Intelligenztest Bierpartei: Politische Inkompetenz oder echte Alternative?

Bierpartei-Logo (2024)

Die Nationalratswahl 2024 wird auf dem Stimmzettel wohl auch eine Art Intelligenztest beinhalten und zwar in Form der Bierpartei. Dem Wähler wird mit dieser „Partei“ nämlich eine politische Option präsentiert, ohne Programm, ohne Inhalte und ohne irgendwie kompetentes Personal. Eine Partei strikt geführt von der Familie Wlazny, die wohl auch nur einer Gruppe (va finanziellen) Mehrwert bieten wird: Der Familie Wlazny. Trotz alledem sind sich wohlwollende Meinungsforscher aus dem Wiener Establishment einig: 5-7 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher werden im Herbst wohl die Bierpartei in den Nationalrat wählen. Wir vom „März“ sind angesichts dieser Prognosen der Meinung, dass die Bierpartei mehr kritische Berichterstattung vertragen dürfte, worum wir uns in diesem Artikel kümmern wollen !

Wer einst dachte, dass das Team Stronach oder die Liste Pilz politische Alternativen „speziellen Charakters“ wären, der bekommt nun mit der Bierpartei eine politische Alternative, wo politische Erfahrung und Kompetenzverdacht gleich gar nicht aufkommen können. Eine Partei wohl voller eher planloser Akteure, die bei ihren Wahlveranstaltungen das Bier ihres Gründers vermarkten und die auch sonst wohl primär die Künstlerkarriere des „Marco Pogo“ aka Dominik Wlazny aka Dr. Pogo aka Bierparteichef weiter ankurbeln soll. Politisch konnte Wlazny mit leeren Sprüchen schon 2022 mit 8,3 Prozent bei der Bundespräsidentenwahl reüssieren und errang davor bei der Wienwahl 2020 immerhin ein Bezirksratsmandat, von dem er übrigens mittlerweile wieder „aus organisatorischen Gründen“ zurückgetreten ist!

Viel Vergnügen bei dieser schonungslosen journalistischen Aufarbeitung von Herrn Wlazny und seiner auf zweiten Blick etwas weniger lustigen Bierpartei.

Parteichef Dominik Wlazny (2022); © Armin Ademovic (CC-BY-SA-4.0)

Programm und Ideenlos: Das Menü

Das Programm der Bierpartei lautet, dass es bald ein Programm geben wird. Ende Mai sollte das „Menü“ (O-Ton Bierpartei) bereits präsentiert werden. Dazu kam es aber nie. That’s it. So wie Andi Babler vom Bürgermeisterposten in Traiskirchen nicht lassen kann, so wenig will die Bierpartei irgendwelche ernsthaften Forderungen präsentieren, die irgendjemanden von seiner/ ihrer Proteststimme für die Bierpartei abhalten könnten. Man lebt von der vermeintlichen Coolness des Marco Pogo aber präsentiert sich sonst als leere Projektionsfläche für eine „andere Politik“, was auch immer das heißen soll. Für eine Partei, die in Wien bereits seit 4 Jahren Bezirksratsmandate inne und bereits einen Präsidentschaftskandidaten gestellt hat, ist das, gelinde gesagt, eine maue Performance.

In der Satzung der Bierpartei steht programmatisch folgendes:

Die Partei strebt auf Basis ihres Parteiprogramms eine offene Gesellschaft an, in der individuelle Freiheit, wirtschaftliche Freiheit und soziale Gerechtigkeit im Einklang stehen. Die Partei fördert Chancengleichheit, Bildung, Umweltschutz und internationale Kooperation, um eine moderne und vielfältige Gesellschaft zu schaffen, die auf Toleranz, Respekt und Fortschritt basiert.

https://www.bierpartei.eu/satzung/

Hierbei ist interessant zu bemerken, dass sich auch die Satzung auf ein Parteiprogramm bezieht, das es noch gar nicht gibt. Was es dafür gibt, sind etwas ungelenke Wlazny-Videos auf YouTube, in denen der Bierparteichef diverse politische Themen „erklärt“. O-Ton „Redma drüber“, was Rosemarie Schweiger in der Presse wunderbar so zusammengefasst hat:

Wlaznys Ansprachen wirken nicht wie Politik, sondern eher wie Schulunterricht in der Unterstufe eines Gymnasiums – vorgetragen von einem jungen grün oder rot wählenden Lehrer, der gern vor Teenagern seine feschen Tattoos herzeigt.

https://www.diepresse.com/18604014/irgendwie-links-das-reicht-schon-als-politisches-angebot

Mit anderen Worten ausgedrückt: Wlaznys Programm ist also entweder nicht existent oder eine linksliberale belanglose Lachnummer auf YouTube, wo der Spitzenkandidat etwas vor sich hin schulmeistert.

La Famiglia: Die Wlaznys und ihre Partei

Zentrale Rolle spielt sein Vater Michael Wlazny. Er ist Bundesgeschäftsführer der Bierpartei, aber auch Geschäftsführer des Unternehmens „Pogo’s Empire“. Dazu gehört das Label von Dominik Wlaznys Band Turbobier, aber auch die gleichnamige Biermarke.

https://kurier.at/politik/inland/doktor-wlazny-und-mister-pogo-die-gratwanderung-des-bierpartei-chefs/402766813

In der Bierpartei haben lediglich 2 Personen (von angeblich 10.000) in allen relevanten Belangen das letzte Wort: Der Gründer Dominik Wlazny und sein Vater. Die Bierpartei ist also eine ziemliche wlaznysche „Cosa Nostra“ (freilich nicht auf die Mafia, sondern auf die italienische Wortbedeutung „Unsere Sache“ bezogen), was man auch bei Events mit der Partei erleben kann. Bei einer Parteiveranstaltung soll es etwa für das ausrichtende Wirtshaus eine ganz spezielle Regel gegeben haben: Ausgeschenkt wurde angeblich an die werten Anhänger und Interessenten nur eine Sorte von Hopfengetränk: Turbobier. Dieses wird – erraten – von der Familie Wlazny vermarktet. Wäre ja wohl auch zu schlimm, wenn ein Bierpartei-Fan bei einer Bierpartei-Veranstaltung ein anderes Bier kosten würde als es die Wlaznys vorgeben. Das „Profil“ urteilte über die Bierpartei aufgrund ihrer politischen Struktur deshalb so:

Familienbetrieb Bierpartei: Fast alle Macht geht von den Wlaznys aus

https://www.profil.at/oesterreich/familienbetrieb-bierpartei-fast-alle-macht-geht-von-den-wlaznys-aus/402746005

Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik sprach gar von einer Oligarchie in der Partei: Die Familie Wlazny kann nämlich über alle Anträge sowie die Listen bei Wahlen alleine entscheiden. Auch der Rechnungsprüfer wird vom Wlazny dominierten Vorstand bestimmt, womit ein Wlazny genehmer Prüfer die Wlazny-Partei prüft.

Ein wahres Marketingkonstrukt ist, dass bei Wlazny eigentlich alles ineinander greift. Seine Band heißt Turbobier, wie auch das Bier, das er vermarktet. Ein Lied seiner Band wiederum trägt den Namen Bierpartei, heißt also so wie die Spaßpartei von Wlazny/Pogo selbst. Dann schrieb er 2021 sein erstes Buch „Gschichtn“ – knapp bevor er bei der Präsidentenwahl 2021 antrat, woraufhin ein Kabarettprogramm „Gschichtldrucker“ folgte. Bei Wlazny greift also alles ineinander: Musik, Bier, Politik und Kabarett. Ein User im Standardforum hat das schön zusammengefasst:

Redma drüber: Das intellektuelle Armutszeugnis !

In seinem Bundespräsidentschaftswahlkampf hat Wlazny die Lösung proklamieren lassen: „Redma drüber“. Über „Armut“ und natürlich alle Themen die den Wähler bewegen könnten. Themen hat er aber seit 2020 ,wie gesagt, keine, abgesehen von linksliberalen Schlagworten. Dazu ist dann Ende Juni der „Homo-Exorzismus“ gekommen, wohl auch, weil es bei ihm und seinen Wählern womöglich vorne und hinten thematisch nicht zusammenpasst. Seltsam ist hier, wie lange die Bierpartei und ihr Gründer nun damit medial schon durchgekommen sind. Auch hier findet Rosemarie Schwaiger in der Presse die richtigen Worte:

Für eine Gruppierung, die kein ernsthaftes politisches Ziel definieren kann, genießt die Bierpartei erstaunlich viel Aufmerksamkeit. … Experten und Medien sollten wenigstens gelegentlich darauf hinweisen, das wir es hier mit einer Partei zu tun haben, die selber keine Ahnung hat, wofür es sie überhaupt braucht.

https://www.diepresse.com/18604014/irgendwie-links-das-reicht-schon-als-politisches-angebot

Interessanter ist hier also eher eine gewisse „Sugar Daddy“ Rolle der Medien der Wiener Blase, die Wlazny programmatisch längst peinlich vorführen hätten müssen. Wie kann man ohne Programm bei der Nationalratswahl antreten, aber gleichzeitig 1,2 Millionen Euro von Wählern einsammeln wollen? Hätten die Medien das bei irgendeiner anderen Gruppierung zugelassen? Warum pushen Meinungsforschungsinstiute wie das von Hajek die Partei, indem sie sie stets mitabfragen und damit politisch im Gespräch halten? Fragen über Fragen. Eine Antwort gibt hierzu wieder Rosemarie Schwaiger in der Presse: Es geht wohl unter anderem auch um die Zuneigung linker Eliten zu einem (vermeintlichen) Revoluzzer:

Wlazny ist ein Rockstar, ein New Kid on the Block. Er bringt etwas anderes ein als das bisherige Establishment, schwärmt etwa der Meinungsforscher und Politerklärer Peter Hajek.

https://www.diepresse.com/18604014/irgendwie-links-das-reicht-schon-als-politisches-angebot

Tatsächlich ist er aber nichts davon. Für einen Rockstar ist er etwas zu unbekannt. Als „Parteichef“ ist er sogar der längstdienende von allen Parteien, die bei der Wahl antreten wollen, betrachtet man die Bierpartei als normale Partei. Ex-Bundespräsidentschaftskandidat ist er seit 2022 sowieso und auch schon damals wurde er gefragt, worin er sich eigentlich vom grünen Van der Bellen unterscheide. Die Antwort war wenig überzeugend. Neue Ideen hatte er auch damals nicht wirklich im Talon. Außer dem wlaznyschen Klassiker: „Redma drüber“. Wohl weil er vielleicht gar nicht so viele eigene Ideen hat. Wäre er nämlich wirklich ein politischer „Rockstar“, hätte er in den vergangenen Monaten geschickt Themen platziert. Das hat Wlazny aber völlig unterlassen.

Der finanzielle Aspekt: Pogos Empire !

In Österreich kann man Politik auch profitabel betreiben. Wenn man zuerst wenig Geld verwendet, viel mediale Aufmerksamkeit und günstige Social Media Reichweite einsetzt und dann nach geschlagener Wahl bei der Wahlkampfkostenrückerstattung schön absahnt. Jede Stimme ist dem Steuerzahler nämlich 3 € wert. Ganz unabhängig davon, ob man es in den Nationalrat schafft: Zumindest 1%+ an Stimmen (rund 45.000 Wähler) reichen da schon völlig aus ! Schafft die Bierpartei also 6% , dann gibt es, abgesehen von Millionen an Partei- und Klubförderung, auch rund 810.000 Euro an Wahlkampfkostenrückerstattung.

Die Wlaznys setzen zudem aber auch auf Spenden und auf Produktmarketing, um ihre Reichweite und wohl auch ihren Bier- und Goodie-Absatz zu steigern. So äußerte Dominik Wlazny Anfang 2024 folgende Forderung: Die Bierpartei will bei der Nationalratswahl nur dann antreten, wenn sie bis 30. April 20.000 Mitglieder anwerben kann. Eine Bierpartei-Jahresmitgliedschaft kostet dabei 59 Euro, 20.000 Mitgliedschaften ergäben somit ein finanzielles Polster von 1,18 Millionen Euro für den Wahlkampf! Das hoch gesteckte Ziel (doppelt soviele Mitglieder wie Grüne und NEOS zusammen !) ist dann auch erwartungsgemäß gescheitert. Wlazny allerdings kündigte in der Folge an – auch erwartungsgemäß -, natürlich trotzdem zu kandidieren. Das Glas sei nun „immerhin halb voll“.  Auf Plakate will er nun aber verzichten, weil Plakatsständer seien ja „inhaltsleer“ so Wlazny, was einen bei der Bierpartei nicht wundern sollte. Fraglich bleibt nur, wofür man von seinen Fans dann unbedingt die 1,18 Millionen Euro einfordern will!

Richtig lukrativ wird dann natürlich der Einzug in den Nationalrat, vor allem wenn der ganz ohne teuren Parteiapparat erfolgt, der finanziell normalerweise am Leben erhalten werden muss. Aufpassen muss man nach erfolgtem Einzug lediglich bei einer einzigen Funktion: Beim Klubobmann. Dieser darf nämlich als einziges Parlamentsmitglied nicht dazuverdienen, bekommt dafür aber ein fürstliches Salär von 16.240 Euro, 14x jährlich. Das wird dann der Lackmustest für Dominik Wlazny: Verzichtet er 5 Jahre auf Auftritte als Musiker, Kabarettist und Autor oder lässt er im Parlamentsklub dann notgedrungen einem anderen No-Name Mitstreiter den Vorzug, um das Berufsverbot zu vermeiden und sich ein Künstler-Körberlgeld dazuverdienen? Momentan sieht es jedenfalls danach aus:

Immer wieder sorgt für Diskussionen, dass Wlazny in der für seine Partei so entscheidenden Phase mit seiner Band Turbobier durch Deutschland und Österreich tourt.

https://kurier.at/politik/inland/bierpartei-dominik-wlazny-marco-pogo-nationalratswahl-700000-euro/402834985

Fazit

Die ganze Bierpartei-Geschichte ist so offensichtlich ein private Werbeaktion auf Kosten der Politik, das es einen schon wundert, was die österreichische Qualitätspresse, die vierte Macht im Staate, eigentlich so alles durchgehen lässt, zumindest solange es den Journalisten in ihr Weltbild passt. Man kann schon jetzt sagen, dass bei der Bierpartei politisch wohl eher wenig herauskommen wird, denn es fehlt den „Bieristen“ ja jedwede politische und parlamentarische Erfahrung. Die NEOS hatten immerhin erfahrene Unterstützer und Mitarbeiter aus den Kreisen der ÖVP, die bereits politische Erfahrung mitbrachten, Beate Meinl-Reisinger zum Beispiel. Gepusht wird die Bierpartei vom Linksliberalen Establishment aber trotz alledem auf sehr einseitige Art und Weise:

Die positive Resonanz bekommt Dominik Wlazny wohl hauptsächlich deshalb, weil er ideologisch links der Mitte zu verorten ist. In manchen Kreisen dürfte die Hoffnung umgehen, dass Wlazny so etwas wie eine österreichische Sara Wagenknecht werden könnte.

https://www.diepresse.com/18604014/irgendwie-links-das-reicht-schon-als-politisches-angebot

Linksliberale Medien und Meinungsforscher setzen also neben persönlicher Begeisterung wohl auch deshalb auf ihn, um Protestwähler jedweder politischer Coleur einzusammeln, um etwa an der knappen ÖVP-FPÖ-Mehrheit zu knabbern. Als Bürgerlicher kann man politstrategisch zur Wlazny Kandidatur kurzfristig nur sagen: JA BITTE, solange das Wlazny Publikum freilich auf linke Babler-Fans und Sympathisanten von Grünen und NEOS beschränkt bleibt. Leider aber zielt der Name „Bierpartei“ auch auf Protestwähler rechts der Mitte hin, die durch den Namen Bierpartei wohl verleitet werden könnten, eine eigentlich linksliberale Matcha-Latte-Partie ins Parlament zu wählen. Aus lustigem Protest und in Unkenntnis für welche Politik Wlazny denn wirklich steht. Fazit wäre dann eine erfahrungslose Truppe für 5 Jahre im Parlament, gut ausgestattet mit Bezügen von 10.000 €/Monat. Was mit solchen Neo-Parteien ohne Programm oft in Österreich passiert, haben wir hier bereits an anderen Beispielen aufgearbeitet: https://www.dermaerz.at/team-strache-drehbuch-der-oesterreichischen-politabspaltungen/

Finanzielles

Wir vom März glauben nicht an eine Paywall und stellen daher all unsere Beiträge gratis zur Verfügung ! Wir glauben hier an guten Journalismus, der Themen aufgreift, die vom Mainstream gerne ignoriert oder anders interpretiert werden, weil es den Herausgebern ideologisch gerade nicht passt ! Falls Ihnen also unser Beitrag zur Meinungsvielfalt gefällt und Sie dem „März“ finanziell unter die Arme greifen möchten, laden wir Sie herzlich ein, uns mit einem Betrag Ihrer Wahl zu unterstützen !

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Links & Quellen

Bierpartei-Logo Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Bierpartei_Logo_2024.png

https://www.profil.at/oesterreich/familienbetrieb-bierpartei-fast-alle-macht-geht-von-den-wlaznys-aus/402746005

https://kurier.at/politik/inland/doktor-wlazny-und-mister-pogo-die-gratwanderung-des-bierpartei-chefs/402766813

https://www.derstandard.de/story/3000000203794/drei-euro-pro-stimme-wie-sich-der-antritt-fuer-kleinparteien-lohnen-kann

https://kurier.at/politik/inland/bierpartei-dominik-wlazny-marco-pogo-nationalratswahl-700000-euro/402834985

Ein Phantom namens Bierpartei, In: „Die Presse“ (02.07.2024): S.7

https://www.bierpartei.eu/satzung

https://www.diepresse.com/18604014/irgendwie-links-das-reicht-schon-als-politisches-angebot

https://www.vienna.at/ruckzug-von-bierpartei-chef-wlazny-aus-wiener-bezirksvertretung/8726680

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