Am Sonntag, den 26.01.2025 ereignete sich ein politisches Schauspiel, welches in die jüngste politische Geschichte eingehen könnte. Alles begann, als der linke Präsident Kolumbiens Gustavo Petro trotz vormaliger Zusage (!) zwei amerikanische Militärflugzeuge, die illegale Migranten aus den USA heim nach Kolumbien bringen sollten, nicht landen ließ. Daraufhin bekam US-Präsident Trump einen Wutanfall und statuierte an Kolumbien ein politisches Exempel, woraufhin Kolumbiens Präsident Petro binnen Stunden klein beigab – nicht jedoch ohne eine gewisse Form einer unterhaltsamen lateinamerikanischen Telenovela abzuziehen, die in der Retrospektive eher peinlich für den kolumbianischen Präsident sein dürfte. US-Präsident Trump hingegen erfüllte nicht nur die Erwartungen seiner Anhänger, sondern vollzog auch jene der uramerikanischen „Madman-Theorie“. Das wollen wir uns in diesem Artikel nun genauer ansehen. Nebenbei sorgte diese politische Aktion aber auch für ein starkes politisches Signal in ganz Lateinamerika.
Die Madman-Theorie: Was steckt dahinter?
Die politische Madman-Theorie geht auf den republikanischen Präsidenten Richard Nixon (1969 – 1974) zurück, der sich als unberechenbarer politischer Hitzkopf inszenierte. So wollte er seine Gegner einschüchtern und politische Zugeständnisse erzwingen. Er schreckte etwa nicht davor zurück, im kommunistischen Ostblock die Angst vor einem amerikanischen Atomwaffeneinsatz gegen Nordvietnam zu schüren, damit er den verlustreichen amerikanischen Vietnamkrieg endlich zu einem Verhandlungsfrieden führen konnte. Seine Kalkulation war die folgende:
„Ich will die Nordvietnamesen glauben machen, dass ich den Punkt erreicht habe, wo ich alles tun werde, um den Krieg zu beenden. Wir werden ihnen so etwas zuspielen wie: ‚Mein Gott, sie wissen ja, wie sehr Nixon den Kommunismus hasst. Wenn er in Wut gerät, kann ihn keiner mehr zurückhalten – und er hat die Hand am nuklearen Drücker.‘ In zwei Tagen ist Ho Chi Minh persönlich in Paris und bittet um Frieden.“
Seine Kalkulation war also, extrem hart durchzugreifen und zu signalisieren, dass man politisch wie militärisch zu allem bereit war. Dem folgten dann Massenbombardements von vietnamesischen Stellungen in Kambodscha in der „Operation Menü“. Nixon sollte sich in Vietnam letztlich aber doch nicht durchsetzen, weil ihm der „Madman“ dort letztlich doch nicht abgekauft worden ist. Atombomben in den Dschungel zu werfen war letztlich doch etwas unglaubwürdig und vor allem der US-Bevölkerung nicht zu erklären.
Was Nixon aber in der eigenen Bevölkerung mit dieser Taktik erreichte und was schließlich global enorme Bedeutung haben sollte, war die Einleitung der Öffnung Chinas zur Welt (1972), eines Prozesses, im Zuge dessen China zur Werkbank der Welt wurde. In den USA gibt es bis heute den politischen Satz: „Nur Nixon konnte nach China gehen“ und dieser Satz symbolisiert auch sein politisches Geschick. Nur der erklärte Kommunistenhasser Nixon konnte glaubhaft nach China reisen und das kommunistische Land für die USA und den Welthandel öffnen. Ein linker Demokrat hingegen hätte das politisch wohl nicht überlebt und wäre als Kommunistenfreund diffamiert worden.
„Madman“ Donald Trump und Kolumbien
Um mit der „Madman-Theorie“ politisch durchzukommen, braucht es also einen unberechenbaren Politiker, der bereit ist, auch harte Konsequenzen zu ziehen, sollte es hart auf hart kommen. Politisch unberechenbar ist Donald Trump in einer gewissen Form auf jeden Fall und dieses Image will der ehemalige Fernsehstar zudem auch genauso verkörpern. Schauen wir uns dazu nun die jüngsten Ereignisse um den Fall Kolumbien an!
Am Sonntagmorgen weigerte sich Kolumbiens Präsident Gustavo Petro nach vormaliger Zusage (!) mit fadenscheinigen Argumenten zwei amerikanische Militärflugzeuge voller illegaler kolumbianischer Migranten in Kolumbien landen zu lassen. Es war ein klarer Machtpoker, denn die Flugzeuge waren längst in der Luft, als Petro seine Meinung änderte. Präsident Petro verkündete dann auf der Plattform „X“: „Die USA dürfen Migranten nicht wie Kriminelle behandeln.“ Er referenzierte auf die Außerlandesschaffung per Militärflugzeug, der er selbst zugestimmt hatte und ignorierte gekonnt die Tatsache, dass die illegale Einreise in die USA per se ein Rechtsverstoß ist. Seine Ablehnung war also ein Versuch, den USA ans Bein zu pinkeln, garniert mit linkem Widerstandsgeist gegen die „Gringos“. Kolumbien hat zudem, wie die meisten anderen Länder der Welt auch, politisch wenig Lust, eigene Migranten aus den reichen Ländern zurückzunehmen. Diese überweisen nämlich in der Regel Geld an Familienmitglieder in ihren Heimatländern und sorgen so für willkommene finanzielle Zuflüsse.
Als Präsident Trump am Sonntag von diesen Vorkommnissen erfuhr, bekam er offensichtlich einen Wutanfall („Madman“ !) und ordnete sofortige politische Vergeltung für diese Aktion an. Das kam ihm politisch wohl sehr zupass. Per präsidentieller Anordnung verhängte er sofort Strafzölle von 25 Prozent auf alle kolumbianischen Importe. Dazu kündigte er ein Einreiseverbot für Regierungsmitglieder, deren Familien und für alle linken Parteimitglieder von Petros Partei an und verordnete zudem Einschränkungen im Zahlungsverkehr. Außerdem stellte die amerikanische Botschaft in Bogotá mit sofortiger Wirkung keine Visa mehr für Kolumbianer aus. Kolumbien wurde von dieser Ankündigung natürlich hart getroffen. Im Nachsatz drohte Trump dann auch noch damit, in der kommenden Woche die Strafzölle auf 50% zu verdoppeln, sollte es kein Einlenken geben.
„Wir werden nicht zulassen, dass Bogotá seine Verpflichtung verletzt, Kriminelle zurückzunehmen, die es in die USA gezwungen hat.“
US-Präsident Donald Trump, zitiert nach https://www.nzz.ch/international/kolumbiens-praesident-verlangt-eine-menschenwuerdige-rueckfuehrung-von-migranten-aber-trumps-drohungen-wirken-sofort-ld.1868196
Die kolumbianische Telenovela: Wenn die Madman-Theorie wirkt!
Zu diesem Zeitpunkt versuchte Kolumbiens Präsident Petro auf „X“ noch irgendwie verbal dagegen zu halten und trat mit mehreren Sagern gegen die „bösen Gringos“ aus den USA an. So drohte er ebenso 50% Zölle an und wollte allen 14.000 US-Amerikanern in Kolumbien ihre Visa entziehen. Seine Repliken avancierten zu einer langen beleidigten lateinamerikanischen Suada, die perfekt aus einer Telenovela stammen könnten! In einem ebenso kämpferischen wie verrückten Brief an Trump verkündete Kolumbiens Präsident tatsächlich theatralisch unter anderem folgendes:
Falls du (Trump, Anm.) jemanden kennst, der stur ist, dann bin ich das, Punkt. Du kannst versuchen, mit deiner wirtschaftlichen Macht und deiner Arroganz einen Putsch durchzuführen, wie man es bei Allende getan hat. Aber ich werde meinen Prinzipien treu bleiben, ich habe Folter überstanden und ich widerstehe dir. Ich möchte keine Sklavenhalter in Kolumbien, wir hatten bereits genug und haben uns befreit.
Du wirst mich töten, aber ich werde in meinem Volk weiterleben, das in den Amerikas vor deinem Volk existiert. Wir sind Völker der Winde, der Berge, des karibischen Meeres und der Freiheit. Du magst unsere Freiheit nicht, okay. Ich gebe weißen Sklavenhaltern nicht die Hand. Ich reiche die Hand den weißen libertären Erben Lincolns und den schwarzen und weißen Farmern der USA, an deren Gräbern ich geweint und gebetet habe, auf einem Schlachtfeld, das ich erreichte, nachdem ich die Berge der italienischen Toskana durchquert hatte und von Covid gerettet wurde.
Unser Volk ist etwas ängstlich, etwas schüchtern, es ist naiv und freundlich, liebevoll, aber es wird wissen, wie es den Panamakanal zurückgewinnen kann, den du uns gewaltsam genommen hast. Zweihundert Helden aus ganz Lateinamerika liegen in Bocas del Toro, dem heutigen Panama, dem früheren Kolumbien, die du ermordet hast.
Kolumbiens Präsident Petro in seiner Replik an Trump (die er später löschen sollte): https://www.newsweek.com/colombia-president-petro-responds-trump-tariffs-full-statement-2021072
Spiel-Satz Sieg
Politische linke Rhetorik und lateinamerikanische Theatralik gegen die USA sind das eine, wirtschaftliche Fakten aber sind dann immer noch das andere. Die USA sind der größte und wichtigste Handelspartner von Kolumbien und importieren rund 25% aller kolumbinanischen Exporte: Erdöl, Kaffee, Schnittblumen et cetera. Dazu kommt, dass unter Petro die eigene Wirtschaft jüngst etwas stagnierte und Petro – übrigens der erste linke Präsident des sonst konservativen Kolumbiens – nach 2 Jahren im Amt sehr unpopulär ist. Außerdem braucht Kolumbien die USA auch für ihren Krieg gegen Drogenkartelle und kriminelle Banden. Long Story Short: Kolumbien ist nicht in der Verfassung, hier gegen die USA zu pokern!
Nach einigen Stunden ruderte Kolumbiens Präsident Petro deshalb auch wieder zurück! Er löschte seinen wirren Brief auf „X“ wieder, welchen wir zuvor zitiert haben. Nun übernahmen die Politprofis in Washington: Petros Regierung habe sich bereit erklärt, die aus den USA abgeschobenen kolumbianischen Bürger aufzunehmen, verkündete das Weisse Haus noch am Sonntagabend. Präsident Petro habe zudem alle Bedingungen von US-Präsident Trump akzeptiert! Nach dieser peinlichen 180-Grad Kehrtwende argumentierte die kolumbianische Regierung dann etwas durchsichtig damit, immerhin die „Würde“ der Abgeschobenen garantieren zu wollen. Dafür werde der Präsident sogar sein eigenes Regierungsflugzeug in die USA schicken, als sozusagen schickere Transportmöglichkeit. Um den totalen Gesichtsverlust zu vermeiden, kommt nun also der kolumbianische Regierungsflieger als „VIP-Abschiebeflugzeug“.
Die USA wiederum erklärten, ihre Strafzölle nur auszusetzen und den Visastopp beizubehalten, bis die volle Kooperation Kolumbiens sichergestellt ist und die Flugzeuge mit illegalen Migranten auch landen durften. Die politische Symbolik Richtung Lateinamerika ist also sonnenklar: Mit den USA legt man sich nicht an! Internationales Recht ist einzuhalten und die eigenen Staatsbürger sind zurückzunehmen (!) , selbst wenn das lokalen Regierungen gerade wirtschaftlich nicht in den Kram passen mag.
Fazit
In ganz Lateinamerika wurde die Aktion Trumps und die Disziplinierung Petros aufmerksam verfolgt. Schließlich werden von der potentiellen Deportation von Millionen Migranten viele lateinamerikanische Länder betroffen sein. Rund 11 Millionen Illegale leben nämlich insgesamt in den USA, von denen die meisten Lateinamerikaner sind. Mit der Härte demonstriert Trump ein Durchgreifen seiner Regierung und signalisiert so den Illegalen, wie auch seinen Wählern, dass in der Frage der illegalen Migration endlich etwas getan wird. Zudem sorgt das auch in Lateinamerika für einen Abschreckungseffekt für illegale Migranten. Trumps Außenminister Marco Rubio fasst das Geschehene und damit die neue „Trump-Doktrin“ so zusammen:
„Präsident Trump hat klargemacht, dass unter seiner Regierung Amerika nicht länger belogen oder ausgenutzt werden wird.“
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/trump-usa-kolumbien-abschiebungen-100.html
Diese Vorgehensweise bietet sich auch als wichtige Lektion für die EU an, die sich wahnsinnig schwer dabei tut, ihre illegalen Migranten und abgelehnten Asylwerber abzuschieben. Auch in Afrika und Asien sperren sich, analog zu Kolumbien, einige Länder gegen Abschiebungen. Dagegen unternommen wird politisch von den Europäern aber augenscheinlich viel zu wenig! Lieber zückt Brüssel die Brieftasche und „kauft“ sich mit teuren Finanzhilfen die Zustimmung der lokalen Regierungen. Das erzielt zwar zeitweise den gewünschten Effekt, führt aber regelmäßig auch dazu, dass Regierungschefs wie Erdogan und Co. noch mehr europäisches Geld einfordern.
Die EU hat in der Türkei, aber auch in vielen Ländern Afrikas wirtschaftlich mindestens den Status, den die USA in Kolumbien innehaben. Ergo wäre es längst an der Zeit mit neuen politischen Instrumenten und entsprechendem wirtschaftlichen Druck hier mit seinen „Partnerländern“ bei Dissens in der Abschiebefrage härter zu interagieren. Wer seine eigenen kriminellen Staatsbürger nicht zurücknimmt, der muss solange wirtschaftlichen Druck spüren, bis eine Einigung erzielt ist.
Finanzielles
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Links & Quellen
https://www.newsweek.com/colombia-president-petro-responds-trump-tariffs-full-statement-2021072
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/trump-usa-kolumbien-abschiebungen-100.html