Die SPÖ und die Mainstreammedien forcieren seit Samstag unisono einen politischen Spin: Der ÖVP-Wirtschaftsflügel sei schuld am Aus der Zuckerlkoalition! Tatsächlich ist die Realität wohl eine völlig andere, zumindest wenn man mit den NEOS spricht oder Karl Nehammer zuhört, die drei Monate lang mit Andi Babler erfolglos verhandelt haben. Während die NEOS Andi Babler unterstellen, die Verhandlungen sabotiert zu haben, spricht Bundeskanzler Nehammer von radikalen Kräften in der SPÖ. Es ist uns daher ein Anliegen, dieses Thema bestmöglich aufzuarbeiten, um einer linken „Dolchstoßlegende“ entgegenzutreten. Eine Aussage der NEOS hat sich hier besonders aufgedrängt, um drastisch zu vermitteln, wie erratisch es in diesen Koalitionsverhandlungen wohl abgegangen ist:
Andi Babler kündigte an, „das alles in die Luft zu sprengen“, und blamierte seine eigenen Verhandler:innen!
Freilich betrifft ein Scheitern bei Verhandlungen immer alle Partner, aber es gibt hier schon sehr große Evidenz, dass Andi Bablers Politik ursächlich für das Scheitern war. Noch-Bundeskanzler Nehammer hat schließlich bestimmt nicht freiwillig aus Jux und Tollerei seine politische Karriere beendet und Beate Meinl-Reisinger wäre auch bestimmt sehr gerne Ministerin geworden, war das doch eventuell ihre einzige Chance in ihrer politischen Karriere. Seit Sommer 2023 war ja eigentlich klar, dass alles auf die Zuckerlkoalition hinauslaufen würde. Dennoch haben sich ÖVP, NEOS und SPÖ in drei Monaten nicht einigen können. Nehammer spricht von Retro- und Schubladenpolitik der SPÖ, wo aus Angst vor einer Stärkung des „Kapitals“ wichtige Reformen für den Wirtschaftsstandort abgelehnt wurden.
Wenn der „böse“ Wirtschaftsbund laut Babler-Spin wirklich eine Koalition mit der FPÖ hätte forcieren wollen, dann wäre das wohl im Herbst längst geschehen. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall, wie auch Karl Nehammer offen in seinem Podcast sagt. Man hat ihm innerparteilich in der ÖVP drei Monate lang freie Hand gelassen, seine politische Zukunft und die der Partei völlig auf der Zusammenarbeit mit Andi Babler aufzubauen. Heraus kam bei diesen Verhandlungen nichts. Bis schließlich die NEOS die Reißleine gezogen haben und auch Karl Nehammer nicht länger mit leeren Händen und faulen Kompromissen politisch dastehen wollte und konnte.
Die Sichtweise der NEOS
Nach dem Koalitionsaus am Freitag schaltete die SPÖ sofort in eine mediale Diffamierungskampagne. Den NEOS wurden Pensionskürzungen und Gehaltskürzungen für Lehrer, Polizisten unterstellt. Das geschah so rasch, dass die Pinken sich gewissermaßen fassungslos gaben und das sofort dementierten. Angesichts von mehreren Babler-Pressekonferenzen war den NEOS aber klar, dass sie ihre eigene Position formulieren mussten. Das geschah dann mit einem eigenen Papier! Damit reagierten die NEOS auf den SPÖ-Spin vom Wochenende, wonach Sie am Ende der Verhandlungen die primäre Schuld tragen würden. Das Papier macht schon im Aufmacher eines unmissverständlich klar:
Andreas Babler hat das Scheitern der Regierungsverhandlungen zu verantworten. Nicht weiter wie bisher, heißt für uns auch ehrlich und transparent zu arbeiten. Daher müssen wir auf die Fake News von Andreas Babler reagieren.
Der Babler verstolperte sich also einmal mehr. Während er offenbar vor der Presse mit erfundenen Geschichten und eigenen Spins schamlos hausieren ging, begannen die NEOS den „Verhandler Babler“ für die Nachwelt zu dokumentieren. Während Kanzler Nehammer sich eher zurückhielt, hatte der Babler dann doch medial für die NEOS zu viel Porzellan zerschlagen. Das erforderte eine Replik und die NEOS wurden darin deutlich, wie mühsam es war, mit Andi Babler zu verhandeln:
Während die NEOS für ein konstruktives und wertschätzendes Gesprächsklima sorgten, zeigte sich Babler mehrfach destruktiv und cholerisch. Er kündigte an, „das alles in die Luft zu sprengen“, und blamierte seine eigenen Verhandler:innen, indem er bereits getroffene Vereinbarungen – etwa zur Reform der Pensionen – wieder zurücknahm. Seine Führungsschwäche und Unberechenbarkeit machten eine Einigung unmöglich.
Besonders auffällig war Bablers Haltung bei den Pensionen. Während unter einer SPÖ-geführten Regierung 2013 moderate Konsolidierungsbeiträge der Pensionist:innen umgesetzt wurden, lehnte Babler selbst geringfügige Reformen kategorisch ab und dies trotz der Tatsache, dass Pensionserhöhungen in den letzten Jahren deutlich über den Anpassungsfaktor hinausgegangen sind und der Fiskalrat diese als maßgeblichen Beitrag zum Defizit identifiziert hat. Selbst die traditionell reformkritische Gewerkschaft zeigte sich zunächst gesprächsbereit. Doch Babler intervenierte und blockierte jeden Fortschritt.
Die Verhandlungen scheiterten nicht an mangelndem Willen der anderen Parteien, sondern an der bewussten Blockadehaltung von Andreas Babler. Selbst die Gewerkschaft, traditionell bekannt für ihre Blockadestrategien, zeigte mehr Offenheit als die SPÖ unter Bablers Führung.
Man sieht also einmal mehr, dass die SPÖ in politischer Geiselhaft ihres Vorsitzenden zu stehen scheint. Den kann man zwar zu Verhandlungen nötigen – die SPÖ Wien hat das zweimal getan – wie er sich darin persönlich verhält, ist aber offenbar wieder ein anderes Thema.
Die Sichtweise der ÖVP
In seiner Rücktrittsrede verkündete Bundeskanzler Karl Nehammer zum Grund für den Abbruch der Verhandlungen dann am Sonntag folgendes:
Heute muss ich Ihnen leider berichten: Diese Verhandlungen sind beendet und werden nicht fortgeführt. Es ist augenscheinlich, dass die destruktiven Kräfte in der SPÖ die Oberhand gewonnen haben. Die Volkspartei kann und wird kein Programm unterschreiben, dass wirtschaftsfeindlich, wettbewerbsfeindlich und leistungsfeindlich ist. Mit uns gibt es keine Bevormundung, keine Zerstörung von Arbeitsplätzen und keine Vernichtung von Wohlstand. Österreich steckt in einer langen Rezession, die gravierende Auswirkungen hat.
Wir haben dutzende Vorschläge gemacht. Es gab nie einen Zweifel darüber, dass wir Eigentums- und Erbschaftssteuern nicht zustimmen werden. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Radikale für kein einziges Problem eine Lösung bieten, sondern nur davon leben, diese zu beschreiben.
Bundeskanzler Karl Nehammer, https://twitter.com/search?q=karl%20nehammer&src=typed_query
Laut Bundeskanzler Nehammer gab es in den Verhandlungen eine Folge von Aufs und Abs mit der SPÖ. Zuletzt habe sich aber die Klassenkampfrhetorik des Andi Babler wieder durchgesetzt. Ein eindimensionaler Blick habe geherrscht und das große Ganze einer modernen Wirtschaft sei dabei verlorenen gegangen. Wer nur gegen die „Begünstigung des Kapitals“ polemisiert, der vergisst dabei, dass ein attraktiver Wirtschaftsstandort für Arbeitsplätze essentiell wichtig ist. Von der SPÖ kam viel „Retropolitik“ und „Schubladendiskussionen“ resümiert Karl Nehammer.
Die Sozialdemokraten wollten keinen gemeinsamen Weg finden. Wäre eine andere Gruppe in der Sozialdemokratie der Gegenüber gewesen, wäre die Koalition fertig verhandelt worden.
Bundeskanzler Nehammer in seinem Podcast „Karl wie gehts“; Quelle: https://open.spotify.com/episode/5RRbJ97ziwP5r5MQfC3Y1i
Die mediale „Vertuschungsaktion“
Andi Babler erkannte also am Samstag, dass sofortige Pressearbeit nötig war, um nach seiner Niederlage im Verhandlungspoker nicht als Alleinschuldiger dazustehen. Daher gab er schnell eine Pressekonferenz und marschierte noch am Samstag in die ZIB2 und erzählte überall seine Version der Vorkommnisse. Dunkle Mächte im Wirtschaftsbund wären ausgerückt, um den konsensbereiten Karl Nehammer – der laut Babler wirklich wollte – im letzten Moment zu stoppen. Eine Version, nach der alle schuld waren, nur nicht Andi Babler und die SPÖ. Oliver Pink hat diese PR-Taktik in der „Presse“ so beschreiben:
Was Andreas Babler aber rasch erkannt hat, war, wie er die Sache in der öffentlichen Wahrnehmung zu seinen Gunsten dreht: Zuerst eine Pressekonferenz live zur „Zeit im Bild“-Sendezeit, dann ein Auftritt in der „ZiB2“. Was er dort sagte, wurde bezeichnenderweise nicht von ÖVP-Vertretern, sondern von Neos-Abgeordneten mit scharfen Worten in Frage gestellt.
Oliver Pink in https://www.diepresse.com/19226774/guten-morgen-spoe
Ausgehend von der SPÖ und dem eventuell etwas „wahrheitskreativen“ Auftritt ihres Chefs haben dann linksliberale Medien wie der ORF sofort den roten politischen Spin durchgekaut und wiedergekaut: „Der Wirtschaftsbund, nicht Andi Babler, habe die Verhandlungen beendet“. Das wird seitdem fleißig in den Medien und insbesondere im ORF mit einem gewissen Unterton wiederholt. Das klingt unter linken Verschwörungstheoretikern wie einem Peter Pilz dann ungefähr so:
Tatsächlich aber hat die ganze Republik drei Monate lang dem Treiben ohne Ergebnisse zugesehen und die Verhandler bis 5 nach 12 gewähren lassen. Was aber passiert, wenn linke und liberale Politiker es „wagen“, von der gewünschten medialen Erzählung der „Wiener Blase“ um die SPÖ abzuweichen, konnte man schön auf dem „Bluesky“-Account von Falter Chef Florian Klenk nachlesen. Als Rudi Fussi das Verhandlungsende bedauerte und Sepp Schellhorn seine Fassungslosigkeit über dreiste SPÖ-Unredlichkeiten von Andi Babler in der ZIB2 vom Samstag zum Ausdruck brachte, passierte folgendes: 2x zensurieren bitte!
Wir werden also auch in Zukunft wohl immer wieder den Spin hören vom „bösen ÖVP-Wirtschaftsflügel“, der dem „guten ehrlichen Kämpfer Andi Babler“ sein Regierungsamt und der SPÖ die Koalition verweigert hat. Tatsächlich war es aber leider Andi Babler selbst, der laut Sepp Schellhorn zu lange zu viele rote Linien aufgezogen hatte. Schellhorn merkte angesichts Bablers Spin in der ZIB 2 auf Twitter sarkastisch an:
Erstaunlich . Ich sass wohl in falscher Verhandlungsgruppe . Steuern, Wirtschaft, Entlastung, Standorte , wurde alles auf rot gestellt . Von Seiten der SPÖ – also – was ist jetzt mit der Wahrheit?
Sepp Schellhorn (NEOS Verhandler), zitiert nach https://x.com/pepssch/status/1875647939064033746
Fazit
Wenn nach drei Monaten von Koalitionsverhandlungen zwei von drei Verhandlungspartnern vom „Sprengmeister“ Andi Babler und seinen „destruktiven Kräften in der SPÖ“ sprechen, dann sollte klar sein, woran die Koalition gescheitert ist: An Andi Babler! An Bablers Präpotenz mit 21% nach einer Wahl mit einer bürgerlichen Zweidrittelmehrheit seinen zwei bürgerlichen Koalitionspartnern ein dezidiert linkes Programm verordnen zu wollen. Er hat wohl offensichtlich die Verhandlungen sabotiert, weil er selbst gar nie in eine unangenehme Regierungsverantwortung wollte (siehe dazu: https://www.dermaerz.at/zuckerlkoalition-aus-warum-die-oevp-den-neos-dankbar-sein-sollte/). Zweimal ließ er sich nur von der SPÖ Wien überhaupt zu Verhandlungen nötigen und setzte diese dann – dem Vernehmen nach – entsprechend lustlos und teils kompromisslos auch um!
Die NEOS um Beate Meinl-Reisinger und Karl Nehammer haben es sich sicher nicht leicht gemacht, denn ihre Politkarrieren standen mehr oder weniger auf dem Spiel. Es bleibt somit das Fazit, dass durch eine ungelenkige politische Taktiererei des Andi Babler am Ende von drei Monaten Verhandlungen quasi die Kanzlerschaft von Herbert Kickl als quasi einzige Option übrig geblieben ist. Neuwahlen sind für alle Parteien bis auf die FPÖ nämlich keine gute Option. Für Österreich ohnehin nicht, denn es droht ein Defizitverfahren der EU, der Verlust eines Teils der Souveränität, eine Abstufung durch die Ratingagenturen und damit eine noch teurere Verschuldung. Statt marxistischer Irrlehren braucht es jetzt eine marktwirtschaftliche Sanierung.
Finanzielles
Liebe Leserinnen und Leser von „Der März“,
Unsere Seite ist ein Ort für kritischen Journalismus, tiefgehende Analysen und gut recherchierte Hintergrundberichte. Wir sind sehr stolz darauf, unabhängig zu arbeiten, denn das macht es uns möglich, Themen und Perspektiven zu behandeln, die in der Mainstream-Medienlandschaft oft untergehen oder anders rezipiert werden. Unsere Arbeit setzt akribische und sehr zeitintensive Recherche voraus und verursacht eben leider auch Kosten. Aus diesem Grunde sind wir auf die finanzielle Unterstützung unserer treuen Leser angewiesen. Nur mit Ihrer Unterstützung kann unser kleines ehrenamtliches Team nämlich auf Dauer bestehen bleiben und die mit der Herausgabe unseres Mediums verbundenen Kosten (Plattformfinanzierung, Lektorat, etc) abdecken. Jede Spende, egal wie klein, trägt dazu bei, unsere Arbeit zu finanzieren und unser Medium als Plattform für unabhängigen Journalismus zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Unterstützen Sie uns daher bitte heute noch und helfen Sie mit den Fortbestand unseres Mediums „Der März“ zu gewährleisten! Vielen Dank!
Sie können ganz einfach und sicher hier spenden :
Falls Sie direkt überweisen möchten, ganz ohne Paypal oder Kreditkarte, dann finden Sie hier unsere Kontodaten:
IBAN: DE46 1001 1001 2622 4193 03
BIC: NTSBDEB1XXX
Vielen herzlichen Dank für eure Treue und Unterstützung !
Das Team von „Der März“
Links & Quellen
https://twitter.com/search?q=karl%20nehammer&src=typed_query
4 thoughts on “Andi Babler: Der schamlose Sprengmeister der Zuckerlkoalition”
Comments are closed.