Mit der zunehmenden Ermüdung nach Lockdown III hierzulande wird erneut von Corona-Maßnahmenkritikern, wie von Politikern wie Herbert Kickl das schwedische Modell gepriesen. Deren Argument: Schweden sei bisher gut ohne Lockdown durch die Pandemie gekommen und habe wirtschaftlich daher viel weniger Schaden genommen. Manche Kritiker stellen dabei sogar die Übersterblichkeit in Schweden in Frage. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl postete auf Facebook etwa folgendes Kommentar und erhielt dafür viele Likes und zustimmende Kommentare:
Wir vom März wollen daher genau dieses Thema aufgreifen: Wäre der schwedische Weg etwas für Österreich und andere Länder in Europa gewesen? Wie sieht es aus im Land der Mitternachtssonne?
Die Fakten: Schweden nach einem Jahr Covid19-Pandemie
Nach einem Jahr der Corona-Pandemie haben sich im 10.Mio Einwohner – Land Schweden bisher offiziell mehr als 631.000 Menschen mit Corona infiziert (Zahlen die aufgrund weniger Tests Anfang 2020 real viel höher sind). Rund 12.600 Menschen sind nach einer Corona-Infektion verstorben. Anders als andere Länder hatte Schweden stets auf Empfehlungen zum persönlichen Abstandhalten anstelle von Lockdowns, Masken und Beschränkungen gesetzt. Man setzte lange auf eine Herdenimmunität insbesondere im Großraum Stockholm, weshalb auch das Nachtleben und die Gastronomie mit notorisch hohen Infektionsraten weiter offen bleiben durften.
Daher grasierten aus Schweden 2020 Bilder von exzessiven Partys in Stockholmer Clubs, während die restliche Welt sich zuhause in Lockdowns verkroch. In den öffentlichen Verkehrsmitteln gab es ebenso keine verpflichtende Regel für Masken. Homeoffice wurde ebenso nur „empfohlen“. Das Virus verbreitete sich munter und Chefepidemologe Tegnell versprach den Schweden, dass diese nun von keiner zweiten Welle getroffen werden würden, weil ja eine Herdenimmunität über den Frühling und Sommer erreicht worden sei. Dies war eine Fehleinschätzung: Stand man am 10.Oktober bei 100.000 Fällen, sind es nun 631.000 infolge der zweiten Welle. Die Todeszahl verdoppelte sich.
Wissenschaftliche Studien haben etwa errechnet, dass das Infektionsrisiko schwedischer Lehrer ohne Masken und Quarantänen rund doppelt so hoch ist als mit diesen Maßnahmen. Die Bevölkerung mit geringerem sozioökonomischen Status war dem Virus ebenso ungleich stärker ausgesetzt als Reiche und die Mittelschicht im Homeoffice. So stellen Somalier weniger als ein Prozent der Bevölkerung Schwedens aber rund 5 Prozent aller Krankenhausaufenthalte (Stand September 2020). Beispielhaft für andere Migrantencommunites denen es ähnlich erging. Als die COVID-Empfehlungen der Regierung bekannt wurden, begannen die ethnischen Schweden sofort diese „Empfehlungen“ zu befolgen, während diese Information bei den rund 20% Migranten im Land nicht wirklich oder verspätet ankam.
Wie funktioniert eigentlich die schwedische Gesellschaft?
Die schwedische COVID-Strategie wirft daher auch einen Scheinwerfer auf die schwedische Gesellschaft und ihre Funktionsweise. Ohne diese Gesellschaft funktioniert nämlich auch die schwedische COVID-Strategie nur bedingt!
Das Zauberwort um Schweden zu verstehen sind informelle Verhaltenscodes, die kollektiv durchexerziert werden. Es werden also soziale Regeln befolgt, die auf ersten Blick keine Regeln sind! Was ein essentielles Grundverständnis bei jeder Analyse Schwedens sein sollte! In der Krise wurden dann Empfehlungen nämlich so umgesetzt wie Regeln. Aus der Gesellschaft heraus. Schweden trat also in selbstorganisierte Lockdowns. Warum diese funktionierten lag an einem sozialen Phänomen, welches mit dem Begriff Jantelagen (deutsch: Das Gesetz von Jante) umschrieben wird.
Das „Gesetz von Jante“ ist ein informeller gesellschaftlicher Verhaltenskodex der in Schweden von den (ethnischen) Schweden ziemlich eingehalten wird, ohne großartig ein Wort darüber zu verlieren. Es ist eine ziemlich sozialistische, kollektive und geradezu dörfliche Selbstkontrolle, die alles von Kleidung, Frisur, Angeberei, bis hin zum sozialen Verhalten umfasst. Historisch kommt das wahrscheinlich von im Winter isolierten Fischerdörfern, die einst eng zusammenhalten mussten um zu überleben. Wer sich nicht an das Jantelagen hält, wird in Schweden oft mit stiller Missachtung gestraft.
Wie etwa Migrantencommunities in Schwedens bröckelnder Multikultigesellschaft, die teils nicht realisierten was ihnen Anfang 2020 geschah. Als diese Communites arg von COVID-Infektionen getroffen wurden, interessierten sich die Schweden – Schlagwort Eigenverantwortung – wenig dafür. Dies rächte sich allerdings, weil diese Migranten vielfach auch diejenigen waren, die in den Altersheimen arbeiteten. Weshalb dort bald ein hoher Preis in Form vieler Toter gezahlt wurde. Auch unter ethnischen Schweden.
Aber auch das wurde dann vielfach akzeptiert weil es in Schweden seit langem einen etwas „grausamen“ Effizienzgedanken zum Alter gibt. Der alten Menschen weniger Wert als anderswo beimisst, weil sie zur Gesellschaft nicht mehr soviel beitragen können. Man war also bereit auch Alte ihrem COVID-Schicksal zu überlassen.
Die schwedische Politik in Relation zu Österreich
Schweden wird aktuell – trotz rechtskonservativer politischer Mehrheit – von einer links-grünen Minderheitsregierung regiert, die von der bürgerlichen Opposition gestützt wird. Die Politik ist also trotz rechter Mehrheit liberal/ links dominiert. Plus Opposition die zudem einen Burgfrieden einhält und so lange oppositionelle Stimmen mit Ausnahme der rechten Schwedendemokraten im Land verstummen ließ. Eine politische Vorgangsweise, die Alternativlosigkeit signalisiert und so in den meisten anderen Ländern Europas undenkbar wäre.
Der österreichische Burgfrieden endete dagegen schon im Mai vergangenen Jahres mit den ersten Lockerungen nach nur 2 Monaten. Als sich die Oppostionsparteien mit Lockerungswünschen geradezu überschlugen. Politgezerre um Corona-Lockerungen setzte sich über den Sommer fort und nur Kanzler Kurz verblieb als einer der letzten politischen Mahner im Land. Während alle anderen Parteien das Virus politisch populistisch verwerteten. Das zentralistische Schweden hat zudem auch keine mächtigen (unverantwortlichen) Provinzfürsten wie Österreich in Tirol und Wien. Provinzpolitiker wie Peter Hacker, die Pandemiemaßnahmen als „Wien- und Tirolbashing“ brandmarken und so an der Akzeptanz der Maßnahmen rütteln und sie politisch einseitig erscheinen lassen.
Österreichs politische Eliten hatten übrigens auch realpolitisch (!) zu Recht nicht die Chuzpe die Pandemiepolitik vollends an einen Wissenschaftler wie Anders Tegnell auszulagern. Die Attacken auf Drosten in Deutschland geben hier ein warnendes Beispiel ab, wie es hierzulande in Mitteleuropa mit Expertenvertrauen in Krisenzeiten bestellt ist. Technokraten (wie Exkanzlerin Bierlein) sind nämlich nur dann populär wenn sie niemanden weh tun. Zudem hätte sich eine österreichische Bundesregierung eine fahrlässige Politik gegen Risikogruppen wie Pensionisten einfach politisch nicht leisten können. Die große Wählergruppe wäre nämlich sofort von der Opposition umworben worden, hätte man das schwedische Modell hierzulande umgesetzt.
Hintergründe zur Corona-Politik Tegnells
Anderes Tegnells Coronapolitik ist kein vom Himmel gefallener nordischer Masterplan. Tegnell ist der Staatsepidemologe des Königreiches und als Leiter der Gesundheitsbehörde ein mächtiger Technokrat, der Leitlinen der Coronapolitik vorgeben kann. Sofern ihm der Reichstag nicht in die Parade fährt. Schauen wir also auf die Person Tegnell. Es gibt zwei große Einflussfaktoren auf ihn, die in der internationalen Debatte oft nicht bekannt sind. Die aber durchaus etwas über seinen Pandemiekurs aussagen.
Erstens hatte Schweden 2009 unter Tegnell bei der Schweinegrippe völlig überreagiert. Mit schwerwiegenden Folgen. Tegnell handelte damals präventiv und verordnete dem Land eine (letztlich völlig obsolete) Massenimpfung mit einem unausgegorenen Impfstoff. Diese war freiwillig, aber ein großer Teil der Schweden nahm – wie erwartet pflichtbewusst – teil. Problem dabei war, dass ein Impfstoff mit zu hoch dosiertem Wirkungsverstärker eingesetzt wurde. Die Folge waren schreckliche Nebenwirkungen: Um die 500 vor allem Kinder und Jugendliche erkrankten an Narkolepsie, einer Art „Schlafsucht“. Die diesen bis heute ein normales Leben unmöglich macht.
Zweitens reagierte Tegnell im Jahr 2020 anfangs ziemlich konzeptlos und verspätet auf sich häufende Fälle bei schwedischen Heimkehrern aus den alpinen Skigebieten. Man wartete so lange ab, bis – wie Kritiker behaupten – das sträfliche Warten als Strategie verkauft werden musste. Tegnell vertrat dann eben aus der Situation heraus die Ansicht, dass das Virus nicht aufzuhalten sei. Weil Schweden eine starke liberale Marke im Ausland pflegt, waren er und die Sonderstellung im Land schnell populär. Man war anders als der Rest der Welt: Eigenverantwortlich. Tegnell versprach rasche Herdenimmunität.
Tegnell überlebte also beruflich seine Fehleinschätung 2009, die zum größten Medizinskandal Schwedens führte. Und managt seitdem zaghaft die Corona-Pandemie. Seine Stilisierung als Popstar und Held des schwedischen Sonderwegs dürfte ihn in der Folge dann weiter bestärkt haben. Bis zum Jahresende 2020 zumindest, als auch er von seinem Kurs abweichen musste.
War die schwedische Corona-Politik letztlich erfolgreich?
Vergleicht man Schweden mit den einzig sinnvollen Referenzstaaten – seinen Nachbarländer Norwegen, Finnland und Dänemark – ist die schwedische Bilanz ziemlich durchwachsen. Nach skandinavischen Maßstäben hat das Land versagt was die Anzahl der Corona-Infektionen und Corona-Todesfälle/Kopf betrifft. Das zeigt folgende Grafik des Jahres 2020:
Schweden hatte also Ende Dezember eine 8 mal so hohe Todesrate pro Kopf wie die geographisch und mentalitätsmäßig vergleichbaren Länder Finnland und Norwegen. Selbst das kleine und dicht besiedelte Dänemark hat nur rund ein Viertel der schwedischen Fälle. Anders als Schweden setzten diese Länder auf rasche Lockdowns, Grenzschließungen, kontrollierte Öffnungen, Masken und geschlossene öffentliche Orte. Epidemologisch betrachtet handelten die anderen Skandinaver also pragmatischer und aufmerksamer als Schweden, dass die Dinge vielfach einfach laufen ließ und seiner Bevölkerung den Grad an Selbstdisziplin überließ.
Wirtschaftlich war die schwedische Politik natürlich von Vorteil: Wer keine Gastronomie schließt hat keinen Einnahmenentfall und muss keine Hilfskredite auszahlen. Schweden hatte in der EU mit minus 3,4 Prozent den drittgeringsten Wirtschaftseinbruch (nach Irland und Litauen). Dänemark (minus 3,9 Prozent), Finnland (minus 4,3 Prozent) und Norwegen (minus 2,5 Prozent) performten aber nicht wesentlich schlechter, oder sogar besser. Wobei Norwegen als reicher „Ölstaat“ kein gutes wirtschaftliches Vergleichsland im Gegensatz zu Finnland und Dänemark ist. Wirtschaftlich großartig gewonnen hat Schweden mit seiner Politik auf ersten Blick also nicht. Der Staat hat nun freilich weniger Schulden aufgrund keiner Lockdowns, den Wirtschaftseinbruch infolge der weltweiten Rezession gab es aber trotzdem.
Europaweit fand Schwedens Politik keine Nachahmer – alle Länder schlitterten in frühe oder spätere Lockdowns und verhängten diverse Beschränkungen. Es ist also nicht unwahrscheinlich vorherzusagen, dass der „schwedische Weg“ eines Landes in Mitteleuropa zu einem vergleichbaren Szenario geführt hätte: Einer vielfachen Sterblichkeit vergleichbarer Nachbarländer bei gleichzeitig bescheidenen wirtschaftlichen Erträgen.
Wäre Schweden vergleichbar zumindest für Österreich?
Geographisch betrachtet hat Schweden eine Million Einwohner mehr, bei einer Landesgröße die jene Österreichs um das vierfache übersteigt. Viel Platz zum Social Distancing also und auch wenn Schweden in Statistiken urbanisierter als Österreich erscheint, sollte man nicht vergessen dass die schwedischen Städte enorme Ausmaße annehmen und die Bevölkerungsdichte dementsprechend geringer ist. Vergleicht man etwa die bevölkerungsmäßig fast gleich großen Ballungsräume Wien (Fläche: 1.110 km²; 2.026 EW/km²) und Stockholm (7.154 km²; 332,3 EW/km²) wird dies besonders deutlich.
Auch von der Mentalität her sind deutliche Unterschiede zwischen beiden Nationen festzustellen. In Schweden herrscht eine ziemlich Staatsgläubigkeit vor, gepaart mit einer kollektiven Identität, welche bereit ist das Wohl des Individuums zugunsten dem des Kollektivs zurückzustellen. Diese nordisch-protestantische Mentalität wird unterstützt von einer gegenseitigen sozialen kleinbürgerlichen Selbstkontrolle unter den Schweden. Dem bereits erwähnten Jantelagen – dem „Gesetz von Jante“. Das Jantelagen sorgt für eine effektive soziale Ächtung im eigenen sozialen Umfeld, wenn man Regeln nicht im Sinne der Gemeinschaft regelkonform befolgt. Ein – aus eigener Schwedenerfahrung – ziemlich gut funktionierendes System – bei den ethnischen Schweden wohlgemerkt!
Deshalb konnte Schweden auch – anders als fast überall sonst – auf Empfehlungen setzen, wohl wissend, dass die Gesellschaft diese überwiegend (!) dann in großem Ausmaß als Regeln umsetzen würde. Die Folge waren Selbstisolation und Lockdowns im Kleinen. Und das in einem Land, welches schon in normalen Zeiten in einem permanenten „Social Distancing“ verharrt – manchmal umschrieben als die „nordische Kühlheit“. Anders als in Österreich besuchen sich die Schweden auch in normalen Zeiten wenig zu Hause, womit ein großer Infektionsfaktor hier zusätzlich wegfiel.
Schweden ist daher überhaupt nicht vergleichbar mit den meisten anderen Ländern und auch nicht mit Österreich. Vom politischen Schulterschluss, dem Jantelagen, der Staatsgläubigkeit, der Mentalität und Lebensart bis hin zur Geographie ist fast alles anders in Österreich.
Der Politikwechsel in Schweden 2021
Ende des Jahres 2020/ Anfang 2021 ist nun auch Schweden von seiner Politik des Nichthandelns und der Empfehlungen abgewichen. Schweden limitierte die erlaubte Anzahl von Menschen bei Treffen, und begann eine Debatte Anfang Dezember über die Schließung von Fitnessstudios, Bibliotheken und Schwimmbäder. Zudem empfahl man die Nutzung von Masken im öffentlichen Nachverkehr.
Schweden verlangt nun im Februar 2021 von Einreisenden einen gültigen negativen Coronavirus-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Im Januar 2021 verabschiedete der schwedische Reichstag ein Notstandsgesetz, welches der Regierung erlaubt Personenzahlen in Geschäften, öffentlichen Plätzen, Theatern, Schwimmbädern zu begrenzen oder diese Etablisments gleich ganz im Falle von Verstößen zu schließen. Schweden wurde ja seit Oktober von einer zweiten Welle sehr hart getroffen, die alle Frühjahrs-Voraussagen von Chefepidemologe Tegnell („Herdenimmunität“) ad absurdum geführt hatten. Es starben nämlich wieder rund siebentausend Menschen. Kritiker die ihm ein gefährliches Vabanquespiel mit der Gesundheit vor allem seiner älteren Bevölkerung vorwerfen, werden deshalb 2021 nun stärker.
Schwedens in der Regel unpolitischer König Carl XVI. Gustav konstatierte das Scheitern der rot-grünen Regierungspolitik in einem Interview. Kritische Wissenschaftler formierten sich in einer Facebookgruppe in der sie dann in Beiträgen Tegnells Ansatz als „Gehirnwäsche“, die politisch Verantwortlichen als „Straftäter“ und die Medien, die deren Botschaften an die Leute bringen, als „bestechlich“ bezeichneten. Woraufhin ein Entrüstungssturm die schwedischen Medien erfasste, in dem den Wissenschaftlern vorgeworfen wurde die Höchststrafe zu begehen: das liberale Vorbildland Schweden im Ausland schlecht zu machen. Dabei warnt Tegnell in neuen Podcasts nun ziemlich alarmiert selbst vor einer dritten Welle – ausgelöst von den neuen Corona-Mutationen. Das öffentliche Vertrauen in den einstigen „Guru“ Tegnell ist deshalb nun seit Monaten im Sinkflug.
Fazit
Aufgrund all dieser Faktoren würde Österreich im Zuge eines „schwedischen Weges“ nicht dem Pfad Schwedens folgen, sondern eher dem von Tschechien und Slowenien. Länder mit ähnlicher Mentalität die mittlerweile in den Top-10 weltweit liegen, was die höchste Anzahl an Corona-Infektionen pro Kopf betrifft. Auch mentalitätsmäßig kann man „die Schweden“ mit „den Österreichern“ nicht vergleichen, denn hier trifft eine kollektive nordisch geprägte Mentalität auf eine individualisierte, viel egoistischere österreichische Gesellschaft. Während die schwedische Gesellschaft kollektive Selbstkontrollen der Mitmenschen vornimmt, fällt die österreichische Gesellschaft eher dadurch auf, dass viele nach Schlupflöchern zum eigenen Vorteil suchen. In der Volkswirtschaftslehre spricht man hier vom „Collective action problem“ wo in der Theorie zwar Kooperation besser für jedes Individuum wäre, in der Realität aber Interessenskonflikte eine Kooperation eher verhindern.
Das soll keine Kritik an Österreich sein: Die Covid19- Moral im Lande hat lange ja gut funktioniert und ein Großteil der freien Länder weltweit ist wohl individualistischer ausgeprägt als etwa Österreich. Eine derart kollektive Gesellschaftsform wie in Schweden erreicht man auch nur in einer geographisch abgelegenen und von harten Wetterphänomenen bedrohten Region, die zum Überleben historisch eine solche kollektive Identität ausbilden „musste“.
Genau deshalb ist der schwedische Weg mit Empfehlungen statt Regeln für souveräne Bürger in der Theorie ein guter und toller Weg. Problem dabei ist nur: Schwedens Politik übersteht nicht den Praxistest in einer Pandemie in einem Großteil der Länder weltweit, weil die Bevölkerungen schlicht nicht darauf vorbereitet sind auf Dauer solchen kollektiven Regeln ohne Sanktionen und Lockdowns zu folgen. Es fehlt schlicht das „Jantelagen“ plus der Wille liberales Vorbildland zu sein als soziale Grundlage. Deshalb blieb der „schwedische Sonderweg“, der zwar weltweites Aufsehen erregte, letztlich ohne Nachahmer. Ein „österreichischer Sonderweg“ mit Rücknahme der meisten Regeln würde dagegen geradewegs in ein Chaos führen, ganz wie es beispielsweise Portugal um den Jahreswechsel 2020/21 vorexerziert hat.
Links & Quellen
https://www.coronatracker.com/country/sweden/
https://www.citypopulation.de/de/austria/agglo/wien/A90001__wien/
https://de.wikipedia.org/wiki/Stockholms_l%C3%A4n
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1111495/umfrage/fallzahl-des-coronavirus-in-schweden/
https://www.statista.com/statistics/1102546/coronavirus-european-gdp-growth/
One thought on “Schweden: Vorbild in der Corona-Pandemie?”
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