Türkis-Grün hat in den letzten Jahren – so muss man es aus bürgerlicher Perspektive leider anmerken – nicht gut gewirtschaftet. Die Wirtschaftskompetenz der ÖVP wurde damit arg in Mitleidenschaft gezogen und Kanzler Nehammer wird als der Bundeskanzler in die Geschichte eingehen, der zuerst ab 2022 nach der Coronakrise eine Konsolidierung des Budgets verschleppt hat und deshalb nun 2024 auf ein EU-Defizitverfahren mit umfangreichen Sparpaketen reagieren muss. Viele teure, vor allem „grüne“ Vorhaben erinnern dabei an die Ära Kreisky: Sozialleistungen und Helikoptergeld auf Kredit, die nach kürzester Zeit wieder zurückgenommen werden müssen. Kreisky erfand etwa das Heiratsgeld, Gewessler ihren Klimabonus. Warum keine Regierung vor Nehammer-Kogler die Sozialleistungen indexiert und die kalte Progression abgeschafft hat, ist heute auch jedem Menschen klar: Es ist ohne Gegenfinanzierung extrem teuer! Der Fiskalrat hat dies gerade untersucht.
Der Jahresbericht 2024 des Fiskalrates bietet dazu eine umfassende Analyse der finanzpolitischen Entwicklungen in Österreich für den Zeitraum 2023 bis 2028. Der Bericht beleuchtet detailliert die Herausforderungen und Chancen der öffentlichen Finanzen, die durch hohe Budgetdefizite, steigende Verschuldung und strukturelle Ungleichgewichte geprägt sind. Der Bericht analysiert dabei nicht nur die Auswirkungen wirtschaftlicher, sozialer und politischer Rahmenbedingungen auf die Finanzplanung, sondern gibt auch klare und umsetzbare Handlungsempfehlungen, um die finanzielle Stabilität Österreichs zu gewährleisten. Diese wollen wir uns nun genauer ansehen! Die Gründe für die hohe Verschuldung fasst der Fiskalrat so zusammen:
Außertourliche Pensionserhöhungen und Änderungen im Pensionsrecht und eine Vielzahl an klima-, umwelt- und steuerpolitischen Maßnahmen führten gemeinsam mit den Krisenhilfen und den einnahmereduzierenden Wirkungen von Steuerreformen zu einer deutlichen Verschlechterung der Lage der Staatsfinanzen.
Jahresbericht 2024 des Fiskalrat; Quelle: https://www.fiskalrat.at/publikationen/berichte/bericht-ueber-die-oeffentlichen-finanzen-uebersicht.html
Der Bericht des Fiskalrates
Laut Prognose wird das Budgetdefizit 2024 auf 3,9 % und 2025 auf 4,1 % des BIP steigen. Diese Werte liegen deutlich über der Maastricht-Grenze von 3 %, was somit nicht nur EU-Defizitregeln verletzt, sondern langfristig zu einer hohen Belastung der öffentlichen Finanzen führen wird. Die hohe Neuverschuldung stellt eine Gefahr für die fiskalische Stabilität dar und erfordert gezielte Maßnahmen, um den Anstieg zu begrenzen. Die Schuldenquote wird bis 2028 auf 85 % des BIP steigen, ein Anstieg um 14 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019. Dieser Anstieg ist vor allem auf die expansive Fiskalpolitik der letzten Jahre, die wirtschaftlichen Herausforderungen durch die Pandemie und die Energiekrise, sowie die hohen Kosten für Sozial- und Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen.
Hauptursachen für die Defizite sind hohe Sozialausgaben, inflationsbedingte Kostensteigerungen und expansive wirtschaftspolitische Maßnahmen ohne ausreichende Gegenfinanzierung. Diese Ausgaben haben die strukturelle Belastung des Staatshaushalts deutlich erhöht. Die Hochinflationsphase der letzten Jahre hat insbesondere zu einer deutlichen Erhöhung der Gehaltskosten im öffentlichen Dienst und der Sozialausgaben geführt. Diese Effekte werden mittelfristig durch die abnehmende Dynamik der Inflationsanpassungen etwas gedämpft, bleiben jedoch eine strukturelle Belastung, die langfristig adressiert werden muss.
Um ein EU-Verfahren wegen übermäßigen Defizits („ÜD-Verfahren“) zu vermeiden, muss Österreich bis 2025 Konsolidierungen in der Höhe von 6,3 bis 7,4 Milliarden Euro vornehmen. Diese Konsolidierungsanstrengungen stellen eine erhebliche Herausforderung dar und erfordern ein ausgewogenes Maßnahmenbündel. • Sollte ein ÜD-Verfahren eingeleitet werden, würden zwar mildere Anforderungen an die Schuldenreduktion gelten, dennoch bleibt der Konsolidierungsbedarf bis 2028 auf einem hohen Niveau. Der Fiskalrat betont, dass Österreich auch in diesem Szenario langfristige Strukturreformen einleiten muss, um die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen sicherzustellen.
Die Herausforderungen Österreichs
Der demografische Wandel, gekennzeichnet durch eine alternde Bevölkerung und steigende Lebenserwartung, erhöht die Belastung für das Pensions- und Pflegesystem. Ohne strukturelle Reformen könnten diese Entwicklungen die langfristige Tragfähigkeit des Budgets gefährden. Zusätzlich wird erwartet, dass die Gesundheitskosten in den kommenden Jahren stark ansteigen werden. Gleichzeitig stellen die steigenden Kosten im Gesundheits- und Pflegesektor eine der zentralen Herausforderungen für die öffentlichen Finanzen dar. Hier sind gezielte Maßnahmen erforderlich, um Effizienzsteigerungen zu erzielen und den Zugang zu qualitativ hochwertigen Dienstleistungen sicherzustellen.
Die grüne Transformation und Digitalisierung erfordern erhebliche Investitionen. Diese Bereiche sind entscheidend, um langfristige Wachstumsimpulse zu schaffen, den Wirtschaftsstandort zu stärken und die Klimaziele zu erreichen. Der Fiskalrat fordert daher, dass diese Investitionen trotz fiskalischer Engpässe priorisiert werden. Neben Infrastrukturinvestitionen betont der Bericht die Bedeutung von Bildung und Forschung, um die Innovationsfähigkeit Österreichs zu fördern. Ohne diese langfristigen Investitionen könnte Österreich im internationalen Wettbewerb zurückfallen.
Die Schuldenquote wird zudem aktuell durch hohe Primärdefizite und die wieder steigenden Zinsausgaben weiter steigen. Obwohl die Zinsquote derzeit noch (!) historisch niedrig bleibt, warnt der Fiskalrat in der Zukunft vor den Risiken eines Zinsanstiegs. Dies könnte die Finanzierungskosten deutlich erhöhen und den Handlungsspielraum weiter einschränken. Sollten etwa die Defizite hoch bleiben, wird Österreich irgendwann seine Topratings verlieren und deutlich mehr Zinsen zahlen müssen. Ähnlich ist es bei der Arbeitslosigkeit: Diese ist bis dato niedrig und trägt zu hohen Steuereinnahmen bei. Ändert sich das aber, wird das Budget doppelt belastet. Die fiskalen Versäumnisse der türkis-grünen Bundesregierung werden im Jahresbericht klar angesprochen:
Es ist darauf hinzuweisen, dass keine der seit 2020 budgetwirksamen wirtschaftspolitischen Maßnahmen mit einer Gegenfinanzierung verabschiedet wurde.
Jahresbericht 2024 des Fiskalrat; Quelle: https://www.fiskalrat.at/publikationen/berichte/bericht-ueber-die-oeffentlichen-finanzen-uebersicht.html
Die Empfehlungen für eine bessere Budgetpolitik
Der Fiskalrat hat in seinem Bericht konkrete Empfehlungen formuliert, die darauf abzielen, den finanzpolitischen Handlungsspielraum wiederherzustellen, gleichzeitig aber auch die notwendige Balance zwischen kurzfristigen Konsolidierungszielen und langfristigen Reformen zu bewahren. Dabei wird besonderer Wert auf die soziale Ausgewogenheit und die Sicherung von Zukunftsinvestitionen gelegt.
Strukturelle Konsolidierung: Der Fiskalrat betont die Bedeutung eines ausgewogenen Maßnahmenbündels, das sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite ansetzt. Nachhaltige Konsolidierungsmaßnahmen sind essenziell, um die langfristige Stabilität der öffentlichen Finanzen zu sichern. Effizienzsteigerungen in der Verwaltung, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie die Straffung von Subventionen und Förderungen werden als Schlüsselbereiche hervorgehoben. Diese Maßnahmen könnten kurzfristig Einsparungen und langfristig eine höhere Effektivität bewirken.
Reformen im Pensionssystem: Zur Stabilisierung der Pensionsausgaben empfiehlt der Fiskalrat eine Erhöhung des effektiven Pensionsantrittsalters. Gleichzeitig sollten Anreize für ein längeres Verbleiben im Erwerbsleben geschaffen werden, etwa durch flexiblere Arbeitszeitmodelle für ältere Arbeitnehmer. Ein Verzicht auf außerplanmäßige Erhöhungen und strukturelle Anpassungen der Pensionssysteme sind notwendig, um die langfristige Tragfähigkeit zu gewährleisten. Hierzu gehört auch eine bessere Verknüpfung von Beiträgen und Leistungen.
Fiskalföderalismus und Verwaltungsmodernisierung: Eine Reform des Fiskalföderalismus wird als Voraussetzung für eine effektivere Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gesehen. Dies umfasst eine klare Zuordnung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung sowie die Reduktion innerstaatlicher Zahlungsströme. Die Digitalisierung der Verwaltung soll forciert werden, um langfristig Kosteneinsparungen zu erzielen und die Effizienz zu steigern. Gleichzeitig sollten redundante Verwaltungsstrukturen abgebaut werden.
Zukunftsinvestitionen: Trotz Konsolidierung sind gezielte Investitionen in Digitalisierung, erneuerbare Energien und Infrastruktur unverzichtbar. Diese Investitionen sollen die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Österreichs langfristig stärken. Der Fiskalrat fordert ein nachhaltiges Finanzierungsmodell für Zukunftsinvestitionen, um die Belastungen auf die Haushalte möglichst gering zu halten. Auch private Investitionen könnten hier eine ergänzende Rolle spielen.
Effizienzsteigerungen im öffentlichen Sektor: Durch die Digitalisierung der Verwaltung und die Optimierung administrativer Prozesse können langfristig erhebliche Einsparungen erzielt werden. Der Ausbau von E-Government-Diensten könnte Bürgerinnen und Bürgern gleichzeitig den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erleichtern. Eine tiefgreifende Evaluierung von Förderprogrammen könnte dazu beitragen, ineffiziente Maßnahmen zu identifizieren und Mittel effektiver einzusetzen.
Die Budgetkonsolidierung ab 2025: Wie lange und vor allem wie viel!
Österreich muss nun sein Budget in 4 bis 7 Jahren konsolidieren und das wird entweder mit einem Defizitverfahren der EU passieren oder eigenständig. Je kürzer man diese Budgetkonsolidierung ansetzt, desto höher ist natürlich der Einsparungsbedarf. Die Babler-SPÖ bevorzugt daher ein Defizitverfahren der EU mit möglichst langem Zeitraum, weil man als anerkannter Defizitsünder interessanterweise eine Zeit lang höhere Defizite ausweisen darf. Konsolidiert man dagegen selbst, muss man natürlich auch in den nächsten Jahren unter der 3%-Maastrichtgrenze bleiben, was insgesamt Jahr für Jahr zunächst höhere Einsparungserfordernisse erfordert. Der Einsparungsbedarf liegt laut Finanzministerium jedenfalls bei einem Volumen zwischen 8 und 22 Milliarden im Zeitraum 2025 bis 2031 laut Fiskalrat.
Folgende Einsparungsideen hat der Fiskalrat unter anderem im Detail vorgeschlagen:
- Abschaffung des Klimabonus: 2,3 Milliarden Euro pro Jahr
- Abschaffung des Familienbonus: 1,2 Milliarden Euro (2025), 2,3 Milliarden Euro (2026)
- Abbau von „grünen“ Klimaförderungen von Ministerin Gewessler (Elektromobilität, Fernwärme, Forstpaket, Sanierungsoffensive) auf das Niveau von 2019: 1,8 Milliarden Euro
- Ende der Bildungskarenz: 400 Millionen Euro pro Jahr
- Abbau der staatlichen Überförderung in Österreich auf EU-Durchschnitt: 3,5 Milliarden Euro
- Abschaffung des Dieselprivilegs: 600 Millionen Euro
- Abschaffung des Klimatickets: 600 Millionen Euro
- Wiedereinführung der kalten Progression: 1,7 Milliarden Euro
Der Fiskalrat liegt aber teilweise auch auf SPÖ-Linie und fordert wie zuvor erwähnt auch neue Steuereinnahmen, um das Wachstum nicht zu sehr abzuwürgen. Eine einprozentige Erhöhung der Umsatzsteuer brächte etwa 1,7 Milliarden Euro 2025. Ebenso fordert der Fiskalrat eine Anhebung des faktischen Pensionsalters.
Fazit
Der Bericht des Fiskalrats hebt also hervor, dass insbesondere hohe Sozialausgaben, inflationsbedingte Kostensteigerungen und nicht gegenfinanzierte wirtschaftspolitische Maßnahmen zu einem Anstieg des Budgetdefizits (auf 4,1 % bis 2025) und des rasanten Wachstums der Schuldenquote (auf rund 85 % des BIP bis 2028) geführt haben. Um ein EU-Verfahren wegen übermäßigen Defizits zu vermeiden, sind ab 2025 umfangreiche Sparmaßnahmen erforderlich. Der Bericht zeigt aber auch auf, welch umfangreiches Potential es gäbe sinnvoll staatliche Ausgaben einzusparen.
Kritisch muss man aktuelle Maßnahmen der türkis-grünen Regierung wie den Klimabonus betrachten, der vor allem teuer und ineffizient ist. Der Fiskalrat empfiehlt neben diesen Korrekturen zudem umfassende Reformen, darunter eine Anhebung des Pensionsantrittsalters, Effizienzsteigerungen im öffentlichen Sektor sowie eine Modernisierung des Fiskalföderalismus. Es soll aber ausgabenseitig wie einnahmenseitig reformiert werden, um die Wirtschaft möglichst nicht abzuwürgen. Gleichzeitig fordert der Fiskalrat den Erhalt wichtiger Investitionen in Bildung, Digitalisierung und die grüne Transformation.
Politisch gelitten hat aufgrund dieser Causa jedenfalls die regierende ÖVP. Sie trägt schließlich die politische Hauptverantwortung und hatte zudem bis dato politisch „die“ wirtschaftspolitische Kompetenz in Österreich. Naturgemäß wird dieses Image durch diese Entwicklungen stark beschädigt. Der fiskalische Konsolidierungsbedarf, der auf 8 bis 22 Milliarden Euro geschätzt wird, stellt Österreich und die neue kommende Regierung vor immense Herausforderungen. Wo, wie und wie sehr gespart wird ist aktuell heiß umstritten. Manche, so auch die SPÖ, fordern gar Österreich solle ein EU-Defizitverfahren taktisch in Kauf nehmen. Finanzminister Gunter Mayr sieht wiederum genügend Einsparungsmöglichkeiten, um ohne neue Steuern auszukommen. Zugleich zeigt der Bericht des Fiskalrats aber auch viele Chancen für die Republik auf: Nur durch langfristige Reformen und kluge Investitionen kann die finanzielle Tragfähigkeit des Staates gesichert und das wirtschaftliches Wachstum gefördert werden.
Finanzielles
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Links & Quellen
Jahresbericht 2024 des Fiskalrat; Quelle: https://www.fiskalrat.at/publikationen/berichte/bericht-ueber-die-oeffentlichen-finanzen-uebersicht.html