Zwei Drittel der Amtszeit von Bundespräsident Alexander Van der Bellen sind vorbei, womit es sich lohnt einen Blick zurück zu werfen. Genug Zeit ist verstrichen um ein erstes Resümee über seine Amtsführung zu ziehen. Vor allem auch da schon die Stimmen von linker Seite laut werden, die seine Wiederwahl fordern. Erst im Januar 2021 mischte sich der Bundespräsident wieder in politisch zuvor ungekanntem Ausmaß nun schon zum wiederholten Maße in die Innenpolitik mit Statements und Videos ein und forderte entgegen allen österreichischen Gerichten eine Anerkennung eines Asylstatuses der rechtlich eben keiner war. Er widersprach damit nicht nur der Mehrheit der Österreicher und der politischen Konvention des Bundespräsidenten, sondern auch der geltenden Rechtslage und der vom Volk mehrheitlich gewünschten Asylpolitik.
Bei seiner Wahl profitierte Van der Bellen einst, wie übrigens auch Frankreichs Präsident Macron, von einer Zersplitterung des mehrheitlich bürgerlichen Lagers. Als die Kandidaten Kohl und Griss ihren (wert-) konservativen Stimmen so untereinander aufteilten, dass beide unter den lediglich 20 Prozent Van der Bellens blieben. Eine Situation die letztlich eine Stichwahl zwischen Kandidaten von Linksliberal versus Nationalkonservativ herbeiführte. Nur so waren beide Kandidaten (van der Bellen; Macron) dann in der Lage in strukturell bürgerlichen Ländern eine Mehrheit trotz ihrer linken politischen Einstellungen zu erzielen. Gegen eine Irmgard Griss oder sogar gegen einen Rudolf Hundstorfer hätte sich ein Van der Bellen vermutlich in der Stichwahl niemals durchgesetzt. Gegen den Gegenkandidaten Hofer half dann eine Kombi aus millionenschweren Mobilisierungen, eine landesweite Negativkampagne, die politische Selbstknebelung seiner grünen Partei (infolge derer unter anderem die Grünen kurz darauf aus dem Nationalrat flogen) und ein paar ungeschichte Aussagen seines Gegners (aka „Wir werden uns wundern“).
Die Wahl zum Bundespräsidenten
Die erste Stichwahl gewann Van der Bellen dann auch nur knapp mit 50,35 zu 49,65 Prozent gegen seinen FPÖ-Konkurrenten Norbert Hofer. Auch weil das liberale Österreich für ihn alle möglichen medialen und politischen Geschütze aufgefahren hatte. In den Umfragen im eher konservativen Österreicher war Hofer vor der Wahl nämlich meistens vorne gelegen. Deshalb wurden alle politischen Regiser gezogen. Ein Propaganda-Video, in dem eine 90-jährige die Nazi-Zeit durch Hofer wiederaufleben sah, erreichte etwa über 1,2 Millionen Klicks und berührte die Gemüter. Die Kindheitstraumata von Frau Gertrude Pressbaumer wurden vor der Wahl von ihren Angehörigen und der Van-der-Bellen Kampagne medial bestens plaziert:
Ohne das „Nazi-Holocaust-Video“ von „Frau Gertrude“ und eine beispiellose Medienkampagne fast aller österreichischen Prominenten gegen Hofer, wäre die Wahl Van der Bellens sich also wahrscheinlich nicht ausgegangen. Eine Mehrheit der authochthonen Österreicher dürfte Van der Bellen letztlich aber trotz allem nicht gewählt haben, wenn wir uns die Ergebnisse genauer ansehen. Van der Bellen gewann im ersten Wahlgang nur 4 Bundesländer und nur zwei davon klar (Wien, Vorarlberg). Und das sind genau jene Bundesländer bzw. Bezirke mit dem höchsten Anteil an Wählern mit Migrationshintergrund.
Dann wurde die Wahl nach Einspruch der FPÖ aufgrund von Schlampereien bei der Auszählung angefochten. Dem gab der Verfassungsgerichtshof später statt und forderte eine Wiederholung der Wahl. Der neue Wahltermin wurde, aufgrund fehlerhafter Briefkuverts, dann noch einmal vom 2. Oktober 2016 auf den 4. Dezember 2016 verschoben. Bei der Wiederholung (mittlerweile Teil III) bekam die FPÖ dann aber die Rechnung für 1 Jahr Wahlkampf und ihre Anfechtung der Wahl präsentiert: Van der Bellen gewann nun klar mit 53,7 zu 46,3 Prozent. Der Wähler gutierte die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes nicht und statuierte an Hofer dafür ein Exempel.
Regionalchauvinismus zieht auch links der Mitte: Der Kaunertaler
Van der Bellen gewann die erste (aufgehobene) Stichwahl mit rund 31.000 Stimmen Vorsprung, was bedeutet, das 15.501 Wähler hier den Ausschlag gaben. Ein äußerst knappes Ergebnis. Dabei wird eines deutlich: Van der Bellens permanente Betonung seiner Kindheit im Kaunertal hat sich ausgezahlt, wie folgende Karte Westösterreichs zeigt. Von den nicht urbanen Bezirken Österreichs gewann Van der Bellen lediglich eine Handvoll (!) und drei davon liegen nahe des Kaunertales.
Van der Bellens Vorsprung in Tirol betrug am Ende 10.000 Stimmen (51:49 für Van der Bellen). Er gewann Innsbruck, aber eben auch das Tiroler Oberland um das Kaunertal. Dies gilt auch für den ländlichen Teil Vorarlsbergs hinterm Arlberg. Anders ausgedrückt: Hätte Tirol so gewählt wie das politisch verwandte Salzburg (52:48 für Hofer), wäre diese Wahl anders ausgegangen.
Kontroversen des neuen Bundespräsidenten
Drei Monate nach seiner Angelobung leistete sich Bundespräsident Van der Bellen zum Einstand einen Eklat: Sollte es mit der Islamophobie so weiter gehen, müsse man wohl alle Frauen bitte ein Kopftuch zu tragen. So sprach der neue Bundespräsident und erfüllte damit Michel Houellebecqs Schreckensvision. Und die Warnungen seines Konkurrenten Hofer. Sogar liberale muslimische Frauenorganisationen kritisierten diese naiven politisch korrekten Aussagen scharf.
Das dies kein Einzelfall war, zeigten seine Relativierungen nach dem islamistisch motivierten Terroranschlag in Wien am 2. November 2020. Erst mahnte er „keine vereinfachte Erklärung“ ein, als das Motiv der Tat schon offensichtlich war. Van der Bellen im relativierenden Wortlaut:
Der Terrorist vom 2. November war zwar Muslim und seine Familie kam ursprünglich aus Nordmazedonien, aber er hat einfach um sich geschossen. Es war ihm egal, wen er trifft, Hauptsache viele.
https://www.vienna.at/van-der-bellen-mit-kritik-an-der-frugal-four/6823871
Eine Aussage die einfach nicht richtig war: Mittlerweise wissen wir, dass Kirchen und Synagogen das Ziel des Attentäters waren. Weil der Attentäter eben genau Christen ins Visier nahm. Innenminister Nehammer handelt nach dieser Prämisse und ordnete als Reaktion eine verstärkte Bewachung von Kirchen und Synagogen an. Van der Bellen dagegen relativierte weiter:
Und unter anderem hat er, wenn man so will, auch einen Landsmann ermordet, auch der hatte Wurzeln in Nordmazedonien und war Muslim
https://www.vienna.at/van-der-bellen-mit-kritik-an-der-frugal-four/6823871
Ein islamistischer Attentäter ermordet also im Vorbeilaufen auf der Straße einen Muslim und der Bundespräsident kalmiert und will kein religiöses Muster erkennen. Auch Integrationsprobleme aufgrund der Religion, die mittlerweile durch den Begriff Parallelgesellschaften sehr gut umschrieben sind, will Van-der-Bellen nicht erkennen:
Was bleibt, sind Integrationsfragen, doch das betrifft alle Zuwanderer. Das hat mit Religion relativ wenig zu tun.
https://www.vienna.at/van-der-bellen-mit-kritik-an-der-frugal-four/6823871
Auch hier sei dem Bundespräsidenten ausgerichtet: Die Negation der Realität, bzw. ihre Kalmierung ist keine Lösung. Die Religion ist ein anerkanntes Integrationserschwernis, auch wenn es politisch-unkorrekt sein mag dies zu erörtern.
Der politische Präsident
Schon vor der Ibizaaffäre fiel der Bundespräsident dadurch auf, dass er kundtun ließ welche FPÖ-Politiker er nicht als Minister angeloben würde. Er fiel damit in alte Klestilsche Posen zurück, offensichtlich um an gewisse Österreicher politisch zu appellieren. Etwas das ein überparteilicher Bundespräsident nicht nötig haben sollte. Hier schimmerte das grüne Erbe durch. Dieses Erbe und seine Prinzipien musste er aber letztlich doch negieren, denn im September 2015 hatte er auf die Frage ob er eine Regierung mit der FPÖ angeloben würde noch gesagt:
Ich täte es nicht.
Van der Bellen, September 2015
Im Amt kam es dann natürlich bei solchen vergangenen Aussagen zu Erklärungsbedarf betreffend der Überparteilichkeit. Worüber Van der Bellen dann zum Thema seiner Überparteilichkeit auf seine seltsame Van-der-Bellensche Art folgendes sagte:
Es ist an und für sich – wie soll ich sagen – auf gut Österreichisch ‚eh klar‘.
Van der Bellen zur Überparteilichkeit
Das die Realität 2018 eine andere war, zeigt ein Zitat aus der linken deutschen Zeitung „Die Zeit“:
Wenn man den Erfolg der Opposition daran misst, wie sehr sie der Regierung Schmerz zufügt, dann ist Alexander Van der Bellen derzeit der erfolgreichste Oppositionspolitiker Österreichs.
https://www.zeit.de/2018/31/alexander-van-der-bellen-bundespraesident-regierung-kritik
Zum Thema Reform der Mindestsicherung fiel dem überparteilichen Bundespräsidenten 2018 folgende innenpolitische Einmischung ein:
Wenn das alles wirklich passiert, haben wir ein echtes Problem“: So kommentierte Van der Bellen Mitte Juni die Regierungspläne zur Kürzung der Mindestsicherung.
https://www.zeit.de/2018/31/alexander-van-der-bellen-bundespraesident-regierung-kritik
Van der Bellen hat laut Zeit die Rolle des Bundespräsidenten umgeschrieben, indem er Opposition gegen Reformen machte. Die öffentlich geäußerte Kritik an Verhaltensformen und politischen Inhalten der Regierung ist ebenso Neuland. Politische Propaganda eines linken Präsidenten, der seiner Frau und seinen alten Parteifreunden gefallen will, deren Kritik ja damals in der außerparlamentarischen Opposition verschwunden war. Van der Bellen politisiert damit die Rolle des Bundespräsidenten in ungekanntem Ausmaß und setzt ihn als oppositionellen Akteur aufs Tapet.
Das Eingeständnis der politisch motivierten Einmischung
Van der Bellen wäre nicht Van der Bellen wenn er seine einseitige politische Rolle nicht auch als Bundespräsident eingestehen würde. Verklausuliert natürlich, wie in folgendem News-Interview zu seiner Rolle als öffentlicher Kritiker von einzelnen politischen Maßnahmen der schwarz-blauen Regierung.
Darüber kann man sich schon Gedanken machen. Aber das sind Dinge, bei denen der Bundespräsident sich überlegen muss: Äußere ich mich in der Öffentlichkeit? Ist das gut oder schlecht? Verfestigt das die Positionen nur oder führt es zu einer Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten? Das ist jedes Mal eine politische Gratwanderung. Ich will das jetzt nicht überdramatisieren. Aber man war in dieser Situation ständig mit Erwartungshaltungen konfrontiert, bei denen man sich jedes Mal überlegen muss: Kann ich die erfüllen oder nicht?
https://www.news.at/a/interview-bundespraesident-alexander-van-bellen-ich-ehrlich-11283501
Bei seinen öffentlichen Einmischungen ging es unter anderem um die Kürzung der Mindestsicherung und eine Umschichtung der Sozialhilfe. Einer notwendige Reform, da die Sozialhilfe sehr missbrauchsanfällig ist. Also um keine weltbewegenden, demokratierelevanten Themen, die auch finanziell dramatische Auswirkungen gehabt hätten. Aber Van der Bellen spricht hier im Zitat ganz prominent von Erwartungshaltungen. Erwartungshaltungen mit denen er konfrontiert wird. Das waren wohl nicht die Erwartungshaltungen der parlamentarischen Zweidrittelmehrheit von ÖVP, NEOS und FPÖ, sondern jene von linken Eliten (wie etwa seiner politisch einst höchst prominent im Parlament aktiven Gattin), welche auf ihn offensichtlich eingewirkt haben eine (linke) Oppositionsrolle auszuführen. Eine Aufgabe die in einer normalen Demokratie von der Opposition ausgeführt wird und nicht vom Staatsoberhaupt. Teile der schwarz-blauen Regierung zogen daraus die politische Lehre, die Rechte des Bundespräsidenten künftig beschneiden zu wollen.
Die Ibizaaffäre
In der Ibizaaffäre wäre dann Van der Bellens große verfassungspolitische Rolle geschlagen. Als Moderator und Vermittler zwischen den Parteien. Stattdessen gelobte er in 10 Tagen zwei Regierungen an, die über keine Mehrheit verfügten und schaffte somit die Premiere als Bundespräsident kürzlich ernannte Minister sich vom Parlament wieder herausschießen zu lassen. Ein beispielloses Künsstück, welches einem Heinz Fischer wohl nicht passiert wäre. Der hätte sich bei der SPÖ und der ÖVP vor jeder Ernennung rückversichert, die Parteien in die Pflciht genommen und sich nicht jene Blöße gegeben. Und eine lange Instabilität verantworten müssen, die freilich auf Van der Bellens schwacher politischer Verortung im politischen System Österreichs beruht.
In der Periode vom 28. Mai 2019 bis zum 03.Juni 2019 gab es in 7 Tagen drei Bundeskanzler (Kurz, Löger, Bierlein) und 3 Innenminister. Honorige unabhängige, von Van-der-Bellen angelobte, Expertenminister wurden nach nur 1 Woche im Amt vom Parlament wieder abgesetzt. Im News-Interview gestand Van-der-Bellen dann Ärger über die Absetzung seiner Kandidaten durch FPÖ und SPÖ ein.
Machtpolitisch profitiert vom Versagen des Bundespräsidenten hat dann letztlich Sebastian Kurz, da die Übergangsregierung ohne visuelle Beteiligung der Opposition das Land verwalten konnte. Das „Verwalten“ wurde aber von einem Mainstream-Medienhype begleitet, welcher zu hohen Beliebtheitswerten der Bierleinregierung führte. Van der Bellen setzte also zwar letztlich eine Regierung nach seinem Geschmack ein, stützte sich dann doch vor allem auf Kurz, den Wahlsieger in Spe. Mit Dr. Brigitte Bierlein die erste Kanzlerin einzusetzen war für den Präsidenten natürlich hochwillkommene liberale Symbolik. Auch wenn ein Durchbrechen der Glasdecke für Frauen wohl die Wahl einer Bundeskanzlerin gewesen wäre. Die ganze Periode der Regierung Bierlein war politisch ein für Österreich letztlich verschwendetes halbes Jahr, da die Beamtenregierung lediglich verwaltete und es verabsäumte etwa unpopuläre Reformen anzugreifen. Verfassungsrechtlich gibt es nämlich keine Übergangsregierung, man hätte sich „nur“ Mehrheiten im Parlament suchen müssen.
Van der Bellen in Asylfragen: Das Recht soll der Politik folgen
Der Bundespräsident fiel in der Debatte um das Asylrecht einer georgischen Familie dann 2021 erneut aus seiner neutralen Rolle. Er ignorierte in Fernsehinterviews den vom Höchstgericht in allen Instanzen geklärten Justizfall völlig. Es ging dabei um 5 negative Asylverfahren, 3 davon mit identem Asylgrund, ein 2-jähriger Zwischenaufenthalt in Georgien und lange unerlaubte illegale Aufenthalte in Österreich. Van der Bellen allerdings konnte die Entscheidungen seiner Gerichte „Nicht glauben“ und er sei „zutiefst betroffen„, dass dem Wunsch der Mutter einen Aufenthalt im Land zu erzwingen nicht stattgegeben wurde.
Der Bundespräsident, eigentlich einer der Gralshüter der Verfassung, im O-Ton auf Facebook am 28.01.2021:
Ich kenne die Akten der konkreten Verfahren nicht. Aber hätte es nicht einen rechtlichen Spielraum gegeben.
Bundespräsident Alexander van der Bellen
Diese Aussagen sind quasi ein singulärer Akt in der Geschichte der politisch neutralen österreichischen Bundespräsidenten. Herbert Kickl wurde für seine Aussage, dass das Recht der Politik doch zu folgen habe, noch von der linken Seite in der Luft zerrissen. Van der Bellen fordert hier genau das: das Recht soll soweit gebogen werden, bis es einen Aufenthalt ermöglicht. Illegale Einreise und Aufenthalt, 5 abgelehnte Asylverfahren und weitere Aktionen gegen unseren Rechtsstaat sollen legitimiert werden nachträglich. Auch wenn die Antragssteller aus dem sicheren EU-Beitrittskandidatenland Georgien kommen.
Amtsführung in der Coronakrise
In der Coronakrise überließ Van der Bellen der Regierung die Bühne und vermied es weitestgehend öffentlich präsent zu sein – abgesehen von einer handvoll Durchhalteparolen im Zuge der bisher 3 Lockdowns. Persönliches Fehlverhalten legte er an den Tag, als er nach dem ersten Corona-Lockdown nach der Sperrstunde in einem Lokal erwischt wurde und dies in der Bevölkerung Aufsehen erregte. Gestraft wurden dann aber weder er noch das Lokal, weil die Behörden öffensichtlich Milde walten ließen, während tausende Österreicher für gleiche Verstöße Strafen zahlen mussten.
Angesichts der wachsenden Demonstrationen von uninformierten, fehlgeleiteten und verärgerten Bürgern, wäre eine Ansprache Van der Bellens an die Demonstranten hier nun durchaus wichtig. Er könnte mit wohl überlegten Worten an die Menschen appellieren sich wieder stärker an die Maßnahmen zu halten. Als Bundespräsident sollte er ja prinzipiell über dem Parteiengezänk stehen und eigentlich seine Worte genau in solchen Krisenzeiten besonders platzieren können, um auch Regierungskritiker zu erreichen. Stattdessen kümmert er sich aber lieber rhetorisch um linke Fragen in der Innenpolitik, sowie abgelehnte Asylwerber.
Politisch sehr korrekt heißt es dann immer auf Neu-Österreichisch: Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen die hier leben. Rethoriker wird er abseits solcher politisch-korrekter Floskeln wohl keiner mehr, wie folgende Ansprache nach dem harten Lockdown am 03.12.2020 zeigt:
Van der Bellen Lieblingsbeschäftigung
Bevor die Coronazeit die Verhältnisse neu ordnete, legte der Bundespräsident eine rege Reisetätigkeit zu Tage: 48 Auslandsreisen in 4 Jahren sind beachtlich. Van der Bellen gefiel sich hier als liberales, weltoffenes Aushängeschild der Republik. Das ist es auch was der Durchschnittsösterreicher von ihm wahrnimmt: Belanglose Höflichkeitsbesuche und der folgenlose Austausche von diplomatischen Noten. Über die bemerkenswerten außenpolitische Erfolge der Regierung Kurz im Rahmen der „Frugalen Vier“, als Österreich beispiellosen Einfluss geltend machen konnte, ist der liberale Bundespräsident dagegen „nicht glücklich“. Van der Bellen hätte also lieber größere Geldgeschenke an manche EU-Staaten überwiesen.
Einseitige liberale „europäische“ Symbolik setzte er bei der Hundertjahrfeier der Kärntner Volksabstimmung, als er den slowenischen Staatspräsidenten Borut Pahor zum Festakt einlud. Zu einem Festakt, welcher den Unwillen der Kärntner Slowenen bekundete zu Slowenien gehören zu wollen. Pahor musste sich in Slowenien dementsprechend für seine Teilnahme rechtfertigen. In Klagenfurt durfte Pahor sich dann die gelebte Kärntner Zweisprachigkeit ansehen. Ihm wurde jedwede Kritik erspart, dass umgekehrt Slowenien bei den Minderheitenrechten europäisches Schlusslicht ist. Dort wurden die meisten Deutschsprachigen bis 1945 vertrieben oder ermordet, und bis heute gibt es keinerlei Anerkennung der Minderheit. Van der Bellen hingegen entschuldigte sich überraschend für – im Vergleich dazu harmloses – „erlittenes Unrecht“ der slowenischen Minderheit in Österreich. Vielleicht war das neben dem Bekenntnis zur Kärntner Slowenentum ja auch als Aufforderung an Pahor gedacht. Es blieben aber nur schöne belanglose Worte.
Fazit
Van der Bellen dürfte also der wohl politisch-korrekteste Bundespräsident in der Geschichte Österreichs sein. Mit durchaus naiv-gefährlichen Positionen zum politischen Islam, Asyl und zur Integration. Zum Glück hat er keine exekutive Verantwortung, weshalb dies ohne großartige Folgen für das Land bleibt. Anders als viele Vorgänger mischte er sich aber oft wie ein Oppostioneller in Maßnahmen der Regierung ein. Die deutsche „Zeit“ sprach im Zuge dessen von Neuland, welches der Präsident mit seiner öffentlich geäußerten Kritik an politischen Inhalten der Regierung, betreten habe. Überparteilichkeit vermisst man zeitweise. Die kam dann erst unter der Schwarz-Grünen Regierung zeitweise auf, als Van der Bellen diese kritiklos in der Coronakrise schalten und walten lies. Was einmal mehr seine unverhohlte Parteilichkeit unterstreicht.
Besondere Aktivität und Volksnähe wird ihm von den Medien nicht wirklich attestiert. Die Innenpolitische Meinungsstärke variiert wie gesagt ganz opportunistisch von der jeweiligen Regierung. Außer es betrifft „grüne“ Themen und die ÖVP. Sein Vorgänger Heinz Fischer war da fairer und kompensierte seine SPÖ-Nähe dafür mit einer zelebrierten Volksnähe. Immerhin punktet Van der Bellen als Repräsentat auf vielen Auslandsreisen. Was für gute Beliebtheitswerte in Österreich normalerweise ausreichen sollte.
Aus einer medialen Perspektive interessant ist, dass ihm nicht eine Mitverantwortung für das Chaos nach der Kurz-Abwahl gegeben wurde. Bis auf ihn hatte nämlich jeder andere (!) Bundespräsident es bis dato geschafft die eine ihm zustehende Rolle auszuführen: Eine Regierung anzugeloben, bei der man sich auch sicher sein konnte, dass sie über Rückhalt im Nationalrat verfügt. Soviel kann wohl sicher sein: Einem Heinz Fischer wäre so ein Fauxpas nicht passiert. Dieser hätte wohl seine SPÖ in die Pflicht genommen, bzw. sich zumindest zurückversichert, wie auch wohl die meisten der Vorgänger. Der unerfahrene Van der Bellen versagte in dieser Situation (es fehlte wohl die politische Autorität), weshalb das ganze als eine kuriose Periode in die österreichische Geschichte eingehen wird.
Was wäre wenn: Bundespräsident Hofer
Wäre Norbert Hofer zum Bundespräsidenten gewählt worden, wäre die Geschichte des Landes wahrscheinlich anders verlaufen. Es ist wohl davon auszugehen, dass Hofer sich anfänglich wie Van-der-Bellen im Wahljahr 2017 politisch zurückgehalten hätte. Die schwarz-blaue Regierungsbildung wäre ähnlich schnell verlaufen. Hofer hätte allerdings sein Amt, dann weit überparteilicher angelegt als Van-der-Bellen. Wofür seine jahrelange Reputation als 3. Präsident des Nationalrates spricht, die ihm auch vom politischen Gegner attestiert wird. Auch Hofer hätte das Ausland bereist, wie etwa China mit großer Delegation, allerdings wäre er wohl volksnäher und öfter in Österreich aufgetreten. Und hätte die migrationskritische Stimmung im Land aufgenommen, anstelle sich technokratisch aus der Hofburg politisch einzumischen (siehe Kopftücher, Asyl).
Der essentielle Unterschied wäre die Ibizaaffäre gewesen! Ähnliche Verfehlungen in westlichen Demokratien enden in der Regel nicht mit Koalitionsbruch, sondern mit einem Rücktritt der Verantwortlichen. Kurz stand dann nach Straches Rücktritt alleine da, konfrontiert von einem linken Mob vorm Kanzleramt und einer Medienlandschaft und einem linken Bundespräsidenten, die auf Neuwahlen drängten. Die politisch nicht notwendig waren. Schwarz-Blau und ihre Politik wurden prozentuell 2019 mehrheitlich bestätigt, die FPÖ musste freilich rund 1/3 ihrer Stimmen an die ÖVP abtreten. Von 57,5 Prozent (NRW 2017) kamen ÖVP und FPÖ 2019 zusammen auf 53,7 Prozent.
Ein Bundespräsident Hofer hätte diesen Koalitionsbruch wohl verhindert. In jedem Fall aber die absurde gegenseitige Abwahl von Kurz, resultierend aus dessen Ultimatum, welches die Rücktritte der FPÖ-Minister erzwang. Hofer hätte eine Regierungsumbildung moderiert und man hätte ohne Strache/Gudenus weiterregiert. Die Regierung war ja überaus beliebt und effektiv, im Vergleich zu den großkoalitionären Vorgängerregierungen. Österreich verlor dagegen politisch über ein halbes Jahr durch eine inaktive Regierung Bierlein. Und Kurz büßte sein beste und ideologisch sinnvollste Machtoption ein, und muss sich jetzt mit Grünen herumplagen. Jener Partei, die seine Regierungsarbeit und sein Coronakrisenmanagement unter dem Applaus der linken Mainstreammedien zu konterkarieren versuchen.
Quellen und Links
https://www.bmi.gv.at/412/Bundespraesidentenwahlen/Bundespraesidentenwahl_2016/start.aspx
Oliver Pink: Van der Bellen-Eine Bilanz. In: „Die Presse“ vom 29.11.2020: S.3
Titelbildlizenz siehe https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundespr%C3%A4sident_Alexander_Van_der_Bellen.jpg
Land der Skandale: Die größten Politik-Affären, Pleiten und Verbrechen der Zweiten Republikhttps://orf.at/stories/3199353/
https://www.zeit.de/2018/31/alexander-van-der-bellen-bundespraesident-regierung-kritik
https://www.news.at/a/interview-bundespraesident-alexander-van-bellen-ich-ehrlich-11283501
https://kaernten.orf.at/stories/3070754/
https://www.tt.com/artikel/15659639/kurz-schliesst-tuerkis-blaue-route-nach-straches-ibiza-skandal