Sebastian Kurz: Die politische Bilanz eines Ausnahmepolitikers!

Bundeskanzler Sebastian Kurz (2017-2021); Bildquelle: File:Sebastian Kurz (2018-02-28) (cropped).jpg – Wikimedia Commons

Sebastian Kurz hat nun also einen neuen spannenden Job nach dem Ende seiner politischen Karriere angetreten! Den einst als Wunderwuzzi, Rockstar oder Ausnahmetalent in den Himmel gelobte Jungpolitiker zieht es nun nach Übersee in die USA. Grund genug für den März mit etwas zeitlichem Abstand politisch Bilanz zu ziehen!

Linkstwitter, der ORF und die mediale Wiener Meinungsblase haben ihre ideologisch eingefärbte durchwegs negative Bilanz ja längst präsentiert. Was den politischen Beobachter wenig verwundert, wurde doch Wolfgang Schüssels politisches Vermächtnis von eben diesen Akteuren genauso behandelt. Deshalb wollen wir in diesem Artikel nun aus bürgerlicher Perspektive ein politisches Resümee der politischen Leistung des Bundeskanzlers Sebastian Kurz ziehen.

Kurz Rücktritt im Herbst 2021 erfolgte nicht aus irgendeiner strafrechtlichen Notwendigkeit, auch wenn dies zwischen den Zeilen gerne suggeriert wurde. Rein rechtlich betrachtet ist in der so genannten Inseratenaffäre gegen ihn bis heute nicht viel passiert. Wir sind also von einer endgültigen Ausjudizierung etwaiger Vorkomnisse weit entfernt. Kurz Rücktritt war vielmehr die Folge von nicht bewiesenen politischen Anschuldigungen, die im Raum stehen und welche ihm wichtigen politischen Spielraum raubten. In Folge eines politischen Ultimatums des grünen Koalitionspartners und dem Unwillen einiger Granden der ÖVP in erneute Neuwahlen zu gehen.

Wir wollen in diesem Artikel nun verschiedene politische Themenbereiche und Aspekte der politischen Karriere des Sebastian Kurz herausarbeiten, bei welchen Ex-Bundeskanzer Kurz seine politische Handschrift hinterlassen hat!

Resümee I: Kurz als Parteipolitiker

Kurz sei der Meister im Wettbewerb der Kommunikation und des Marketings gewesen

Prof. Peter Filzmaier in der ZIB2; Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000131658981/was-vom-kanzler-kurz-bleibt

Mit der Gründung seiner türkisen Bewegung brachte Kurz enorme politische Dynamik in die schwächelnde schwarze ÖVP und führte sie zu den triumphalen Wahlsiegen 2017 (31,47%| +7,48%) und 2019 (37,46%|+5,99%). Alle Landtagswahlen in der Ära von Sebastian Kurz als Parteichef (2017-2021) wurden entweder von der ÖVP gewonnen, bzw. endeten mit einem Stimmenzugewinn. Der Gesamtstimmenanteil der Parteien bei den jeweils letzten Landtagswahlen spricht hier Bände für den türkisen Rückenwind aus Wien und das breite politische Potential der ÖVP in der Ära Kurz – sei das nun auf Landes- oder auf Bundesebene!

Gewichteter Durchschnitt der Ergebnisse der jeweils letzten Landtagswahlen; Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ergebnisse_der_Landtagswahlen_in_%C3%96sterreich

Seine Rolle als Parteipolitiker hat Kurz also hervorragend ausgeübt: Er hat die relevanten Stimmungen aufgegriffen und politische Antworten gegeben, die perfekt in den herrschenden Zeitgeist gepasst haben. Und das ohne den Markenkern der ÖVP aufzugeben und unglaubwürdig zu werden. Etwa durch die verstärkte Betonung der Law&Order Tradition bei den Konservativen, die wir überall in Europa und den USA vorfinden, hat er dem Wunsch der Wähler entsprochen der illegalen Migration politisch entgegen zu treten.

Kurz hat zudem erkannt das durch die demographischen Verschiebungen durch Geburtenknick, Massenmigration und hunderttausende Asylanträge seit den 1990ern die österreichische Identität erstmals ernsthaft in Frage gestellt ist. Das ist heute in allen größeren Städten ein demographisches Faktum, wird von den Bürgern so wahrgenommen und ist deshalb natürlich auch eine politische Realität. Die Identitätsfrage politisch aufzugreifen, war für ihn als Parteipolitiker definitiv eine weitere richtige Entscheidung!

Die politische Ausgangslage: Die Überwindung der ungeliebten große Koalition (2007-2017)

Sebastian Kurz war das junge, dynamische Gesicht das nach 10 Jahren erfolgreich einen Ausweg aus der bleiernen, verknöcherten großen Koalition versprach! Die unter den SPÖ-Kanzlern Gusenbauer, Faymann und Kern das Land behäbig regierte und davon gekennzeichnet war, das zahlreiche Mächtige in den Ländern, die Sozialpartner und die Koalitionspartner selbst einander ständig politisch zu behindern versuchten. Politisch herrschte viel Stillstand und Frust. Aber auch Stabilität, weshalb so manche heute diese Zeit wohl auch verklären. Beobachter urteilten 2016:

Die große Koalition ist träge und selbstgerecht geworden

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zum-ruecktritt-von-werner-faymann-der-kanzler-ohne-eigenschaften.d4920554-63d8-4cc3-ac6d-04ac7a8ba45c.html

Der politische Verschleiß beim Juniorpartner ÖVP war in dieser Gemengenlage groß: Zwischen 2007 und 2017 regierten 4 schwarze Vizekanzler das Land, die allesamt freiwillig ihr politisches Handtuch warfen. Die GroKo-koalitionsmüden Bürger sehnten sich in Umfragen beständig nach politischer Veränderung, weshalb letztlich auch die SPÖ 2016 nach 8 langen Jahren Werner Faymann, den „Kanzler ohne Eigenschaften“ , austauschte und Christian Kern an dessen Stelle setzte. Das politische Urteil war harsch:

Bundeskanzler Faymann habe das Land in die „Lähmung hineinregiert“

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zum-ruecktritt-von-werner-faymann-der-kanzler-ohne-eigenschaften.d4920554-63d8-4cc3-ac6d-04ac7a8ba45c.html

Ab 2011 kam dann Sebastian Kurz in die Regierung. Zunächst als Staatssekretär im Innenministerium (2011-2013) und dann als Außenminister (2013-2017). Er sorgte für neuen Glanz in einer ziemlich glanzlosen, verknöcherten Regierung. Große Koalition bedeutete längst jahrelangen Stillstand, politischen Zwist und Reformstau. Kurz hat all dies politisch zu Recht kritisiert und ab 2017 die verkrusteten Machtstrukturen samt und sonders aufgebrochen.

Die Landeshauptleute wurden politisch zurechtgestutzt, die Sozialpartner („die Schattenregierung“) wurden politisch an den Rand gedrängt und statt Zwist und Hader kam eine weit harmonischere und besser funktionierende Koalition mit der FPÖ 2017 an die Macht. Das wurde von Bürgern mit stabil hohen Umfragewerten bis zum Herbst 2021 goutiert.

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Kurz bei seinem ersten Auslandsbesuch als Außenminister in Kroatien (2013); Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Josipovic_and_Kurz_2013_(11464935435).jpg

Kurz in Aktion: Politische Rhetorik versus dem herrschenden politischen Einheitsbrei 2015/2016

Das regierende politische Österreich der Faymann- und Kern-Ära war eines von Sprachgeboten und -verboten bei sensiblen Themen wie dem Asyl- und Migrationsthema. In einfachen Worten ausgedrückt: Politiker redeten viel um den „heißen Brei“ herum. Erst Sebastian Kurz vermochte es hier klarer zu kommunizieren und nicht in mediale Fallen der Mainstreammedien hineinzutappen. Diese beschwörten nur zu gerne den Nazi-Vorwurf gegen jedweden Kritiker der unkontrollierten Migration. Das wurde durch Kurz geschickt medial aufgebrochen, wie uns seine folgenden (eigentlich selbstverständlichen) Zitate demonstrieren:

Es ist nachvollziehbar, dass viele Politiker Angst vor hässlichen Bildern bei der Grenzsicherung haben. … kann aber nicht sein, dass wir diesen Job an die Türkei übertragen, weil wir uns die Hände nicht schmutzig machen wollen. Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen

Sebastian Kurz am Jänner 2016 in der deutschen Tageszeitung Die Welt ; Quelle: https://www.vienna.at/sebastian-kurz-ein-jahr-fluechtlingskrise-in-zitaten/4881537

Die EU sollte klar festlegen: Wer illegal versucht, nach Europa durchzukommen, soll seinen Anspruch auf Asyl in Europa verwirken.

Sebastian Kurz am 5. Juni 2016 in der Presse am Sonntag

Als ich vor einem Jahr davor gewarnt habe, dass der Weg der unbeschränkten Aufnahme in Mitteleuropa der falsche sei, war das die absolute Mindermeinung. Die Masse der Medien … hat anders gedacht. Es war alles andere als populär, das anzusprechen.

Sebastian Kurz am am 12. August 2016 im APA-Interview

Nur wenige Politiker fassten 2016 den Mut gegen den medial dominierenden Pro-Refugee-Mainstream diese Meinung zu vertreten. Eine Meinung die von den linksliberalen Mainstreammedien lange bewusst ausgeklammert wurde. „Wir schaffen das“ wurde dagegen medial wie politisch ziemlich lange, ja viel zu lange getrommelt. Auch noch als in der Silvesternacht in Köln 2015 die negativen Folgen einer unkontrollierten Migrationspolitik mit hunderten Übergriffen auf deutsche Frauen durch nordafrikanische Asylwerber und illegale Migranten längst über aller Maßen deutlich wurde.

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Flüchtlingsmassen am Wiener Westbahnof 2015; Quelle: Foto von Bwag; https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wien_-_Westbahnhof,_Migranten_am_5_Sep_2015.jpg

Migrationspolitik Teil I: Von der Balkanroute bis hin zur Flüchtlingsverteilung & FRONTEX

Ich wünsche mir in ganz Europa eine ehrlichere Politik. Ich wünsche mir definitiv, dass wir in Europa, vor allem auch Deutschland die Dinge endlich beim Namen nennen und klipp und klar sagen: Es braucht ein Ende der Einladungspolitik. Wir sind überfordert. Es kommen einfach zu viele Menschen

Sebastian Kurz am 31. Oktober 2015 in der Kleinen Zeitung; Quelle: https://www.vienna.at/sebastian-kurz-ein-jahr-fluechtlingskrise-in-zitaten/4881537

Ganz stark verbindet man mit Kurz seine Migrationspolitik. Dafür wurden er und die türkise ÖVP gewählt und sein Versprechen hier gegenzusteuern hat ihm 2017 wie 2019 triumphale Wahlsiege gebracht. Schon am Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 forderte Kurz die Wiedereinhaltung des Dublin-Verfahrens und damit die Kontrolle der EU-Außengrenzen. Das offene Grenz-Regime müsse enden, notfalls durch staatliche Einzelmaßnahmen.

Zur Koordination reiste Außenminister Kurz am 9. Februar 2016 für politische Gespräche auf den Westbalkan. Der Minister im O-Ton: „Wenn die Flüchtlinge sehen, dass es kein Durchkommen nach Europa gibt, werden die Ströme weniger werden.“ Am 24. Februar 2016 folgte in Wien eine Westbalkankonferenz, welche die Schließung der Balkan-Route besiegelte. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Kurz luden dazu ihre Amtskollegen aus Slowenien, Kroatien und Bulgarien, sowie aus den Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien nach Wien. Dort vereinbarten man überfällige koordinierte Grenzschließungen. Zunächst kam es zu chaotischen Szenen in Griechenland, weil noch tausende illegale Migranten nach Mitteleuropa durchbrechen wollten. Knapp einen Monat später am 18. März 2016 folgte Merkels EU-Türkei-Deal, welche den Nachzug aus der Türkei endgültig massiv unterband.

Weitsicht behielt Kurz auch in den folgenden Jahren, als die EU auf unzähligen Konferenzen über die Verteilung von Flüchtlingen diskutierte und sich – oh Wunder – fast keine Länder beteiligen wollten. Kurz hatte dies lange prognostiziert und die Stärkung von FRONTEX, sowie den Ausbau von Grenzbefestigungen gefordert. Eine Politik die auch Innenminister Nehammer mit Besuchen an den Außengrenzen unterstrich.

Immigrationspolitik türkis-grün Teil II: Nur Ankündigungen und Spesen und sonst nix gewesen?

Nach guten Initiativen unter Türkis-Blau zur Limitierung der Migration stockt nun unter Türkis-Grün die Umsetzung der harten ÖVP-Rhetorik in der Migrationspolitik. Hans Winkler geht in der Presse deshalb zurecht hart mit der ÖVP ins Gericht:

Das Beste aus beiden Welten sollte die türkis-grüne Koalition verkörpern. Gemeint war damit die angeblich restriktive Asyl- und Immigrationspolitik der ÖVP und die Klima- (und Gesellschafts-) Politik der Grünen. In der Realität hat sich das nie so eingependelt. Während die Grünen mit größter Konsequenz ihre Ziele verfolgen und der Koalitonspartner dabei nichts mitzureden hat, ist von einer konsequenten Politik der ÖVP auf ihrem Feld wenig zu merken.

Zumindest war es so bis zum Ende des vorigen Jahres, das einen neuen Höchststand an illegalen Einwanderern gebracht hat.

Hans Winkler: Ein Testballon für die Räterepublik; In: „Die Presse“ vom 25.02.2022: S. 22

Es scheint also, dass unter Türkis-Grün beim Thema Migration keine ausreichenden Initiativen gesetzt wurden, um den rund 35.000 Illegalen 2021 den Weg ins österreichische Sozialsystem zu versperren. Die überfällige Abschiebung der georgischen Tina, deren Mutter x-mal das Asylrecht brach, ist kein Zeichen für eine adequate türkise Migrationspolitik. Weshalb neue Migrationsinitiativen gefragt sind, wofür die ÖVP ja auch 2017 und 2019 gewählt wurde. Ein Indikator für das türkise Versagen in dieser Frage ist, dass der SPÖ-Burgenland (!) die Nehammer-Politik zu links ist:

Die SPÖ Burgenland fordert den Rücktritt von Karl Nehammer (ÖVP) als Innenminister. Dieser sei in der Asylpolitik „mit der Situation völlig überfordert“, erklärte Landesgeschäftsführer Roland Fürst: „In Wirklichkeit haben wir Zahlen wie ein linksliberales Land mit einem grünen, linken Innenminister.“

https://kurier.at/politik/inland/spoe-burgenland-ist-nehammer-bei-migrationspolitik-zu-links/401481271

Mit dem dänischen Model liegt längst ein Model für eine harte Migrationspolitik in Europa vor, dass zudem von einer SPÖ-Schwesterpartei verabschiedet wurde. Nun von der SPÖ-Burgenland an das Versagen angesichts hoher Illegalenzahlen erinnert zu werden, spricht nicht für die jüngste türkise Migrationspolitik.

Außenpolitik Teil I: Österreich in der Europäischen Union

In der EU wurde Österreich durch die Initiativen und die Diplomatie des Sebastian Kurz weit präsenter als in den vielen Jahren zuvor. Die publikumswirksame Formierung der „sparsamen Vier“ und deren erfolgreicher fiskalischer Widerstand gegen weitere Geldgeschenke im Ausmaß von 100 Milliarden Euro+ bleibt hier besonders in Erinnerung.

Mit Dänemark, Schweden und den Niederlanden bot Österreich im informellen Bündnis der sogenannten Frugalen Vier den spendableren Großmächten Deutschland und Frankreich die Stirn – mit Erfolg.

https://www.derstandard.at/story/2000131658981/was-vom-kanzler-kurz-bleibt

Die Erfolge der Initiative der „Frugalen Vier“ können sich mehr als sehen lassen: Kreditvergabekritierien wurden verschärft, das Volumen von Geldgeschenken wurde nicht weiter ausgebaut und die Hauptnutznießerländer Italien und Spanien müssen genauer als geplant Rechenschaft ablegen. Wer Italien und sein politisches System kennt, kann das nur begrüßen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt des kurzschen Engagements war, dass nur mehr Mittel zurück nach Österreich flossen (insgesamt 3,5 Mrd. Euro). In Brüssel werden Kritiker überbordender Maßnahmen nämlich gerne mit mehr Geld günstig gestimmt.

Auch ideologisch ist Kurz Politik zum Thema Migrationsfragen mittlerweile salonfähig sogar im eher linksliberalen Brüsseler Biotop. Österreichische Politiker wie Innenminister Nehammer haben die EU-Außengrenzen besucht und stets Solidarität mit den Grenzstaaten betont und mit deren Abschottungsmaßnahmen. Das sind Initiativen auf europäischer Ebene, die 2015 vom medialen Mainstream noch als „gestrige nationale Politik“ abgetan worden waren.

Ebenso hat er eine nachhaltige Änderung der österreichischen Politik im Konflikt Israels mit den Palästinensern vorgenommen. Als die radikalislamische Terrororganisation Hamas Israel mit tagelang mit tausenden Raketen beschossen hat, wehte in Wien die israelische Fahne auf dem Kanzleramt. Die absurde vergangene Politik immer die korrupte und kleptokratische autoritäre Palästinenserführung gleichwertig mit der Demokratie Israel zu behandeln ist damit endlich Geschichte. Das sehen übrigens mittlerweile auch die führenden arabischen Staaten so (siehe Abraham Records). In der EU verhinderte Österreich mit Ungarn einen gemeinsamen EU-Aufruf gegen die Politik Israels.

Außenpolitik Teil II: Österreich taucht auf den geopolitischen Landkarten auf

Einer von Kurz größten Verdiensten, die ihn auch zu einer überragenden historischen politischen Figur in der zweiten Republik machen, ist seine geschickte Außenpolitik. Er etablierte sich nicht nur in Deutschland als politischer Player über die Union und die Springerpresse, sondern traf mehrmals Putin und war im Weißen Haus bei Trump eingelanden. Als politisches konservatives Wunderkind wurde ihm von der Präsidententochter Ivanka in Washington persönlich ein Wienerschnitzel kredenzt.

Frankreichs Präsident Macron bekam Wutanfälle als Kurz mit seinen „sparsamen Vier“ sich gegen die Überweisung/Verschenkung von weiteren hunderten Milliarden Euros an EU-Corona-Wiederaufbauhilfen an die mediterranen und osteuropäischen EU-Länder sperrte. Am Balkan demonstrierte Kurz mit der Schließung der Balkanroute diplomatisches Geschick. Im Nahen Osten erkannte Kurz ebenso die Zeichen der Zeit indem er auf Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate als wirtschaftliche Partner setzte, die mit den Abraham-Records gerade dabei sind politisch neue Allianzen einzuzementieren.

Corona-Klartext-Kanzler Kurz: So einen brauchen wir auch

https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/coronavirus-oesterreichs-klartext-kanzler-kurz-so-einen-brauchen-wir-auch-69382808.bild.html

Österreich, als mehrheitlich eher konservatives Land, harmoniert in vielen gesellschaftspolitischen Fragen mehr mit seinen ehemaligen Kronländern, als mit den liberalen Beneluxländern oder der sozialistisch geprägten iberischen Halbinsel. Es war deshalb richtig lockere politische Allianzen mit den konservativen Regierungschefs in Slowenien, wie in der Visegrad-Gruppe anzustreben. Wenngleich Österreich hier soweit auf Distanz blieb, um sich von keiner Seite vereinnahmen zu lassen. Als drittgrößter EU-Nettozahler passt Österreich fiskalisch nämlich nicht gerade zu den Netto-Empfängern der Visegrad-Gruppe.

Kein Vergleich war diese Außenpolitik zu jener peinlichen sichtbaren Anbiederung der SPÖ-Kanzler Faymann und Kern an die deutsche Kanzlerin Merkel, die am Ende ihrer Amtszeit in vielen politischen Fragen diametral zum Interesse Österreichs agierte. Eine schwache Außenpolitik, welche in folgendem – kolportierten – Zitat Merkels gipfelte:

Er kommt mit keiner Meinung rein, und geht mit meiner Meinung wieder raus!

Kanzlerin Merkel über Kanzler Werner Faymann; Quelle: https://www.derstandard.at/story/1373513385383/draussenpolitik—ein-triumph-des-unwillens
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Alma_Deutscher_with_Vladimir_Putin_and_Sebastian_Kurz.jpg
Kurz mit Russlands Präsident Putin (05.06.2018)
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Alma_Deutscher_with_Vladimir_Putin_and_Sebastian_Kurz.jpg

Die türkise Familienpolitik

Familienpolitisch wollte Kurz unter Türkis-Blau fortsetzen was schon Schwarz-Blau einst gestartet hatten: Eine Familienpolitik forcieren, welche heimische Paare motivieren sollte mehr Kinder zu bekommen. Traditionell fördert Österreichs Geburtenprämie aber geburtenfreudige arme Zuwanderer überproportional, welche wenig zum Sozialstaat netto beitragen, bei der Familienbeihilfe aber gleich aus dem vollen Füllhorn des österreichischen Steuerzahlers schöpfen können. Mit der politisch korrekten, selbst verleugnenden Opposition kann man dieses Faktum, welches eines Tages die österreichische Kultur demographisch abschaffen wird, aber nicht offen kommunizieren. Deshalb agierte man zielgruppenspezifisch: Alleinverdienerinnen und die Mittelschicht (die eher die Lebensverhältnisse der authochtonen Österreicher repräsentieren) sollten stärker gefördert werden.

Der linke Standard urteilte dazu folgendermaßen:

Markanteste türkise Idee ist der Familienbonus, der Eltern pro Kind um bis zu 1500 Euro, ab Mitte 2022 sogar um bis zu 2000 Euro im Jahr entlastet – ein halbwegs gutes Einkommen vorausgesetzt. Denn als Steuerfreibetrag greift der Bonus im Endausbau bei einem Kind erst ab 2000 Euro brutto im Monat voll.

https://www.derstandard.at/story/2000131658981/was-vom-kanzler-kurz-bleibt

Wer viel Lohnsteuer zahlen muss, wird hier entlastet. Die Leistungsträger bekommen nämlich auch zuwenige Kinder. Eine zielgruppenorientierte Maßnahme, die für einen Großteil der österreichischen Mittelschicht von Vorteil ist. Der Standard analysierte hierzu: Der Bonus ist in der Mittelschicht wohl so populär, dass sich auch eine SPÖ-geführte Regierung mit der Abschaffung schwertäte.

Zusätzlich wurde die Familienbeihilfe für in Österreich arbeitende Ausländer auf das Niveau des Wohnorts ihrer Kinder indexiert. Das bedeutet, dass die Familienbeihilfe auf Basis der Kaufkraft des Landes berechnet wird. Schließlich ist es (abgesehen von der Absurdität Kindergeld ins Ausland zu überweisen) ein sozioökonomischer Unterschied ob Kinder in England oder Bulgarien aufwachsen.

Die Kurz´sche Sozialpolitik

Generell exerzierte die Regierung Kurz eine äußerst großzügige Sozialpolitik, die man aus bürgerlicher Sicht durchaus auch kritisch sehen kann. Sie war naturgemäß eine Lehre aus dem Sozialpopulismus der SPÖ in den Schüssel-Jahren, die einer kostenbewusst agierenden ÖVP damals stetig „soziale Kälte“ vorwarfen. Obwohl nach Jahrzehnten der Defizite viele soziale Leistungen schlicht längst nicht mehr finanzierbar waren. Und in einem Land mit vielen Migranten längst wenig Sinn machen. Weil Gruppen von Sozialhilfeempfängern importiert werden, die Leistungen beziehen können, die nie für permanenten Bezug gedacht waren. Weil der Arbeitsethos einer homogenen mitteleuropäischen Gesellschaft diesen Gesetzen zugrunde liegt und nicht migrantischer Sozial-Opportunismus.

Kritisch sehen kann man u.a. die pauschale Erhöhung der geringsten Pensionen, die vielfach nicht wie man denken würde im Land greift, sondern Teilpensionsbeträge erhöht, die etwa ehemalige Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland für ein paar Jahre Arbeit in Österreich zusätzlich zu ihrer eigenen heimischen Pension kassieren. Anstatt der 100 Euro normal durften sich diese Bezieher dann über etwas mehr Zusatzpension aus Österreich freuen. Diese Empfänger im Ausland waren aber nicht sozial bedürftig. Was von Pensionsexperten deshalb kritisiert wurde.

Dazu wieder das Urteil aus dem Standard:

Überhaupt war Kurz für die Sozialdemokraten kein dankbarer Gegner. Als Wolfgang-Schüssel-Klon, der eine beinharte neoliberale Agenda durchboxt, hat er sich nicht entpuppt. Zwar boten Steuerzuckerln für Unternehmer Angriffspunkte, doch Entlastung gab es auch für kleine Einkommen.

https://www.derstandard.at/story/2000131658981/was-vom-kanzler-kurz-bleibt

Leistung muss sich lohnen: Arbeitslose und Mindestsicherungsempfänger im türkisen Fokus

Im Sozialbereich forcierte Kurz, ganz nach altem ÖVP-Credo, die Devise: Leistung muss sich lohnen. Langzeitsarbeitslose und Mindestsicherungsbezieher gerieten dabei in den Fokus der türkis-blauen Regierung, wobei Kurz auch mit Kritik an Wien nicht sparte. Die Stadt ist nämlich ein „Hafen“ für Migranten und Arbeitslose mit einer langen Historie von Sozialhilfeempfängerei. Laut dem Integrationsmonitor der Stadt Wien waren 2020 nur rund 785.000 Personen erwerbstätig. Freilich von rund 1,9 Millionen Wienern. Kurz im O-Ton dazu:

Ich glaube nicht, dass es eine gute Entwicklung ist, wenn (in Wien) immer weniger Menschen in der Früh aufstehen, um zu arbeiten und in immer mehr Familien nur mehr die Kinder in der Früh aufstehen, um zur Schule zu gehen. … Es ist keine gute Entwicklung, wenn immer mehr Menschen keine Arbeit haben und von der Mindestsicherung abhängig sind

Bundeskanzler Sebastian Kurz (2019) über die Stadt Wien; Quelle: https://orf.at/stories/3107219/

Eine Reform des Arbeitslosengeldes ist daher seit Monaten in Planung und wird wohl 2022 umgesetzt werden. Die Bezüge sollen dabei anfangs höher ausfallen, aber dann schneller absinken. Neben der Höhe des Arbeitslosengeldes geht es auch um Zuverdienstgrenzen, Zumutbarkeitsbestimmungen und die aktive Arbeitsmarktpolitik.

Eine Faktum bei den Arbeitslosenzahlen ist, dass ein wachsender Teil der Arbeitslosen mittlerweile Ausländer sind. Arbeitsmarktpolitik ist also auch längst Migrationspolitik. Im Jahr 2020 lag die Arbeitslosenquote der Inländer in Österreich durchschnittlich bei 8,4 Prozent und jene der Ausländer bei 15,3 Prozent. Das bedeutet, dass Ausländer doppelt so oft arbeitslos sind wie Österreicher. Umgerechnet auf die Bevölkerungsverteilung (21% Ausländer am Arbeitsmarkt laut Integrationsbereicht 2021) bedeutet dies, dass wohl bald jeder zweite Arbeitslose Migrationshintergrund hat.

Die Corona-Politik der Regierung Kurz: Testen, Testen, Testen !

Seine Corona-Krisenpolitik kann sich prinzipiell sehen lassen (im EU-Vergleich landet Österreich im Mittelfeld), allerdings machte Kurz hier auch einige Fehler, welche ihm innenpolitisch bis heute nachhängen! Mit dem genauen Blick auf die Stimmung im Land verkündete Kurz im Sommer 2021 viel zu früh das Ende der Corona-Pandemie mit der breiten Ausrollung des Impfangebots. Er unterschätzte dabei die Resilienz der Impfgegner, die politische Polarisierung und die Unberechenbarkeit einer weltweiten Pandemie mit ständigen Mutationen.

Positive Akzente gesetzt wurden mit dem weltweit hervorragenden und beispielgebenden breiten und kostenlosen Testprogramm, welches wohl so manche Welle (verschärft durch österreichische Laxheit bei der Befolgung von Regeln) etwas gemildert hat und so unzähligen Menschen eine potentiell gefährliche Erkrankung erspart hat. Schon ein Blick über die Grenze etwa nach Italien oder nach Deutschland lässt einen ernüchtern angesichts des dortigen teuren, knapp bemessenen Testangebots für die Bevölkerung.

„Testen, testen, testen“ gegen den nächsten Lockdown. Österreich ist auf dem Weg zum Test-Weltmeister. Und das ist eine Riesenchance, um gut durch die nächsten Monate zu kommen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz; Quelle: https://www.tt.com/artikel/17640355/testen-testen-testen-gegen-den-naechsten-lockdown

Ansonsten musste sich Kurz mit zwei – gelinde gesagt – unfähigen grünen Gesundheitsministern (Anschober, Mückstein) herumschlagen, die wie ihr Ministerium von der Pandemie vielfach überfordert erschienen. Trotz „Koste es was es wolle“ und unzähliger verfügbarer Expertenmeinungen. Wie auch mit renitenten Provinzpolitikern (Wiener SPÖ 2020 und Oberösterreichische ÖVP 2021), die mit ihrer Ignoranz vor ihren jeweiligen Landtagswahlkämpfen einer erfolgreichen Pandemiebekämpfung populistisch Steine in den Weg gelegt haben.

Kurz verfocht hier bis Anfang 2021 einen restriktiven Kurs gegen Anschober, der konsensual allen alles recht machen wollte. Erst als Kurz mit der Impfung die Zügel lockerer ließ und seine härtere Position aufgab, wurde diese von Wiens Bürgermeister Ludwig politisch besetzt (seine Landtagswahl war 2020 ja erfolgreich geschlagen). Nach Kurz Sturz übernahmen dann die Landeshauptleute in epidemologischen Fragen das Ruder und setzten die Impfpflicht durch.

Die Reform der 21 Krankenkassen

Im Gesundheitsbereich wurde in der Verwaltung eine große Reform angestoßen, deren Effekte allerdings noch nicht absehbar sind. Die Zahl der Sozialversicherungsträger wurde von 21 (!) auf 5 reduziert. Am meisten eingegriffen wurde bei den Gebietskrankenkassen: Die neun Länderkrankenkassen wurden zur Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) fusioniert. Daneben bleiben noch 4 berufsspezifische Krankenkassen.

Die Gewerkschaft und die SPÖ protestierten dagegen. Deren Vorwurf lautet: Das war ein Akt, um die ArbeitnehmerInnen zu entmachten. Das türkis-blaue Gegenargument lautet, dass diese Reform mittel- bis langfristig ordentlich helfen würde bei der Verwaltung einzusparen. Ein kleines Land wie Österreich braucht nämlich keine 21 Sozialversicherungsträger, die allesamt eine eigene gut bezahlte Bürokratie mit sich schleppen.

Mit linken Aktivisten zu regieren blieb für Kurz nicht folgenlos

Politische Paartherapie Teil I: Der Fehler bei der Wahl des Koalitionspartners!

Zum mittelfristigen politischen Verhängnis wurde Kurz letztlich eine linke Intrige, die zur Produktion des Ibizavideos und dem Sturz von Vizekanzler Strache führte. Anstatt nach Straches und Gudenus Rücktritt eine Regierungsumbildung mit der FPÖ vorzunehmen oder zumindest eine gemeinsame Übergangsregierung zu formen, bestand Kurz auf den Rücktritt von Innenminister Kickl. Diesem konnte die waidwunde FPÖ nicht zustimmen, schied aus der Koalition aus und stürzte dann bei nächster Gelegenheit mit der Opposition die verbleibende ÖVP-Alleinregierung. Kurz wurde abgewählt und die Expertenregierung Bierlein trat an dessen Stelle. Was ein Weckruf für alle Kurz-Gegner in den Reihen der Ministerien war, die alsbald Untersuchungen gegen die Regierung anstrengten.

Nach den triumphal gewonnen Neuwahlen machte Kurz den zweiten Fehler, der ihn dann 2021 den politischen Kopf kosten sollte. Er setzte trotz großer inhaltlicher Differenzen auf die eben aus der außerparlamentarischen Opposition wiederauferstandenen Grünen als neuen Partner. Obwohl Grünenchef Kogler Kurz am Wahlabend noch hämisch herabgewürdigt hatte.

Die Süddeutsche Zeitung fasst die koalitionäre Einstellung der Grünen aus deren Sicht so zusammen:

Es war von Anfang an klar, dass es eine schwierige Koalition werden würde. Im Januar 2020 stand der grüne Parteichef Werner Kogler auf der Bühne im Europasaal des Salzburger Kongresshauses. Er musste seiner Parteibasis den Koalitionsvertrag mit der ÖVP schmackhaft machen. Diese Regierung sei notwendig, rief er, schon allein, um eine erneute Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern. Unter den 250 Delegierten wurden Listen herumgereicht, auf denen stand, was in den Regierungsverhandlungen alles verhindert worden war: von Verschlechterungen in Umweltverfahren bis zum Verbot der Bezeichnung „Veggie-Burger“.

Ich weiß nicht, ob es 100 Prozent gescheit ist“ , sagte Werner Kogler damals in Salzburg. Aber man müsse es zumindest versucht haben.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-10/oesterreich-oevp-gruene-koalition-sebastian-kurz/seite-2

Politische Paartherapie Teil II: Der Koalitionsbruch 2017 und dessen Folgen

Das war kein gutes Omen und sollte eine Lehre für jede bürgerliche Regierung sein. Rasch traten Probleme auf, die man mit der FPÖ nie gehabt hätte. Als die Linken etwa das Thema Moria, also Flüchtlingslager in Griechenland, pushten und am liebsten trotz bereits enorm hoher Flüchtlingszahlen noch viele weitere illegale Migranten aufgenommen hätten. Womit weitere Pullfaktoren nach Österreich & Europa geschaffen worden wären. Langfristige Planung der Folgen für die Gesellschaft ist für die Linken kein Thema, solange man sich als Menschenfreund inszenieren kann. Bei den Grünen existierte ja gleich ein ganzer Parlamentsklub voller Flüchtlings- und Klimaaktivisten, die immer gerne andere moralisch zurechtgewiesen hatten. Man hielt nun aber still und beklagte den Preis des Regierens.

Im Justizministerium ließ die grüne Justizministerin Zadic die WKStA, die von einem grünen Spitzenbeamten (der in die Koalitionsverhandlungen involviert war) geschaffenen Korruptionsjäger, von der Leine. Getrieben von politisch motivierten Anzeigen der Opposition ohne fundierten Hintergrund, ermittelten die Korruptionsjäger nun ins Blaue gegen ÖVP-Mitglieder. Zunächst konzentrierte man sich auf Strache, hatte aber bald Thomas Schmid, einen Karrieristen der Mitterlehner-ÖVP, im Visier.

In dessen privaten Chats wurde ein Sittenbild offenbar, welches politische Beobachter nicht überraschen sollte. Sie sehen es selbst überall dort wo Menschen im Beruf mit Macht umgehen müssen woran einige persönlich scheitern. Weil sie im eigenen Machtrausch Grenzen überschreiten. Schmid war wohl so jemand und er präsentiert sich in seinen Chats deshalb wohl auch so zynisch, abgehoben und abgeklärt beim Machtspiel mit Medien und Öffentlichkeit.

Strafrechtlich hat sich gegen Kurz und Blümel bis dato zwar nichts erhärtet, die Grünen nutzen aber eine geleakte Hausdurchsuchung dazu Kurz politisch kaltzustellen. Die Grünen hatten erkannt, dass die ÖVP-Länderchefs im Zweifel von Kurz abrücken würden, um Neuwahlen zu verhindern. Die Neuwahlkarte war ja 2017 und 2019 bereits zweimal gespielt worden. Kurz trat infolge zurück.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f0/Secretary_Kerry_Shakes_Hands_With_Austrian_Foreign_Minister_Kurz_After_the_Counterparts_Addressed_Reporters_in_Washington_%2826168019191%29.jpg
Kurz mit US-Außenminister Kerry (04.04.2016);
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f0/Secretary_Kerry_Shakes_Hands_With_Austrian_Foreign_Minister_Kurz_After_the_Counterparts_Addressed_Reporters_in_Washington_%2826168019191%29.jpg

Mediale Häme zum Abschied Teil I: Nichts passt bei der kurzschen Außenpolitik

In der Faymann-Ära urteilte man im linken Standard über die österreichische Außenpolitik 2013 folgenermaßen:

Draußenpolitik – ein Triumph des Unwillens. Österreichs Außenpolitik ist in miserablem Zustand. Statt – möglicherweise – guter Absichten steht eine Art Triumph des Unwillens im Saldo.

Österreichs Platz in der Welt wird kleiner. Das zehntreichste Land der Erde (IWF 2011) demontiert seine Möglichkeiten tatkräftig selber

https://www.derstandard.at/story/1373513385383/draussenpolitik—ein-triumph-des-unwillens

Alle waren also zurecht unzufrieden das nach ÖVP-Kanzler Schüssel das Land unter Faymann wieder in die sozialdemokratische Beliebigkeit und Inhaltslosigkeit verfiel. Bei Kurz gab es dann trotz nur knapp vier Jahren aber äußerst eventreicher Amtszeit dann plötzlich ganz viel zu kritisieren. Geschenkt das Kurz gleich 2 Termine im Weißen Haus bekam und auch mit Russlands Präsident Putin mehrmals zusammentraf, oder das Frankreichs Macron seinetwegen (Sparsame Vier) einen Wutanfall bekam und dennoch später die Nähe zu Kurz im Rahmen einer Anti-Terror-Politikinitiative suchte.

Schwere außenpolitische Fehler eines begnadeten Blenders

Kurz stand, neben Viktor Orbán in Ungarn und dem Polen Jarosław Kaczyński, früh für den Kurs europäischer Desintegration und gesellschaftlicher Härte gegen Schwache und Fremde.

Kurz rückte Österreich nach Osten, die verlässliche Westbindung wurde brüchig. Die Nationalpopulisten Andrej Babiš in Prag, Viktor Orbán in Budapest, Janez Janša in Ljubljana und der türkise Konservative Sebastian Kurz in Wien fanden gut zueinander.

https://www.derstandard.at/story/2000131704125/schwere-aussenpolitische-fehler-eines-begnadeten-blenders

Tut man also nichts, beklagt man sich wie in der Ära Faymann. Kommt Kurz gut mit den Nachbarn aus, schmiedet Bündnisse mit Mittel- und Nordeuropa, so heißt es die „Westbindung“ werde brüchig. Ist es also eine Westbindung wenn Faymann tut was Merkel will? Kritisiert Kurz eine in Grenzfragen scheiternde EU, so ist das „europäische Desintegration“ , wie wenn er mit den sparsamen Vier dafür sorgt, dass Italien nicht noch 50 Mrd. € mehr geschenkt bekommt. Kurz gesagt: Außenpolitik im ideologischen Blickwinkel!

Israelische Fahne am Bundeskanzleramt; Quelle: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/kurz-und-schallenberg-liessen-israelische-fahne-hissen-103804741

Antisemitismus und die Israel-Politik

Wie schon die Regierung Schüssel wurden auch in der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz Maßnahmen gegen das Vergessen des Holocaust gesetzt. Interessanterweise immer in Absprache mit der FPÖ, was nicht gerade den bösen Nazi-Stereotypen entspricht, die gerne von der linken Opposition geprägt werden. Nach jahrzehntelangen vergeblichen Bemühungen von Nachkommen von Opfern hat die Regierung Türkis-Blau fünf Millionen Euro bereitgestellt, um eine Namensmauer für die Shoa-Opfer zu errichten. Auf deren Stelen alle jüdischen österreichischen Opfer des Nationalsozialismus vermerkt sind.

In Kurz zweiter Regierungsperiode als Kanzler wehte tagelang aus Solidarität Israels Fahne über dem Außenministerium und dem Kanzleramt, denn

Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilte per Aussendung die Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen „auf das Schärfste“. Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) betonte: „Österreich steht voll und ganz hinter Israel.“

https://www.sn.at/politik/innenpolitik/kurz-und-schallenberg-liessen-israelische-fahne-hissen-103804741

Kurz stand Israel damit symbolisch in schweren Stunden bei, als tausende Raketen der radikalislamischen Hamas auf Israels Zivilbevölkerung niederregneten. Kurz betonte auch das Recht der Israelis auf Selbstverteidigung gegen diese Angriffe, während linke und antisemitische Parteien im Westen sich erdreistet hatten, die israelischen Versuche den Raketenhagel militärisch zu unterbinden, allen Ernstes kritisiert hatten. In Europa blieb Österreich damit eine der Ausnahmen, was leider wohl den wachsenden Einfluss eines eher israelfeindlichen muslimischen Elektorats in Westeuropa wiederspiegelt. Wie auch eine Ignoranz gegenüber der einzigen Demokratie im Nahen Osten und deren Sicherheitsbedürfnis gegenüber radikalen Islamisten. Österreich habe aus der Geschichte gelernt, so Nehammer:

Das klare Bekenntnis zum Staat Israel ist Teil der historischen Verantwortung und der modernen österreichischen Identität.

Egal von welcher Seite und mit welcher Intention Antisemitismus betrieben wird – wir gehen konsequent dagegen vor. Hier gibt es null Toleranz. Der Angriff auf jüdisches Leben in Österreich ist auch ein Angriff auf unsere demokratischen Grundwerte

Innenminister Karl Nehammer: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/kurz-und-schallenberg-liessen-israelische-fahne-hissen-103804741
Die politischen Gewichte bei der veröffentlichten Meinung in den Qualitätsmedien

Der mediale Einfluss Teil II: Die Politkarriere des Sebastian Kurz im Fokus der Medien

Eine zentrale Rolle bei der Beurteilung all diesen Geschehnisse spielten die österreichischen linksliberalen Qualitätsmedien und deren Darstellung der vergangenen Ereignisse. Kurz wurde von politischen Intrigen aus dem Amt geputscht, aber auch von gewissen Medien „herausgeschrieben“. Für mehr Details siehe: https://www.dermaerz.at/kurz-wie-ein-polittalent-abgeschossen-wurde/

Politisch besonders effektiv hat sich das mediale „Spielen über die Bande“ koalitionsintern erwiesen. Wo die linken Qualitätsmedien den Grünen ständig ausgerichtet haben, wie sehr sie von den Schwarzen politisch am Nasenring durch die Manege gezogen werden. Dabei war intern genau das Gegenteil der Fall. Nicht erst seit dem Sturz von Kurz verhandeln die Grünen intern in der Koalition äußerst hart und lassen sich jedes noch so kleine Zugeständnis (auch wenn noch so im Sinne der Grünen selbst) teuer abkaufen. Die Medien haben diese trotzige Position dann wohl noch einmal bewusst verstärkt, um auch gegen eine konservative 37%-Partei in einem mehrheitlich bürgerlichen Land möglichst viel linksgrünes Programm durchzudrücken (siehe Lobau, etc.).

Damit ist es den linksliberalen Medien gelungen Instabilität in der Koalition zu sähen und die Sollbruchstellen zu strapazieren, indem permanent grüne Erwartungshaltungen gepusht wurden und die ÖVP in koalitionäre Zuzwänge geriet. Auch weil die politischen Alternativen Sebastian Kurz allesamt abhanden gekommen waren (spätestens mit der Corona-Pandemie die FPÖ). Mit dem Sturz von Kurz und dem drohenden Damoklesschwert des Koalitions-Aus hat sich die Rolle der Grünen dann noch einmal verbessert.

Fazit

Sebastian Kurz war also ein extrem talentierter und herausragender Politiker. Er wurde deshalb auch nicht bei Wahlen besiegt, sondern wurde das Opfer eines politischen Zuges der politischen Linken. Mit seiner klugen Wortwahl hat er entschieden die Abkehr Europas von der desaströsen 2015er-Willkommenspolitik bestärkt und die von Wien aus koordinierte Schließung der Balkanroute war neben dem Türkei-Deal Merkels die Maßnahme, welchen den Flüchtlingsstrom ab 2017 vorerst zum Erliegen brachte. Seine Außenpolitik war beispielhaft für sein politisches Talent und zeichnete sich durch zahlreiche Initiativen und hochrangige Kontakte aus, welche Österreichs Gewicht in der Welt stärkten.

Der Philosoph Konrad Paul Liesmann resümmiert zum Sturz von Kurz:

Die Perspektivenlosigkeit angesichts kommenden Wahlen hat die Sozialdemokratie (die Opposition) belastet. Was immer sie versucht hat, so hat sie kein Mittel gegen die Türkisen gefunden. Die Versuchung lag tatsächlich nahe wenn es auf demokratischem Wege nicht geht, es anders zu versuchen. Über Anschuldigungen, Intrigen, Demonstrationen, über pausenlose Forderungen „Kurz muss weg“ !

https://www.nzz.ch/international/sebastian-kurz-welches-erbe-hinterlaesst-er-oesterreich-ld.1662439?mktcid=smsh&mktcval=Facebook&reduced=true

Innenpolitisch blieben aber viele Projekte von Kurz leider unvollendet, da Bundeskanzler Kurz zwei Mal im ersten Drittel seiner Legislaturperiode gestoppt wurde. Als die neuen Regierungen Kurz I und Kurz II noch teilweise mit der politischen Konsolidierung beschäftigt waren, bzw. von der Coronapandemie ab 2020 überrollt wurden. Größere Würfe sind mit einer Steuerreform gelungen, wie mit einigen im Artikel aufgezählten Reformmaßnahmen.

Kritikwürdig bleibt die jüngere türkise Migrationspolitik seit 2019 angesichts explodierender Illegalenzahlen. Politisch ist diese ebenso unverständlich, vor allem da die Grünen mit einer aggressiven Klimapolitik die ÖVP 2021 regelrecht politisch überrollt haben. Der anhaltende Zustrom von (illegalen) Migranten trübt also die türkise Bilanz, mit dem neuen Innenminister Karner besteht aber Hoffnung auf eine Trendumkehr.

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https://www.sn.at/politik/innenpolitik/kurz-und-schallenberg-liessen-israelische-fahne-hissen-103804741

https://kurier.at/politik/inland/wahl/faktencheck-wer-hat-die-balkanroute-geschlossen/274.540.009

https://www.tt.com/artikel/17640355/testen-testen-testen-gegen-den-naechsten-lockdown

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zum-ruecktritt-von-werner-faymann-der-kanzler-ohne-eigenschaften.d4920554-63d8-4cc3-ac6d-04ac7a8ba45c.html

https://kurier.at/politik/inland/spoe-burgenland-ist-nehammer-bei-migrationspolitik-zu-links/401481271

https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/statistisches-jahrbuch-zahlen-daten-und-fakten-zu-integration-10676/

https://www.kleinezeitung.at/politik/6055160/Reform-geplant_Alle-Parlamentsparteien-fuer-anfangs-hoeheres

https://www.derstandard.at/story/2000131658981/was-vom-kanzler-kurz-bleibt

https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-10/oesterreich-oevp-gruene-koalition-sebastian-kurz

https://www.derstandard.at/story/1373513385383/draussenpolitik—ein-triumph-des-unwillens

https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/coronavirus-oesterreichs-klartext-kanzler-kurz-so-einen-brauchen-wir-auch-69382808.bild.html

https://www.oegb.at/themen/gesundheit-und-pflege/gesundheitssystem/kassenfusion

https://www.wien.gv.at/spezial/integrationsmonitor2020/beschaeftigung-und-arbeitsmarkt/erwerbstaetigenrate/

https://kurier.at/politik/inland/sebastian-kurz-hat-einen-neuen-job/401857205

https://www.nzz.ch/international/sebastian-kurz-welches-erbe-hinterlaesst-er-oesterreich-ld.1662439?mktcid=smsh&mktcval=Facebook&reduced=true

3 thoughts on “Sebastian Kurz: Die politische Bilanz eines Ausnahmepolitikers!

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