Geld letztlich floss:

Die Agentur „Top Team“ richtet sechs Rechnungen über insgesamt 140.040 Euro (inklusive Umsatzsteuer) an das „Büro LR Dr. Peter Kaiser“ – zu Handen eines seiner Mitarbeiter. Nur bei zwei Rechnungen verweist der Titel „Kampagne Leben retten“ unmittelbar auf die spätere Erste-Hilfe-Aktion Kaisers. Die anderen Rechnungen waren folgendermaßen betitelt: „Kampagne Gesundheitsversorgung“, „Kampagne Medizinische Betreuung“, „Kampagne Krankenanstalten Kärnten“ und „Kampagne Spitalswesen Kärnten“. Die Rechnungstexte sollen laut Aussagen im Ermittlungsverfahren in Absprache mit Kaisers Büro so festgelegt worden sein.

Den Rechnungen ist nicht zu entnehmen, dass es sich um Vorauszahlungen handelt und noch gar keine Leistung erfolgt ist.

https://www.addendum.org/justiz/top-team/

Ein Teil des eilig ausbezahlten Geldes floss also in eine Erste-Hilfe-Kampagne des Gesundheitslandesrats Kaiser, die Monate später (!) startete. Rund 42.000 Euro waren fast drei Jahre später noch unverbraucht – quasi eine Geldreserve auf Steuerzahlerkosten.

Die Auszahlung erfolgte aufgesplittet auf mehrere Rechnungen mit unterschiedlichen Rechnungstexten. Kaisers damaliger Büroleiter gab in einer Einvernahme zu, dass so die Genehmigung des FPK-Finanzlandesrates Dobernig (für Ausgaben > 40.000 Euro) sowie eine Ausschreibung nach dem Bundesvergabegesetz umgangen wurden.

Wo der mit Abstand größte Teil des Geldes landete wird den gelernten Österreicher nicht wirklich überraschen: Inserate im Boulevard.

Mit Abstand der größte Brocken wird – laut einem Bericht des Landesrechnungshofs – für eine Medienkooperation mit der Kronen Zeitung“verwendet. „Top Team“ zahlt der Krone demnach insgesamt 52.186,03 Euro und rechnet vom Landesguthaben dafür 60.956,79 Euro ab. Die Differenz blieb wohl bei der Agentur.

https://www.addendum.org/justiz/top-team/

Die Sonderbehandlung der WKStA für den roten „Prinzling“ – freilich auf Anweisung „von oben“

Addendum titelte 2018 anlässlich des sich abzeichnenden „Daschlogung“ des Verfahrens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalschaft gegen den Kärntner Landeshauptmann folgendes:

Causa Top Team: Von oben zurückgepfiffen

https://www.addendum.org/justiz/top-team/

Was war also geschehen: Fünf Jahre wurde ermittelt. Dann wurde in Jahr vier der Staatsanwalt plötzlich per Weisung rechtlich stark eingeschränkt. Das Magazin NEWS hatte hierzu schon 2016 aufgedeckt, wie der ermittelnde Staatsanwalt Mitte 2016 von seiner Oberbehörde, der Oberstaatsanwaltschaft Wien, per Weisung zurückgepfiffen wurde:

Tatsächlich wollte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Kaiser in der sogenannte Top-Team-Affäre vor Gericht stellen. Der Staatsanwalt wurde aber vor wenigen Tagen von der Oberstaatsanwaltschaft zurückgepfiffen. Das geht aus der schriftlichen Weisung hervor, die News vorliegt. Die Oberstaatsanwaltschaft, die weitere Ermittlungen fordert, handelt dabei in Abstimmung mit dem Justizministerium und dem sogenannten Weisungsrat.

https://www.news.at/a/causa-top-team-kaiser-anklage-weisung-7514535

Addendum bekam durch Leaks Einblick in die – für Kaiser rettende – geradezu absurde Argumentation der Oberstaatsanwaltschaft. Eine Rechtsauffassung, welche gelinde gesagt den korrekten Umgang mit Steuergeld äußerst niedrig bewertet:

… dass es laut Oberstaatsanwaltschaft strafrechlich in Ordnung sein könnte, im sechsstelligen Eurobereich Werbegeschenke zu kaufen, aber nicht korrekt abzurechnen …

https://www.addendum.org/justiz/top-team/

Fragwürdiger Umgang mit Steuergeld blieb letztlich ohne echte strafrechtliche Konsequenzen. Ein Einspruch von höchster Ebene in der Justiz rettete wohl den Kärntner Landeshauptmann – oder war es doch ein glücklicher Zufall?

In der Affäre um ein Feuerwehr-Inserat entging Kaiser einer Anklage durch Diversion. Und bezahlte dafür mit einer Strafe von 5.300 Euro und eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von 4.300 Euro. Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe und der politischen Brisanz des Verfahrens war das besonders milde. Kaiser hatte nämlich seinen Rücktritt bei Anklage in den Raum gestellt.

Was ist eigentlich eine „Diversion“ a la Peter Kaiser?

Die Diversion ist die Möglichkeit der Staatswanwaltschaft oder des Gerichts, bei hinreichend geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens zu verzichten. Der Beschuldigte bzw. der Angeklagte bekommt im Fall der Diversion das Angebot, sich einer belastenden Maßnahme zu unterwerfen

https://www.oesterreich.gv.at/themen/dokumente_und_recht/strafrecht/4/Seite.2460601.html

Es wurde also per Ermittlung der WKStA hinreichend geklärt, dass sich die SPÖ unter Peter Kaiser unrechtmäßig Steuergeld unter den Nagel gerissen hat. Um nun einem Prozess und einer Verurteilung zu entgehen, bekam Peter Kaiser dann von der Justiz das Angebot eine Strafe sowie eine Schadenswiedergutmachung zu bezahlen. Für das Strafmaß für einen Verdächtigen der Untreue und des Amtsmissbrauchs nach zudem 6 Jahren der Ermittlungen ein wohl sehr mildes Urteil.

Nichtsdestotrotz ist Peter Kaiser aufgrund der Diversion in der Justiz nun einschlägig bekannt:

Wenn ein Strafverfahren mittels Diversion beendet wird, erfolgt kein Schuldspruch und keine formelle Verurteilung. Es erfolgt auch keine Eintragung im Strafregister, allerdings wird die Diversion justizintern für zehn Jahre gespeichert.

https://www.oesterreich.gv.at/themen/dokumente_und_recht/strafrecht/4/Seite.2460601.html

Die Reaktion Peter Kaisers auf die Inseratenaffäre

Das Peter Kaiser einer derjenigen ist, die selbst im Glashaus sitzen, aber dann daraus noch ungeniertest Steine werfen, unterstreichen in fast humoriger Verlogenheit seine Aussagen in der ZIB 2 nach dem Bekanntwerden der ÖVP-Inseratenaffäre:

(Anm.: In der ZIB 2) zeigte sich Kaiser nach dem Bekanntwerden der ÖVP-Inseraten-Affäre betroffen. „Das, was dieses Land in den letzten Wochen und Tagen erleben musste, das ist aus meiner Sicht diesem Land nicht würdig und hat ganz klar die Handschrift einer Person: Sebastian Kurz.

https://neuezeit.at/peter-kaiser-zib2/

Ein interessanter Vergleich zum aktuellen Verfahren bietet auch die doch unterschiedliche Vorgangsweise der WKStA, sowie der Medien. Anders als heute hatten noch 2017 die nicht prominenten Beschuldigten aus dem SPÖ-Umfeld einen Persönlichkeitsschutz. Die Kleine Zeitung beschrieb das folgendermaßen:

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Landtagspräsident Reinhart Rohr (SPÖ) sind zwei der insgesamt sieben beschuldigten Personen. Weitere Namen, vorrangig aus dem Umfeld Kaisers, nennt die WKStA aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht.

https://www.kleinezeitung.at/kaernten/5233970/Top-TeamAffaere_Fuenf-Jahre-und-kein-Ende-in-Sicht

Fazit

Landeshauptmann Kaiser ist also – gemessen an den Maßstäben von Landeshauptmann Kaiser – seit Jahren rücktrittsreif. Er gelobte zwar bei einer Verurteilung zurückzutreten, tat dies dann aber bei seiner Diversion nicht, die schuldmäßig eigentlich dasselbe aussagt wie eine Verurteilung. Der einzige Unterschied ist hier, dass der Beschuldigte Peter Kaiser finanziell die Möglichkeit bekam zwei Strafzahlungen zu leisten, um einem Prozess samt möglicher Verurteilung zu entgehen.

Wenn nun Kurz wegen einer Inseratenaffäre und mutmaßlichen Scheinrechnungen von Untergeben politisch sein Amt räumen musste – vor einer Anklage und vor jahrelangen Ermittlungen – so mutet es doch seltsam an, dass Peter Kaiser immer noch im Amt ist.

Angesichts der Prozesskosten und der Anklage – die wohl Kaisers politische Karriere beendet hätte – waren die knapp 9.000 Euro Strafe für Kaiser wohl eine milde Sonderbehandlung durch die jüngst in aller Munde liegende WKStA.

Links & Quellen

Wunderbar analysiert hat die ganze Affäre im Detail Addendum: https://www.addendum.org/justiz/top-team/

https://www.news.at/a/causa-top-team-kaiser-anklage-weisung-7514535

https://www.derstandard.at/story/2000078488395/top-team-affaere-und-peter-kaiser-letzter-vorwurf-endet-mit

https://kurier.at/politik/inland/top-team-affaere-verfahren-gegen-landeshauptmann-kaiser-eingestellt/311.415.614

https://www.kleinezeitung.at/kaernten/5233970/Top-TeamAffaere_Fuenf-Jahre-und-kein-Ende-in-Sicht