Für mich ist das schönste Wort im Wörterbuch der „Zoll“, und es ist mein Lieblingswort! – bekundete der kürzlich gewählte 47. US-Präsident Donald Trump selbstbewusst. China, Mexiko und die Europäer dürfen sich also wirtschaftlich anschnallen, wenn Trump wieder im Weißen Haus an den Schalthebeln sitzt. Wir wollen hier nun – anders als der Mainstream der europäischen Ökonomen – diskutieren, warum Zölle eigentlich ein sehr gutes wirtschaftspolitisches Instrument sein können. In Österreich und Deutschland hört man nämlich immer nur das Gegenteil, weil nämlich die exportorientierte Industrie eine wichtige Rolle spielt. Dabei wird aber gerne verallgemeinert. Fakt ist nämlich, dass selbst Zölle-Liebhaber Donald Trump diese selektiv einsetzt.
Wenn man sich gegenseitig – wie vor dem Zweiten Weltkrieg es weltweit der Fall war – mit einer rigiden Zollpolitik bekämpft, dann hat das negative wirtschaftliche Auswirkungen für alle, lehrt uns das Lehrbuch. Was aber (!), wenn man Zölle gegen einzelne Länder und Branchen sehr selektiv einsetzt, gegenseitigen Freihandel zum Beispiel nur mit den USA und Südamerika durchführt, aber nicht mit der Volksrepublik China? China zerstört aktuell mit staatlichen Subventionen sukzessive die europäische Autoindustrie und hat dies bei der Solartechnologie bereits getan. Macht es hier wirklich Sinn, einzelne Industriezweige zu opfern aus Angst, dass Zölle mehr Schaden anrichten könnten? Vor allem wenn wir uns vor Augen führen, dass China mehr nach Europa exportiert als umgekehrt. Wer hat hier also mehr zu verlieren? China wankt gerade wirtschaftlich und Donald Trump setzt gnadenlos den Schraubstock an. Somit stellt sich die Frage, ob wir Europäer uns aus Egoismus hier nicht der Trump-Administration anschließen sollten?
Es gibt jedenfalls sehr gute Gründe für eine striktere Zollpolitik. Wirtschaftlich und politisch ist der Anfang längst gemacht: Die EU setzt nun etwa bei E-Auto-Importen aus China auch erstmals zaghaft auf Zölle gegen Chinas unfaire Subventionierung der Produktion. Grund genug also, das Thema Zölle in diesem Artikel einmal genauer anzusehen!
Deutschland: Hinter Zollmauern zur wirtschaftlichen Weltmacht
Mit der Reichsgründung 1871 unter Kaiser Wilhelm I. und Reichskanzler Otto von Bismarck begann das Deutsche Kaiserreich, seine Wirtschaft gezielt zu fördern. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie war die Einführung einer protektionistischen Zollpolitik, die in den 1870er und 1880er Jahren forciert wurde. Diese Maßnahme zielte darauf ab, die aufstrebende deutsche Industrie und Landwirtschaft vor der starken internationalen Konkurrenz, insbesondere aus den USA, aber auch Großbritannien, zu schützen. Während die britische Agrarwirtschaft unter den günstigen amerikanischen Preisen massiv litt, lebte Deutschland hinter Zollmauern gut.
Bismarck, der als Realpolitiker bekannt war, erkannte die Vorteile eines Schutzsystems: Er führte 1879 Schutzzölle auf Getreide und Industrieprodukte ein, um die heimischen Produzenten zu stärken und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Diese Schutzzölle führten zu einer geringeren Abhängigkeit von Importen und ermöglichten es der jungen deutschen Industrie, sich in einem kontrollierten Umfeld weiterzuentwickeln. Auch führende Vertreter der Industrie unterstützten Bismarcks Schutzzollpolitik! Industrielle und Landwirte vereinigten sich 1879 gar zur Lobby „Bündnis von Roggen und Eisen“ . Durch die erhöhten Zolleinnahmen und eine systemstabilisierende florierende Wirtschaft profitierte nicht zuletzt auch der Staat von der protektionistischen Politik. Den Preis bezahlten die ärmeren Schichten, da sie teurere Industrieprodukte aus Deutschland kaufen mussten, anstatt diese günstiger aus den USA zu beziehen.
Wirtschaftlich stieg Deutschland in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts so zur Weltmacht auf. Die deutsche Industrie konnte ungestört wachsen und sich modernisieren. Insbesondere der Maschinenbau, die Chemieindustrie und die Stahlproduktion profitierten von den Zollschranken: Industriegiganten wie Siemens, Bayer et cetera demonstrieren das bis heute. Diese Branchen wurden zu Schlüsselindustrien und trugen maßgeblich zur wirtschaftlichen Dynamik des Landes bei. Die protektionistische Politik schuf also nicht nur kurzfristige Vorteile, sondern ermöglichte langfristige Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die technischen Universitäten und staatlich geförderte Forschungsinstitute spielten eine zentrale Rolle in der Weiterentwicklung von Technologien.
Diese Entwicklung trug dazu bei, dass Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts, gemessen an der Industrieproduktion, zur stärksten Wirtschaftsmacht in Europa und zur zweitgrößten der Welt nach den USA aufstieg. Wenn man dann als Land konkurrenzfähig ist, wechselt man in der Regel wieder die Seite: Auf einmal klingt Freihandel ganz toll!
Trumps Ideen und Forderungen
Donald Trump redet seit Jahrzehnten über Zölle und beklagt sich über die vermeintliche Ausbeutung der USA. Tatsächlich haben die USA ein großes Handelsbilanzdefizit mit China (2023: 279 Mrd. Dollar) wie auch mit der EU (2022: 131 Mrd. Dollar) und exportieren somit netto Geld ins Ausland für bezogene Güter. Andererseits ist die US-Wirtschaft sehr auf Amerika fokussiert und setzt nicht stark auf internationalen Handel. Ergo sind die USA nicht so anfällig, wenn Exporte durch Strafmaßnahmen teurer werden. Man kann bei einem großen Markt und einem relativ geringen Anteil an Exporten und Importen gefahrloser Barrieren hochziehen. Dem US-Präsidenten erlauben es die US-Gesetze, hier willkürlich Zölle zu erheben und das weiß Trump und er hat es in seiner ersten Amtszeit bereits genutzt.
Donald Trump wünscht sich etwa mindestens zehn Prozent auf alle in die USA importierten Waren. Das US Handelsdefizit solle laut ihm am Besten gleich überhaupt verschwinden bzw ausgeglichen werden. Trump will besonders chinesische Importe in Branchen wie Elektronik und Stahl sogar innerhalb von vier Jahren schrittweise möglichst loswerden. Das iPhone – wie er Apple schon vor Jahren kommuniziert hat – sollte besser in den USA oder zumindest in einem anderen freundlich gesinnten Land produziert werden (Fachterminus „Friendshoring„). Aber auch die EU bekam in Trumps erster Amtszeit bereits eine erste Zoll-Watsche verpasst: 6,4 Milliarden Euro Stahl und Aluminiumexporte aus der EU wurden mit Zöllen belegt, woraufhin die EU US-Exporte im Wert von 2,8 Milliarden Euro ihrerseits mit Zöllen belegte. Künftig wird es wohl mehr sein, SOFERN die EU und die Trump Administration nicht irgendeinen großen Deal abschließen.
Härter hat es schon 2016-2020 die Chinesen betroffen, die aber seitdem auch unter Präsident Biden weiter mit amerikanischen Zöllen umgehen haben müssen. Biden ist bei der Zollpolitik nämlich entweder auf Trumps Spuren gewandelt oder die chinesische unfaire Handelsrealität hat ihm zumindest keine Wahl gelassen. Auf chinesische Elektroautos erhebt die Biden-Administration seit 2024 etwa ganze 100 % Zoll. 50 Prozent Zoll sollen ab 2025 auf Solarzellen aufgeschlagen werden, jeweils 25 Prozent auf Stahl, Aluminium, Batterien für Elektrofahrzeuge und wichtige Mineralien. So soll die Industrie in den USA vor chinesischem Dumping geschützt werden.
Der Fall China
China spielt regeltechnisch seit dem Beitritt zur Welthandelsorganistation (WTO) wirtschaftlich auf einer Ebene mit den USA und der EU und müsste sich damit eigentlich an alle WTO-Regeln halten. Tut es aber natürlich nicht. Peking subventioniert ständig direkt oder indirekt seine Unternehmen auf unfaire und wohl unerlaubte Art, um ihnen wirtschaftliche Erfolge zu ermöglichen. Seit Jahren setzt Peking dabei auf günstige Exporte, um weltweit Einnahmen zur Bedienung interner Schulden zu erzielen und natürlich um den Weltmarkt wirtschaftlich zu dominieren.
Bei den E-Autos ist nun immerhin – oder besser gesagt ohnehin viel zu spät – in der EU eine wirtschaftliche Schmerzgrenze erreicht. Die Strafzölle für chinesische Hersteller betragen dabei bis zu 35,3 Prozent, die zum generellen Zollsatz von 10 Prozent dazuaddiert werden müssen. ABER das ist für viele E-Auto-Marken aus China dank enormer staatlicher Subventionen immer noch bei weitem nicht ausreichend. Im Vergleich zu den 100%-Zoll der USA ist der EU-Zoll ein besserer Tropfen auf den heißen Stein. Wobei man freilich anmerken muss, dass Europa anders als die USA noch (!) viele Autos nach China exportiert und damit noch (!) sehr anfällig für Vergeltung wäre.
Was kann nun Europa angesichts dieser Entwicklung zolltechnisch tun? Eine der unmittelbarsten Maßnahmen wäre die Einführung noch höherer Importzölle auf andere Waren als nur E-Autos, die aus China in die EU exportiert werden. Dies würde die Preise für chinesische Produkte im Ausland erhöhen und könnte auf diese Weise Konsumenten und Unternehmen zwingen, nach Alternativen zu suchen. Die Folge wäre ein Rückgang der chinesischen Exporte, was negative Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft haben könnte, insbesondere auf exportorientierte Sektoren. Dazu könnte man sich nach US-Vorbild darauf konzentrieren, China den Zugang zu kritischen Technologien zu erschweren, indem man weitere Exportkontrollen auf Hightech-Produkte verhängt.
China würde das in einer wirtschaftlichen Schwächephase härter treffen. Europa ist abgesehen davon handelspolitisch längst mit China ins Hintertreffen geraten. Das Handelsbilanzdefizit lag 2023 bei hohen 291 Milliarden Euro. Damit lag die EU sogar hinter dem Handelsbilanzdefizit der USA zu China (279 Milliarden Dollar). Dazu hat China jahrzehntelang wichtige europäische Technologien (Solarzellen, Hochgeschwindigkeitszüge) einfach schamlos kopiert. Das wären also ziemlich gute Gründe, warum die EU und auch die USA dem diktatorischen China in einer Schwächephase mit einem kleinen Zoll-Wirtschaftskrieg wirtschaftlich Einhalt bieten sollten! Dieser Einhalt könnte nämlich der europäischen Industrie ebenso zugute kommen wie der amerikanischen.
Fazit
Zölle können also, selektiv eingesetzt, eine mächtige Waffe sein, um nationale Interessen zu schützen und Handelsungleichgewichte zu korrigieren. Während die Lehrbuchmeinung vor den negativen Folgen einer rigiden Zollpolitik warnt, zeigt die Geschichte, insbesondere das Beispiel des Deutschen Kaiserreichs unter Bismarck, dass protektionistische Maßnahmen zur Stärkung der heimischen Wirtschaft beitragen und langfristige Erfolge fördern können. Die Position Trumps, insbesondere gegenüber China, wird durch die Praxis der unfairen Subventionierung und Marktdominanz Pekings gestützt, die westliche Industrien erheblich unter Druck setzt. In Europa wackeln heute durch unfaire chinesische Konkurrenz in der Autoindustrie hunderttausende sehr gut bezahlte Jobs, was demonstriert, dass handelspolitisch längst Feuer am Dach ist.
Europa sollte also aus wirtschaftlichem Selbstschutz und zur Sicherung seiner Schlüsselindustrien eine härtere Zollpolitik erwägen, ähnlich den USA. Vor allem angesichts der Tatsache, dass China trotz bestehender Zölle weiterhin durch massive staatliche Unterstützung wettbewerbsfähig bleibt, könnte die EU also in jedem Fall von einem strengeren Ansatz profitieren. Wenn die Volksrepublik China zwischen 100% Zoll in den USA und sehr hohen europäischen Zöllen auswählen müsste, dann wird man sich in Peking wohl gegen die Eskalation und damit für weiteren Handel mit der EU entscheiden. Die EU könnte damit Chinas unfairer Handelspraxis und dessen Wirtschaft Grenzen aufzeigen, seine eigene Industrie schützen und gleichzeitig höhere Zolleinnahmen erzielen.
Die Herausforderung besteht natürlich immer darin, den richtigen Balanceakt zwischen Protektionismus und internationalem Handel zu finden, um die heimische Wirtschaft zu stärken, ohne globale Handelskonflikte unnötig eskalieren zu lassen. Ebenso müsste man den Kaufkraftverlust der unteren Schichten im Blick behalten, die sich natürlich künftig weniger chinesische Elektrogeräte werden leisten können. Das gilt aber nur solange bis die Produktion von dort in noch günstigere Orte wie Vietnam abgewandert ist und die Rechnung wieder stimmt!
Finanzielles
Liebe Leserinnen und Leser von „Der März“,
Unsere Seite ist ein Ort für kritischen Journalismus, tiefgehende Analysen und gut recherchierte Hintergrundberichte. Wir sind sehr stolz darauf, unabhängig zu arbeiten, denn das macht es uns möglich, Themen und Perspektiven zu behandeln, die in der Mainstream-Medienlandschaft oft untergehen oder anders rezipiert werden. Unsere Arbeit setzt akribische und sehr zeitintensive Recherche voraus und verursacht eben leider auch Kosten. Aus diesem Grunde sind wir auf die finanzielle Unterstützung unserer treuen Leser angewiesen. Nur mit Ihrer Unterstützung kann unser kleines ehrenamtliches Team nämlich auf Dauer bestehen bleiben und die mit der Herausgabe unseres Mediums verbundenen Kosten (Plattformfinanzierung, Lektorat, etc) abdecken. Jede Spende, egal wie klein, trägt dazu bei, unsere Arbeit zu finanzieren und unser Medium als Plattform für unabhängigen Journalismus zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Unterstützen Sie uns daher bitte heute noch und helfen Sie mit den Fortbestand unseres Mediums „Der März“ zu gewährleisten! Vielen Dank!
Sie können ganz einfach und sicher hier spenden :
Falls Sie direkt überweisen möchten, ganz ohne Paypal oder Kreditkarte, dann finden Sie hier unsere Kontodaten:
IBAN: DE46 1001 1001 2622 4193 03
BIC: NTSBDEB1XXX
Vielen herzlichen Dank für eure Treue und Unterstützung !
Das Team von „Der März“
Links & Quellen
https://orf.at/stories/3375365
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/industrie/zoll
https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/products-eurostat-news/w/ddn-20240304-2
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/zoelle-handel-usa-china-100.html