Acht gemeinsame Jahre – 2008 bis 2016 – prägten der 44. US-Präsident Barrack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die Weltbühne gemeinsam mit ihrer multilateralen Außenpolitik ! In diese Zeit fielen mehrere dramatische Events: Die weltweite Finanzkrise und die Staatsschuldenkrise in der EU; sowie die Annexion der Krim durch Putins Russland 2014; desweiteren der Bürgerkrieg in Syrien ab 2011 samt Flüchtlingswelle 2015/16; außerdem der Aufstieg Chinas zur rabiaten Großmacht unter Xi Jingping seit 2012; die Entstehung des Islamischen Staates im Zuge des syrischen Bürgerkriegs ab 2014 und infolgedessen eine Terrorwelle in Europa. Die EU wurde zudem auch durch den Brexit im Jahr 2016 erschüttert.
In diesem Artikel möchten wir uns mit der westlichen Außenpolitik in diesen Jahren beschäftigen, die naturgemäß von den entscheidenen Akteuren – US Präsident Obama, wie auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel – geprägt wurde. In Libyen spielten zudem auch die Franzosen und Briten eine wichtige Rolle in Form von Nicolas Sarkozy und David Cameron.
Die Gemeinsamkeiten
Beide Spitzenpolitiker – Barrack Obama wie Angela Merkel – eint ein technokratischer Regierungsstil aus dem (akademischen) Elfenbeinturm in Washington, respektive dem politischen Berlin. Sie teilen auch eine gewisse Ignoranz gegenüber demographischen und kulturellen Veränderungen im eigenen Land und des Unmutes im eigenen Volk darüber. Beide einigt daher auch das Aufkommen rechter Gegenströmungen, sei es nun die Teaparty und später der Trumpismus oder die deutsche AfD. Merkel wie Obama teilten eine außenpolitische Zurückhaltung gegenüber Autokraten wie Xi, Putin und Erdogan.
Vegleicht man ihr außenpolitisches Agieren, fällt eine generelle Naivität und gewisse Ignoranz gegenüber den zwei großen außenpolitischen Gegenspielern des Westens auf: Des politischen Islam bzw. des Islamismus sowie der Volksrepublik China!
Was vermutlich in beider Biographien begründet ist! Denn Merkel ist unter dem Kommunismus aufgewachsen und erst 1990 im Westen sozialisiert worden. Obama dagegen sieht – wie seine Bücher verraten – die Welt zutiefst durch seinen ethnischen Hintergrund. Es dominiert bei ihm ein ethnisches Prisma von Schwarz und Weiß und daraus resultiert seine politische Rolle als Vorbild und als Versöhnerfigur. Was freilich mehr über die ethnisch-obsessive US-Gesellschaft aussagt, als über Obama selbst vermutlich. Erschwerend kam dazu, dass Obama relativ unerfahren in die Politik kam (lediglich 2 Jahre Erfahrung im Senat vor seiner Kandidatur) und seine Rolle in der westlichen Weltpolitik erst finden musste. Unter anderem geleitet von unrealisitschen aber gut klingenden idealistischen Prismen.
Sein idealistischer Traum: Obama wollte aus den USA statt einem Anführer einen „Partner“ machen. Was für amerikakritische Europäer erstmal gut klingt, wenn man die Folgen dieser Politik ausblendet. Vom Supermachtstatus kann man nämlich nicht einfach zum „Partner“ herabsteigen, vor allem wenn man wie die USA in unzähligen Ländern militärisch und politisch engagiert ist. Dazu kommt das ein „Partner“ andere Partner (wie Deutschland) braucht, die dann Veranwortung übernehmen. Sodass sich nicht statt dem Westen die „geopolitischen Gangster“ im politischen Vakuum breit machen.
Der Umgang mit dem politischen Islam und dem Nahen Osten
Obama setzte einen außenpolitischen Akzent im ersten Halbjahr seiner Amtszeit im Juli 2009 mit einer viel beachteten Rede an die islamischen Welt in Kairo. Die Rede trug im Original den pathetischen Titel „A New Beginning“ und sollte einen Neubeginn der Beziehungen zur islamischen Welt beschwören. Schon davor hatte Obama im April 2009 zum türkischen Parlament gesprochen und den jordanischen König getroffen und Stimmung gemacht. Bei einem Treffen mit Israels Premier Netanyahu verlangte Obama dann als weiteres Zugeständnis, dass Israel keine militärischen Operationen gegen den Iran durchführen solle.
Die Rede „A New Beginning“ sehen sie hier im vollen Wortlaut:
Die politische Symbolik war – typisch amerikanisch – riesengroß: Ein christlicher Sohn eines muslimischen Vaters mit dem Zweitnahmen Hussein reicht der arabischen Welt die Hand. Was will man mehr? Denken sich westliche Liberale zumindest. Dazu grüßte Obama mit assalamu alaikum und zitierte fleißig aus dem Koran. Und er argumentierte sensibel mit Bezugnahme auf die islamische Geschichte, die einen Opfermythos hochhält. Rhetorisch ausgezeichnet, aber realpolitisch blieb vor allem Schall und Rauch:
I consider it part of my responsibility as president of the United States to fight against negative stereotypes of Islam wherever they appear
Obama in Kairo
Heute kann man sagen, dass seine Rede total verhallt ist, denn schlimme Gräuel an Christen im Nahen Osten wurden seither begangen. Viele Millionen wurden vertrieben, während die muslimische Intoleranz explodierte. Zudem dauern mehrere Bürgerkriege und zwischenstaatliche Konflikte seit vielen Jahren an. Dazu kommen gescheiterte Demokratisierungen und keine Fortschritte in der Israelfrage. Der Westen hatte bis heute durch den islamischen Terrorismus tausende Tote zu beklagen und Europa wurde das Ziel von dutzenden islamistischen Anschlägen. Von denen viele immerhin vor der Ausführung vereitelt werden konnten. Rund 2500-3000 amerikanische Soldaten sind alleine in Obamas Amtszeit im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus gefallen.
Und was lernen wir von Obama?
Der Nahostexperte Shadi Hamid spricht von einer Illusion Obamas die USA als harte Macht „mit der Mission für das Gute“ positionieren zu wollen. Dieses Ansinnen sei in 8 Jahren total an der Realpolitik gescheitert und die Zustimmungswerte zu den USA fielen in einigen arabischen Ländern sogar in Obamas Ära gegenüber denen von Bush 2008. Man könnte also durchaus schlussfolgern: Ohne Härte gibt es im Nahen Osten schlicht keinen Respekt! Auch seine Idee, sich politisch und militärisch weniger im Nahen Osten zu engagieren („leading from behind„), endete letztlich in mehr Problemen. Die schwelenden Konflikte dort haben in der Folge die liberale Weltordnung unterminiert und Europa wurde von Spillover-Effekten schwer getroffen.
Die Obama-Administration hat aber diesbezüglich offensichtlich wenig dazugelernt und ihre Haltung acht Jahre lang durchgezogen. Wie auch Merkel in Europa. Obamas selbstkritische und selbstbezogene Einstellung zum Islam(ismus) wird etwa in folgendem Zitat aus dem Jahre 2015 deutlich. In welchem er immer noch (!) – parallel zu den furchtbaren IS-Gräueltaten – vom radikalen politischen Islam zur westlichen Selbstgeiselung und zur Diskriminierung der Afroamerikaner eine rhetorische Brücke schlug:
„… And lest we get on our high horse and think this is unique to some other place, remember that during the Crusades and the Inquisition, people committed terrible deeds in the name of Christ. In our home country, slavery and Jim Crow all too often was justified in the name of Christ.“
O-Ton: Aber es gab doch vor 1000 Jahren die Kreuzzüge und früher Jim Crow. Springen wir Westler nur ja nicht auf unser hohes Ross: Waren wir denn nicht einst auch so schrecklich?
Fallbeispiel Libyen
Der Bürgerkrieg in Libyen begann mit dem Sturz von Langzeitdiktator Mummar Gaddafi im Oktober 2011 und einem alten Phänomen: Die deutsche Bundesregierung unter Merkel wollte wieder einmal keine militärische Verantwortung übernehmen: Nur ja keine deutschen Bomben, maximal Flugbetankungen waren möglich. Die deutsche Presse und die linke Opposition jubelten, während Frankreich und Großbritannien rasch und (wie sich zeigen sollte) planlos mit den USA militärisch eingriffen. Obama, Cameron und Sarkozy waren erpicht darauf ein Massaker Gaddafis an seiner rebellischen Zivilbevölkerung zu vermeiden, aber nur mit Flugzeugen und ohne Einfluss zu nehmen auf die essentiellen Entwicklungen am Boden. Im amerikanischen Slang gibt es dafür den wunderbaren Satz: „no boots on the ground„. Was bedeutet ohne Infanteristen am Boden zu intervenieren.
Nach dem Tod des Diktators infolge der westlichen Luftangriffe passierte dann was kommen musste: Libyen zerfiel ohne eine starke Ordnungsmacht in seine Stammesgebiete: Die etwa sechseinhalb Millionen Libyer verteilen sich auf rund 140 Stämme und Großfamilien. Das libysche Feudalsystem funktioniert nämlich vormodern auf der Grundlage von Stammesstrukturen und jeder Libyer ordnet sich zuerst seinem Clan und dann erst seinem Land zu. Innerhalb kürzester Zeit kam es zu Abrechnungen unter den Stämmen, zu Hinrichtungen von politischen Gegnern und zum Aufbau von Spannungen bis dann 2014 ein „heißer“ Bürgerkrieg begann.
Das Land wurde in dieser Zeit zum Ausgangshafen von hunderttausenden Flüchtlingen auf ihrem Weg nach Europa, die von skrupellosen Schleppern in kleine Boote gesetzt wurden. Wie einst an der nordafrikanischen Piratenküste galten nun auch im libyschen Bürgerkrieg Wildwestmethoden. Versklavung und Ausbeutung von afrikanischen Migranten inklusive. Jeder Clan und jede Stadt maximierte ihren Nutzen auf Kosten aller Nachbarn und sie schleusten entweder Drogen und Migranten nach Europa oder beteiligten sich an Kämpfen um die Rohölressourcen. Politisch schadete Obama später (wie auch seiner Außenministerin Hillary Clinton) die Benghazi-Affäre immens, als Terroristen den libyschen US-Botschafter 2012 ermordeten.
Die verfahrene Situation Libyen 2020
In Libyen stehen sich nun also schon seit Jahren zwei Fraktionen gegenüber: General Haftars Libysche Nationale Armee mit dem libyschen Parlament (mittlerweile nach Tobruk geflüchtet) versus der anerkannten libyschen Übergangsregierung unter Fayiz as-Sarradsch. Also Parlament plus Warlord auf einer und anerkannte Regierung plus Stammesmilizen auf der anderen Seite. Der Westen ist ebenso gespalten: Italien finanziert die westlichen Stammesmilizen hinter Sarradsch, Frankreich hilft General Haftar. Der General wird auch von Ägypten, Russland, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Hinter Sarradsch stehen die üblichen islamistischen Förderer: die Türkei und das Emirat Katar. Dabei geht es auch um das reichlich vorhandene Ölgeld! Die Türkei bekam für ihre Soldaten und syrische Söldner angeblich Milliarden von der Sarradsch-Regierung überwiesen, als diese militärisch mit dem Rücken zur Wand stand.
Anfang 2020 ist eine weitere Friedensinitiative Merkels krachend gescheitert: General Haftars Offensive stand in den Vororten von Tripolis und westliche Bemühungen über einen Waffenstillstand schlugen fehl. Grund war das militärische Engagement der Türkei Erdogans, die der in Bedrägnis geraten „Regierungsfraktion“ in Tripolis türkische Hilfe sandte. Dieses Engagement wendete das militärische Blatt und nur die Drohung einer ägyptischen Invasion führte zu einem Waffenstillstand im Sommer 2020. Nachdem Haftars Truppen wieder in den Osten und Süden Libyens zurückgeschlagen worden waren.
Afghanistan
Außenpolitische Entscheidungen für die Präsident Obama wie auch Kanzlerin Merkel natürlich wenig können sind die andauernden ewigen Kriege im Irak (ab 2003) und Afghanistan (ab 2001). Beide haben die Kriege von ihren Vorgängern Bush/Schröder geerbt, wobei Deutschland im Irak natürlich nicht militärisch engagiert war. Sie mussten mit diesen Kriegen also zurecht kommen, die nur sehr schwer gut gemanaget werden konnten. Während der Afghanistankrieg durch 9/11 wohl mehr als gerechtfertigt war, hat sich der irakische Treibsand wohl als eines der größten politischen und militärischen Versagen der Amerikaner bis dato entpuppt.
Afghanistan ist dabei schon historisch ein militärisches Fass ohne Boden und hat nicht umsonst den Spitznamen Friedhof der Großmächte: Sture, vormoderne untereinander verfeindete Gebirgsvölker, radikaler Glaube und eine unmögliche Topographie treffen hier aufeinander. Schon Theodor Fontane dichtete 1857 im Zuge der Anglo-Afghanischen Kriege über die britische Invasion in seinem Trauerspiel von Afghanistan:
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.
Ein gebirgiges Land von der Größe Westeuropas mit 35 Millionen Einwohnern und einer vormodernen Stammeskultur lässt sich einfach nur sehr schwer befrieden. Gleichzeitig kann man den Taliban dort aber auch nicht erlauben erneut ein Heimathafen für Terroristen zu werden und den lokalen Islamisten ermöglichen die Nuklearmacht Pakistan weiter zu destabilisieren. Es gibt also gute Gründe das westliche Engagnment fortzusetzen.
Nicht umsonst blieben westliche Truppen in kleiner Zahl bis heute im Land, um die Übergangsregierung zu stützen. Das der Krieg dort aber eigentlich nicht zu gewinnen ist, das erklärte intern das US-Sondergeneralinspektorat für Afghanistan (SIGAR) schon vor Jahren. Im Dezember 2019 veröffentlichte dies die Washington Post in ihren „Afghanistan Papers„. In Katar führt deshalb der US-Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad seit vielen Monaten Friedensgespräche mit den Taliban und ein finaler Abzug der Alliierten soll bis September 2021 erfolgen.
Der verfrühte Abzug Obamas aus dem Irak
In Obamas Verantwortung fällt allerdings der (verfrühte) Abzug der Amerikaner aus dem Irak, der den Aufstieg des IS ermöglichte. Anders als in Afghanistan gab es im Irak nämlich eine Ordnungsmacht in Form der schiitischen Bevölkerungsmehrheit (plus Strippenzieher im Iran), die in der Lage war das Land zu regieren. Wie in Afghanistan gab es aber auch hier renitente Bevölkerungsgruppen, die nur wenig Lust auf neue Machtverhältnisse hatten: Die arabischen Sunniten. Sie hatten schon gegen die US-Truppen einen Aufstand gestartet und stemmten sich nun auch gegen die schiitisch dominierte Regierung. Sie hatten einst unter Saddam die Sicherheitskräfte dominiert und geholfen die schiitische Mehrheit zu unterdrücken. Nun aber waren die Unterdrücker eine marginalisierte verärgerte Minderheit.
Präsident Obama ließ die amerikanischen Truppen schließlich 2011 aus dem Irak abziehen, was vor den Präsidentschaftswahlen 2012 in den USA eine sehr populäre Entscheidung war. Vor allem nach hunderten Milliarden Dollar an Kosten und tausenden gefallenen GIs. Schon damals äußerten allerdings viele Experten Bedenken, da al-Quaeda im Land noch nicht besiegt war. Auch republikanische Senatoren und die Mehrheit der republikanischen Wähler waren gegen den Abzug. Der Irakanalyst Sowell kritisierte, das Obama dem irakischen Premier Maliki damals eine kleine US-Präsenz hätte aufzwingen müssen. Dies geschah nicht mit einem Verweis auf die mangelnde Zustimmung des irakischen Parlaments – Obama versteckte sich hinter Good Governance.
Seit 2006 existierte aber bereits im Irak die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ – als eine von vielen sunnitischen Extremistenorganisationen – wie folgendes Foto dokumentiert:
Obama folgte mit seinem Truppenabzug einem Plan seines Vorgängers und dem Willen von Irakern wie Amerikanern. In Retrospektive wäre aber eine militärische Rückversicherung notwendig gewesen. Der Irak bezahlte einen hohen Preis: Das Land verlor rund 70.000 Zivilisten und 30.000 Soldaten im Krieg gegen den IS.
Der Islamische Staat aka ISIS
Der „Islamische Staat“ aka IS aka ISIS ist ein Produkt des islamischen Dschihadismuses im Irak und ein Projekt ehemaliger Sicherheitsleute von Saddam Hussein, die im neuen Irak nicht mehr gebraucht wurden. Schon vor seiner „Staatswerdung“ tötete die Gruppe aus dem Verborgenen in zahlreichen Terroranschlägen tausende Menschen im Irak und Syrien. Alleine 2007 waren es um die 2000 Tote, die Anschlägen des IS zum Opfer fielen.
Der Aufstieg der Terrorgruppe gelang dank des Bürgerkriegs in Syrien und der Erosion der irakischen Armee nach dem Abzug der Amerikaner. Disziplin und Moral schwanden, Korruption nahm überhand und die militärische Infrastruktur verfiel. Gleichzeitig verärgerte die schiitische Regierung die sunnitische Minderheit, indem sie diese weniger finanziell untersützte. Das alles schuf dann einen perfekten Sturm. Als der IS mit Kampferfahrung aus Syrien nach Mossul marschierte fiel die Millionenstadt schon nach kurzem Kampf an den IS.
Die Gegenmaßnahmen der Obama-Administration griffen relativ spät, weshalb erst unter Obamas Nachfolger Trump der IS in seiner territorialen Form besiegt wurde. Die zwei wichtigsten Städte des IS – Mossul und Rakka – fielen erst unter Trumps Kommando. Zu lange existierte der IS in großen Gebieten im Irak und in Syrien und motivierte damit 10.000ende Islamisten in ihrer Radikalisierung, darunter tausende aus dem Westen. Terrorkalif Abu Bakr al-Baghdadi wurde im Oktober 2019 liquidiert. Obamas Vorarbeit hat dies freilich ermöglicht: Am 15. Juni 2014 startete die Operation Inherent Resolve, die bis dato immer noch andauert.
Unter Obamas Präsidentschaft wurde direkt unter amerikanischen Augen das größte Terrorkalifat aller Zeiten möglich. Dieses konnte die Welt in Atem halten und sich viele Monate lang über ein Gebiet der Größe Englands ausdehnen und dabei tausende Jihadisten weltweit zu Krieg und Terror inspirieren!
Der Bürgerkrieg in Syrien
Die große Flüchtlingswelle 2015/2016 hatte sich schon lange angekündigt. Seit 2011 wütete der syrische Bürgerkrieg, in dem mehrere Fraktionen versuchen das Assadregime zu stürzen. Neben der so genannten „Freien Syrischen Armee“ gab es zahlreiche islamistische Gruppen, Warlords, die Kurden und Milizen die aus dem arabischen Raum oder der Türkei unterstützte wurden. Der Westen finanzierte dabei halbherzig moderate, aber doch äußerst fragwürdige Milizen, die immer mehr ins Islamistische abglitten. Rasche Verschmelzungen und Trennungen von Gruppen sorgten dafür das Außenstehende die Übersicht verloren. Das westliche Engagement war demensprechend unmotivitiert – mittlerweile hatte man ja aus den Fehlern Afghanistans etwas gelernt. Millionen Syrer wurden im Land vertrieben und „rote Linien“ Obamas waren mittlerweile verstrichen. Im August 2012 verkündete Obama etwa folgende berühmt gewordene Warnung („red line“) an das Assad-Regime in Damaskus:
We have been very clear to the Assad regime, that a red line for us is we start seeing a whole bunch of chemical weapons moving around or being utilized. That would change my calculus.
President Obama, August 2012
Und als das syrische Regime dann Chemiewaffen einsetzte, um rebellische Vororte von Damaskus auszuräuchern geschah nichts. Keine westliche Reaktion. Keine Bestrafung für den Giftgaseinsatz gegen die eigene syrische Bevölkerung. Während die Trump Administration 2017 Flughäfen und Kriegsgerät nach einem Gasangriff zerstören ließ, blieb die Obama Administration 2013 bei Worten der Verurteilung. Man baute vielmehr auf Putins Versprechen, dass die Russen helfen würden, die Giftgasarsenale Assads zu entschärfen.
Dabei gab es einige Möglichkeiten: Einige Golfstaaten hätten gerne gegen den schiitischen Assad interveniert und die Kurden waren – wie wir vom Kampf gegen den IS wissen – ebenfalls bereit „boots on the ground“ zu stellen. Zumindest das Libyen-Szenario einer reinen Luftoffensive gegen Stellungen, Fabriken und Paläste Assads hätte man zur Strafe durchziehen können. Aber man tat lieber nichts und sendete damit ein deutliches Signal in alle Welt.
Wie Merkels außenpolitisches Zaudern sich auf die Obama Administration überträgt
Wie Merkel bei den Überlegungen vor dem Vergeltungsangriff eingebunden wurde zeigt ein Kommentar des engen Obama Beraters Ben Rhodes:
Obama’s next call was to Angela Merkel. There was no foreign leader he admired more. Like him, she was a pragmatist, driven by facts, dedicated to international order, deliberate in her decision-making. I’d seen them sit together, sometimes for hours, with notepads in front of them, designing strategies that could keep the global economy crawling forward, or hold Afghanistan together. Now I sat in the Oval Office listening to Obama ask for her support for military action.
Ben Rhodes: https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/06/inside-the-white-house-during-the-syrian-red-line-crisis/561887/
Spoiler Alert: Merkel riet ihm vorerst ab und drängt auf UNO-Ermittlungsergebnisse zu warten. Und größere Koalitionen zu schmieden. Was Wochen dauern sollte. Zeit um einen blutrünstigen Autokraten in die Schranken zu weisen verstrich. Sein Verhalten blieb ohne Konsequenzen. Ben Rhodes erinnert sich an Merkels Worte:
She (Merkel) said she wanted to use the time to build agreement among the European countries. Then, she said, we have a situation where you are not exposed to vague allegations. This is what I say as a friend. He (Obama) hung up the phone. It was the first time I (Ben Rhodes) saw him look uneasy about acting in Syria. He asked those of us in the room for our opinion on the timing for military action.
Ben Rhodes: https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/06/inside-the-white-house-during-the-syrian-red-line-crisis/561887/
Schließlich verlor Premier Cameron eine Abstimmung im britischen Parlament zum Thema Militärhilfe in Syrien, was eine parlamentarische Retourkutsche für vergangene Desaster im Irak war. Währenddessen die Obama-Administration selbst zurückhaltend agierte, da sie Vorbild in der Good Governance sein wollte und nicht ohne Authorisierung des oppositionell dominierten Kongresses losschlagen wollte. Diese kam freilich nie und deshalb unternahm man letztlich nichts gegen Assad: Der Westen war paralysiert und das Morden und die Vertreibungen in Syrien gingen weiter.
Die Flüchtlingskrise
Das ganze Versagen in Syrien kulmierte dann 2015/16 in der großen Flüchtlingskrise. Der Islamische Staat war mittlerweile höchst aktiv und die Situation in der Region wurde immer verworener. Weshalb sich bis zu zwei Millionen+ Menschen entschieden illegal Richtung Westen auszuwandern. Diese stammten nicht nur aus syrischen Flüchtlingslagern, sondern kamen von aus vielen verschiedenen Orten. Mit der geballten Kraft einer menschlichen Welle, wollten sie ein besseres Leben im Westen erzwingen. Nicht einmal ein Drittel der Flüchtlinge waren 2015 Syrer, was die Sogkraft der Politik der offenen Grenzen demonstriert. Obama’s Politikmaxime des „leading from behind“ geriet hier an ihre Grenzen. Wie auch ebenso das vergebene Warten der Europäer auf die Krisenfeuerwehr Washington. Was fiel Kanzlerin Merkel dazu ein? Ihr berühmter Satz ging um die Welt von Smartphone zu Smartphone:
Wir haben so vieles geschafft: Wir schaffen das.
Angela Merkel am 31. August 2015
Um dann später noch einmal nachzuschärfen: Dann ist das nicht mehr mein Land‘ – wenn wir das nicht schaffen. Die Flüchtlinge hörten den Satz und anstelle Großbritanniens und Frankreichs wurden auf einmal Deutschland und Österreich von „Refugees“ überrannt. Alle Berichte zeigen dies klar. Dazu kommt: Alle europäischen Spitzenpolitiker waren vorgewarnt! Denn schon seit 2014 explodierten die Zahlen ankommender Flüchtlinge. Wie auch – glaubt man Insiderberichten – Bundeskanzler Faymanns Temparament 2015, als er in den Monaten zuvor permanent vor der Gefahr gewarnt wurde, es aber nicht wissen wollte.
In der Krise versagte der Außengrenzschutz der EU, die gegenseitige Solidarität der Mitgliedsstaaten, die Vorbereitungen der (vorgewarnten) Spitzenpolitiker und auch der Common Sense von Medien wie einiger „Willkommensklatschern“, die ohne jede Ahnung und voller Emotion etwa kosovarischen und mazedonischen „Flüchtlingen“ am Bahnhof zujubelten (von denen ein Großteil wieder heimkehren musste). Ein großer Teil der Flüchtlinge waren Wirtschaftsmigranten aus der Mittelschicht ihrer Heimatländer. Ein Faktum welches die Mainstreammedien in der heißen Phase nicht ansprachen.
Krim und die Ostukraine
Im Februar 2014 wurde nach einem Proteststurm der ukrainische Präsident Janukowitsch gestürzt und musste aus dem Land fliehen. Das war nach 2004 bereits die zweite pro-demokratischee und prowestliche Revolution im Land. Russand nützte in der Folge die politische Instabilität – Janukowitsch war ein russlandfreundlicher gewählter Präsident – um die mehrheitlich russisch bewohnte Halbinsel Krim zu annektieren. Diese Maßnahme Russlands demonstriert aber eher die eigene Schwäche als neu gewonnene Stärke.
Freilich hat Russland seine Grenzen nachhaltig um ein von mehrheitlich ethnischen Russen bewohntes Gebiet erweitert, aber dafür das 40 Millionen starke ukrainische „Brudervolk“ verloren. Da sind 2 Millionen Bürger auf der Krim, dem ärmsten Distrikt der Ukraine, wohl nur ein Trostpreis. Ähnliches zeigt der Krieg in der Ostukraine: Wenn Russland in der Ukraine nur mehr als Besatzer eine politische Rolle spielen kann, dann hat es wohl keine Softpower mehr. Der Westen muss also die Ukraine direkt oder indirekt so umgepolt haben, sodass Russland nicht mehr viel Handlungsspielraum übrig blieb. Und da liegt der Clou: Hätte man durch bessere Politik die feindliche Annexion eines Territoriums in Europa vielleicht verhindern können?
Die Obama Administration wollte die Lage in der Ukraine 2014 für sich natürlich politisch nützen. Die BBC hat zum Thema geleakte Telefongespräche von Victoria Nuland publiziert (siehe Links), die zeigen das im Zuge der Revolution amerikanische Einflüsse auf die Regierungsbildung stattfanden. Überbewerten sollte man das Ganze aber wohl nicht. In erster Linie wollte das ukrainische Volk seinen korrupten Machthaber loswerden, wie es schon bei der Orange Revolution 2004 der Fall war. Das amerikanische politische Versagen liegt darin, dass man in der Folge außenpolitisch Putins Maneuvern auf der Krim bis zur Annexion, sowie in der Ostukraine relativ wenig entgegenzusetzen hatte. Schmerzhafte Sanktionen wurden zwar verhängt, der Konflikt dann aber ganz nach russischem Vorbild in Georgien und Moldawien eingefroren.
Merkels Einfluss auf die Kämpfe in der Ostukraine
Auf die Kappe Merkels geht ihr Lobbyismus bei Obama der Ukraine in ihrer höchsten Not keine Waffen zu verkaufen. Waffen mit denen sich das Land in der Ostukraine gegen die russischen Invasoren hätte besser verteidigen können. Diese Aktion hält ihr der designierte US-Präsident Biden in seinen Memoiren vor! Und das war – die Stationierung von NATO-Soldaten war keine Option – die wohl einzige Chance „harte Maßnahmen“ am Boden zu setzen. Was in einem teureren Engangement Russlands geendet hätte. Dazu kommt, dass die EU mit einem Anteil an Russlands Außenhandel von rund 50 Prozent 2014 einen ungleich größeren wirtschaftlichen Hebel als die Amerikaner hatten. Merkel hätte also entschieden gegen Putin aufstehen können! Politisches Format und persönlichen Zugang hatte sie dazu, wie auch die europäische Wirtschaftskraft hinter sich. Stattdessen gab es von ihr Zauderei, Appeasement und Beschwichtigung.
Die „Heimkehr der Krim zu Mütterchen Russland“ ist dabei wahrscheinlich für viele Europäer die Wiederherstellung einer historischen Gerechtigkeit. Russen die zu Russland wollten. Selbstbestimmungsrecht der Völker. Nichts verwerfliches letztlich. Wie es auch im Kosovo geschah, der mit Gewalt aus Serbien herausgelöst wurde. Denn problematisch dabei ist aber die Schaffung eines politischen Präzedenzfalles! Man kann heute Territorium annektieren und damit als Autokrat durchkommen. Die Türkei besetzt heute syrisches Gebiet, Aserbaidschan eroberte armenisch besiedelte Gebiete zurück und allerlei Länder haben sich auf außenpolitische militärische Abenteuer von Libyen bis Jemen eingelassen.
Obamas Appeasement mit China
Schon zu Beginn seiner Amtszeit sagte Obama als erster US-Präsident seit langem ein Treffen mit dem Dalai Lama ab! Als großzügige Geste da eine China Visite bei Präsident Hu Jintao bevorstand. Seit Präsident George Bush Senior 1988 hatte jeder US-Präsident den Dalai Lama empfangen. Nun aber wollte Obama durch seine Absage bzw. eine Verschiebung (es wurde 2011) in Peking guten Eindruck machen. Er berief zudem zwei chinesische Amerikaner in Toppositionen. Die Obama Administration signalisierte China also Freundschaft und enge Kooperationsbereitschaft und man wollte an Bushs Chinapolitik anknüpfen, der zuletzt freundlich agiert hatte, weil seine Aufmerksamkeit dem Kampf gegen den Terror galt.
Die Chinesen sahen die Reden von Obama-Regierungsmitgliedern aber nicht als Ermunterung sondern als Zeichen der Schwäche. Statt diplomatisch zu antworten, gingen Pekings Propagandaorgane in eine Gegenoffensive, wie folgendes Zitat aus der renommierten Washington Post zeigt:
The Chinese saw the olive branches as a sign of weakness. “Strategic Reassurance? Yes, Please!” went the headline in the People’s Daily. The United States should reassure China, it said, by ending all arms sales to Taiwan and all military surveillance activities off China’s coast.
https://www.washingtonpost.com/graphics/national/obama-legacy/relations-with-china.html
Bei seinem ersten China-Besuch im ersten Amtsjahr (Novum!) erhielt Obama die schäbigste Behandlung eines US-Präsidenten in China aller Zeiten. Seine Aussagen wurden in China zensuriert und Treffen mit Dissidenten untersagt. Eine kritische Debatte fand nicht statt. Chinas Ansprüche auf das südchinesische Meer wurden aggressiv vorgetragen und Nachbarländer bedroht. Kurz gesagt ein klarer Affront Obamas! Kein Vergleich zur Hofierung Trumps 2017. Es war so peinlich, dass die Satiriker von SNL in den USA über den Schuldnertripp Obamas zu seinen kommunistischen Kreditgebern spotteten. Dazu kam das China gar keine Anstalten machte die aggressive Cyberspionage gegenüber dem Westen zu beenden. Oder unfaire Wettbewerbshindernisse auszuräumen und den staatlichen Einfluss auf seine Wirtschaft zum Nachteil westlicher Unternehmen zu reduzieren.
Die Chinapolitik der Obama Administration
Die berühmte Hinwendung der Obama Administration nach Asien, der „pivot to Asia“, war dann ein Ergebnis dieser eigenen Fehleinschätzungen. Und der peinlichen Vorführungen durch die Chinesen. Man begann einen Neustart mit erneut hochtrabender Hoffnungen, die Ergebnisse blieben aber – soviel darf verraten werden – eher bescheiden. Chinas Machthaber waren von der Hinwendung nach Asien wenig beeindruckt und verhärteten ihre aggressive außenpolitische Position stattdessen. Eine chinesische Politik permanenter Nadelstiche setzt auf die Erosion amerikanischer Macht. Die in Beton gegossenen Stützpunkte im umstrittenen südchinesischen Meer waren eine Ohrfeige für Obama, wie ein warnendes Signal an die Nachbarstaaten Chinas in der Region. Obamas Kritik an Chinas völkerrechtswidriger Ausdehnung blieb Rhetorik, wie seine Versuche die Behinderung westlicher Unternehmen zu beenden. Das Handelsabkommen TPP ist letztlich auch gescheitert, woraus Kurt Campbell (Teil der Obama-Administration) schlussfolgert, dass Obamas Asienpolitik gescheitert ist.
Mit dem Ende seiner Amtszeit wurden dann auch die Töne etwas – auf „weiche Obama Art“ – härter: in einem New York Times Interview im August 2014 warf Obama China „Freeriding“ vor:
China’s unwillingness to shoulder responsibility had allowed it “to secure the benefits of the global trading system with none of the responsibilities.”
Präsident Obama in der New York Times, zitiert nach: https://www.washingtonpost.com/graphics/national/obama-legacy/relations-with-china.html
Obamas schlechte Behandlung durch China endete nicht 2009: Noch 2016 „fanden die Chinesen am Flughafen keine passende Gangway„. Obama musst deshalb fern von Kameras den „Hinterausgang“ der Airforce 1 nehmen und wurde nur von einem niederrangigen Empfangskomittee der Chinesen am Flughafen in Empfang genommen. Analysten sprachen von einer weiteren „symbolischen Demütigung“ des amerikanischen Präsidenten.
Merkels Chinapolitik
Anders als Obama bekam die deutsche Kanzlerin Merkel lange Zeit mehr persönliche Wertschätzung von Seiten der chinesischen Machthaber. Gemeinsame Regierungskonferenzen auf höchster Ebene inklusive, bei welchen Merkel wie Xi eine gute politische gegenseitige Stimmung inszenierten. Wiewohl gleichzeitig deutsche Unternehmen unter Plagiaten und Ideendiebstahl litten und Probleme mit dem freien Marktzugang in China hatten. Aber der rote Teppich der Kommunistischen Partei Chinas blieb ausgerollt für Deutschland, während andere westliche Länder strikt krisiert wurden und Deutschland hier Solidarität gerne vermissen lies. Es ging ja unter anderem schließlich um die Exporte der deutschen Autoindustrie.
Das änderte sich erst, als die anderen Europäer und die Amerikaner Druck auf Merkel ausübten. Dabei hilft Xi Jingpings „China First“ Strategie, die weitere internationale Öffnungsschritte nun auslässt. Da wacht dann sogar die Merkel-Regierung auf. Die Zahl deutscher Firmen die gute Geschäfte in China machen sinkt, während die Beschwerden steigen. Deutschland muss also wie die USA seinen Kurs korrigieren. Das kommt aber in aller Drastigkeit erst nach Merkels politischem Ausscheiden. Was wohl zeigt, dass sie bereits zu lange im Amt ist und sich den neuen geopolitischen Gegebenheiten nicht mehr ausreichend anpassen will.
Was blieb vom popkulturellen Obama-Hype ?
Im Westen bei weiten Bevölkerungskreisen bleibt wohl die Rolle eines sanften Moderators und die eines exzellenten Rhetorikers. Und jene des „guten“ Präsidenten vor dem „bösen“ Nachfolger Donald Trump. Ein Beispiel für den bewusst popkulturell kreierten Obama-Hype ist sein Auftritt mit Merkel am Brandenburger Tor in Berlin 2013:
Ein Auftritt an einem höchst historischen Ort auf den Spuren Kennedys und Reagans, wo Obama sehr salbungsvolle Worte fand und seine deutschen Zuhörer umschmeichelte! Liest man seine 2020 erschienene Biographie lernt man, dass Obama schon früher im Wahlkampf hier auftreten wollte, aber damals von Merkel ausgebremst wurde.
Sein ehemaliger Vizepräsident, der aktuelle amtierende US-Präsident Joe Biden, schlägt aufgrund seiner Erfahrungen in der Obama Administration selbst mittlerweile ganz andere Töne an. Bidens Außenpolitik und seine politische Rhetorik sind deshalb signifikant unterschiedlich zur hoffnungsvollen Message der Obama Administration: https://www.dermaerz.at/westlessness-biden-merkel-co-zur-zukunft-des-westens/ Biden hat offenbar von den Fehlern und dem Versagen der Obama-Administration gelernt und hat mittlerweile selbst leaken lassen, dass er in vielen Fragen damals Obama zu einer anderen Vorgehensweise geraten hatte.
Die Berliner haben damals also einem Mann und seiner außenpolitischen Agenda zugejubelt, die Deutschland (und Europa) später teuer zu stehen gekommen ist. Denn mehr noch als viele seiner Vorgänger hat Obama Europa und den Nahen Osten stark geprägt und zwar durch seine Inaktivität. Beide Regionen sind heute instabiler und unruhiger als zu Beginn seiner Amtszeit. Millionen an Flüchtlingen erreichten die EU und sorgten hier seitdem für Milliardenkosten und Integrationsprobleme wie auch für Überfremdungsängste.
Fazit
Wenn man also eines von den Obama/Merkel Jahren gelernt hat, dann folgendes: Rhetorik ist nett sie zu haben, aber oft wirkungslos wenn es um Realpolitik geht. Realpolitik im Nahen Osten und im südchinesischen Meer bedeutet militärische Präsenz und den Willen zum Einsatz von Soldaten. In Libyen hätte die Stationierung von ein paar tausende internationalen Friedenstruppen in Kombination mit wichtigen Allianzen mit Stammesführern wohl bis 2014 ausgereicht, um das Land zu stabilisieren. Weil man dies verabsäumte man zahlt nun mit der Flüchtlings-Mittelmeerroute einen hohen Preis dafür. Auch in Syrien hätte man früher „Safe Zones“ für Flüchtlinge wie in Bosnien errichten müssen.
Denn Politik ist immer eine Frage von Optik und Perzeption: Obama wurde zurecht vielerorts als konfliktscheuer außenpolitisch schwacher Präsident gesehen und dementsprechend behandelt. Amerikas weltweiter Einfluss sank in seiner Amtszeit. Der philippinische Präsident Duterte wagte es gar Obama als Hurensohn zu bezeichnen – woraufhin der Obama Administration nicht mehr einfiel als ein geplantes Gespräch mit ihm abzusagen.
China und die Türkei haben die letzten Jahre genutzt um außerhalb ihrer Grenzen massiv Militärbasen zu bauen und sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Das westliche politische Vakuum im östlichen Mittelmeer ist mittlerweile eklatant. Denn westliche Länder wie Griechenland und Japan sind mit ständigen Verletzungen ihres Luft und Seeraums durch ihre Nachbarn Türkei bzw. China konfrontiert.
Die außenpolitische Führungsrolle lag in diesem Zeitraum beim Duo Obama und Merkel: Sie tragen also zweifelsohne eine Mitverantwortung, wenn nicht DIE Hauptverantwortung für das entstandene außenpolitische Vakuum. Mögen sich die Amerikaner unter Präsident Bush Junior in die dümmsten Konflikte hineinmaneurvriert haben, so fanden sie unter Präsident Obama den schlechtesten Weg hinaus. Militärische Präsenz als Stabilitätsgarant fehlte im Irak und in Libyen als es kritisch wurde. Wir alle zahlen den Preis für diese Zurückhaltung in Form von Instabilität, Culture Clash und Flüchtlingsströmen.
Links & Quellen
Ein verheißenes Land: Mit 32 Seiten Farbbildteil Merkel: Eine kritische Bilanz Barack Obama und die Macht der Wortehttps://www.theatlantic.com/ideas/archive/2019/12/what-the-afghanistan-papers-revealed/603721/
https://www.washingtonpost.com/graphics/national/obama-legacy/relations-with-china.html
https://www.welt.de/politik/ausland/article157978286/Barack-Obamas-grosses-Versagen-in-Asien.html
https://www.bbc.com/news/world-europe-26079957
https://www.welt.de/politik/ausland/article13559204/Libyens-Problem-sind-die-maechtigen-Staemme.html
https://www.derstandard.at/story/2000112626531/afghanistan-bleibt-der-friedhof-der-grossmaechte
https://edition.cnn.com/2017/04/07/politics/obama-syria-airstrikes-trump/index.html
https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/publications/ia/INTA92_1_05_Krieg.pdf
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