Kolumbus und Black Lives Matter: Bilderstürmer lernts Geschichte !

Beschmierte Churchill Statue in Prag (Tschechien), siehe https://www.theeuropean.de/the-european-redaktion/black-lives-matter-bewegung-die-statuen-der-imperatoren-fallen/

In der Presse vom 17.06.2020 war ein wunderbarer Artikel mit dem Titel „Wie schlimm war dieser Kolumbus wirklich?“ (Presse vom 17.06.2020, S.25) den ich kurz reflektieren möchte.

Statuen fallen

Grund für diese vermeintliche Suggestivfrage ist freilich der andauernde Bildersturm der Black Lives Matter Demonstranten und zahlreicher linksextremer Gruppen in deren Fahrwasser. Diesen fallen neuerdings nämlich auch Statuen von verdienten europäischen Persönlichkeiten zum Opfer. So wurden etwa Statuen Winston Churchills in Städten wie London und Prag, jene Bismarcks in Hamburg beschmiert. Die Polizei musste sogar in London einschreiten. In den Niederlanden traf es den niederländischen Piraten und Volkshelden Piet Heins. Es traf berühmte Europäer mit vermeintlich (!) böser Kolonialvergangenheit auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Statuen werden beschmiert, gestürzt, geköpft, oder landen unter Applaus im Hafenbecken. Ein aufgestachelter Mob warf alle geltenden Gedenk-Maßstäbe über Bord und exerzierte eine zeit- und geistlose „Damnatio memoriae“ mit revolutionärem Eifer.

Bismarck selbst war gegen Kolonien eingestellt, tat dies kund und wurde von potenten Landsleuten und vom Zeitgeist zur Kolonialpolitik genötigt. Klarer Fehlgriff der Demonstranten also, die mit ihm den entscheidenden Politiker verunglimpfen, der Deutschland vereinigt und den modernen deutschen Staat geschaffen hat. Churchill war als Kind des Imperialismus sicher ein Mann seiner Zeit, was man kritisch sehen kann. Aber er war unzweifelhaft ebenso „der“ Vorkämpfer der liberalen Demokratie und damit ein Held vieler Länder. Gerade die Black Lives Matter Protestanten würden ohne Churchills Engagement vielleicht nicht soviele (demokratische) Freiheiten in Europa heute genießen können. Darüber sollten vor allem jene in Prag (siehe Bild oben) einmal sehr genau nachdenken.

Das Erbe des Kolumbus

Und nun zu Kolumbus: Seiner Statue wurde in Boston der Kopf abgeschlagen, in Richmond landete sie im Fluss und in Miami wurde sie beschmiert. Ein sehr eiferndes Vorgehen also gegen den steinernen Ausdruck eines Mannes der 1506 verstorben ist und des Lebensleistung immerhin die wohl wichtigste Entdeckungsfahrt aller Zeiten war.

Karl Gaulhofer listet in der Presse zu Kolumbus historische Fakten auf, die sich die selbsternannten Bilderstürmer in Amerika und Europa zur Gemüte führen sollten. Sie werfen Kolumbus nämlich vor ein Völkermörder, ein Sklaventreiber und ein Vernichter der amerikanischen indigenen Kultur gewesen zu sein. Kolumbus sei quasi das Original der bösen „old white men„. Eine Impersonifikation jener Böswichte, die Frauen und Farbigen bis heute unterdrücken und die jedem Fortschritt im Wege stehen … polemisch gesagt. Dabei war Kolumbus für seine Zeit weltoffen und segelte übrigens sogar im Auftrag einer mächtigen Frau. Einer sehr emanzipierten Frau ihrer Zeit – nämlich Königin Isabellas von Kastilien.

Historische Fakten

Das „Hispanic Council“ (ein Thinktank der die Verbindungen Spaniens mit der neuen Welt untersucht) kommt betreffend der Vorwürfe gegen Kolumbus zu folgenden interessanten Schlüssen:

  1. 90% der Indigenen starben in der Karibik in den ersten Jahren nach der Eroberung. Aber nicht durch die Musketen, den Genozid oder die Sklaventreiberei der Spanier, sondern in erster Linie durch die Schweinegrippe. Gegen diese hatten die Indigenen nämlich keinerlei Resistenz nach 1000enden Jahren Abgeschiedenheit. Früher oder später wäre diese biologische „Bombe“ bei Amerikas Indigenen leider daher immer eingeschlagen. Ganz gleich ob nun ein Chinese, Afrikaner oder eben ein Europäer dorthin gesegelt wäre. Die Immunisierung der Indigenen dauerte eine ganze Generation.
  2. Die Übergriffe der spanischen Sieger waren im Vergleich zu den inneramerikanischen Kriegen meist weniger exzessiv. Man denke etwa an die Menschenopfer der Azteken. Sie wurde in vielen Fällen von der entfernten spanischen Krone auch geahndet und bestraft. Den auch Indigene galten den Spaniern in der Regel als Untertanen der Krone.
  3. Kolumbus selbst war nur kurze Zeit in der neuen Welt. Er war kein großartiger Sklaventreiber, ebensowenig ein Erfinder der antiken Praxis, aber natürlich auch kein Gegner der Sklaverei. Er war eben ein Kind seiner Zeit. Ebenso wie seine Landsleute in damaligen Königreich Spanien, deren überseeischen Nachbarn, die nordafrikanischen muslimischen Barbaresken-Korsaren, übrigens noch bis ins 19. Jahrhundert „weisse“ Europäer in die Sklaverei verkauften. Es galt früher überall eben das Recht des Stärkeren! Der arabische ostafrikanische Sklavenhandel dauerte gar von der islamischen Frühzeit im 7. Jahrhundert bis teilweise in die 1960er an und wurde erst durch britische Interventionen beendet.
  4. Königin Isabella von Spanien, Kolumbus´Auftraggeberin, lehnte den Handel mit Sklaven sogar schon zu Kolumbus Lebzeiten aktiv ab. So schickte sie Eingeborene, die nach Spanien gebracht wurden, als freie Bürger wieder zurück in ihre karibische Heimat.
  5. Ein postives „Erbe des Kolumbus“ und der spanischen Entdeckungsreisen und Eroberungen ist die Verschriftlichung der Indigenen Sprachen. Dies geschah in rund 30 spanischen Universitäten in Lateinamerika, die diese Sprachen der schriftlosen Völker für die Nachwelt erhalten haben.
Christopher Columbus Statue vor dem Minnesota State Capitol in St. Paul (siehe https://www.mprnews.org/story/2020/06/11/political-tension-rises-after-columbus-statue-falls)

Bill Maher hat zu diesem Thema einen humorvollen Monolog gemacht, den ich jedem Leser nur empfehlen kann, der heutige Maßstäbe an Statuen vergangener Persönlichkeiten anlegen möchte:

Fazit

Kolumbus Erbe ist also nicht so einfach wie sich manche BLM-Demonstranten und Revoluzzer dies gerne machen würden. Je genauer man hinsieht, desto weniger eignet es sich für den Kulturkampf der Black Lives Matter Bewegung. Das „Hispanic Council“ zeigt vielmehr andere positive gegenseitige Folgen seiner Reisen auf: Die Europäer brachten Weizen, Wein, das Pferd, die Druckerpresse (und damit die Aufklärung), das Pferd und das Schwein in die Neue Welt. Und bekamen im Austausch wertvolle Geschenke wie die Tomate, die Schokolade und die Kartoffel, sowie die Überzeugung das die Erde eben doch keine Scheibe ist und die Wissenschaft damit doch besser als die jahrhundertelange Bigotterie vieler ihrer Zeitgenossen war.

Ebensowenig sollte man andere historische verdiente Persönlichkeiten wie Churchill, Bismarck etc. auf einzelne Aspekte ihres Lebens reduzieren die uns heute in unserer heutigen Welt vielleicht moralisch nicht mehr gefallen, die aber damals ganz im Rahmen der Norm waren. Solch ein Verhalten ist kindisch, einfach geschichtsvergessen und ignorant und löst kein einziges Problem. Solch ein Prozedere wiederholt sich übrigens ja auch ständig mit jeder Generation, denn jede Generation bringt ja neue Werte und Einstellungen mit sich. Ich schließe mit einem Zitat des französischen Präsidenten Emmanuel Macrons, der die meiner Ansicht einzig vernünftige Position in dieser Frage unmissverständlich ausgedrückt hat:

„Die Republik wird keine Spur und keinen Namen ihrer Geschichte löschen. Die Republik wird keine Statuen abbauen!“ (Präsident Macron, 14.06.2020)

https://www.spiegel.de/politik/ausland/frankreich-emmanuel-macron-will-historische-statuen-nicht-abmontieren-a-fa18515c-fa0f-47f5-9a03-2335593ac807