Bitcoin: Revolution oder gigantische Spekulationsblase?

Bitcoin war im Jahr 2020 ziemlich gehypt: der Kurs explodierte geradezu im Jahresverlauf um 270 Prozent. Nimmt man die totale Schwankungsbreite her (vom Tiefstkurs bei 4301 Euro zum Höchstkurs 23.747) waren es sogar 452 Prozent. Die folgende Grafik zeigt diese massive Aufwärtsbewegung während der Coronakrise, wo der Bitcoin seinen Tiefststand interessanterweise beim Beginn der ersten weltweiten Lockdowns Anfang/Mitte März erreichte. Der erste Bitcoin wurde übrigens im Januar 2009 erschaffen, was zeigt wie jung diese Kryptowährung erst ist.

Jamie Dimon, der CEO von JP Morgan, einer der weltgrößten Banken, bezeichnete Bitcoin noch im September 2017 als reinen Betrug, nützlich nur für Mörder und Drogendealer. Nun veröffentlichte seine Bank eine Studie wonach die Kryptowährung auf 146.000 US Dollar steigen könnte – was ein Vielfaches des aktuellen Wertes ist. Analysten sprechen nun von Bitcoin als Alternative zum Gold, als neue Fluchtwährung aus dem US-Dollar. Dies zeigen letzte Markttrends: Bitcoin saugt laut Marktexperten Gelder auf, die normalerweise in den Goldmarkt fliesen würden. Aber ist das eine nachhaltige Entwicklung? Welchen Wert hat Bitcoin eigentlich?

Welchen Wert hat eigentlich ein Bitcoin?

Um diese Frage zu beantworten werfen wir einen Blick auf die folgenden Charts. Als Cyberwährung verfügt der Bitcoin wie reguläre Währungen über einen Wechselkurs zum Dollar und zum Euro. Die Entwicklung von Letzteren betrachten wir hier im letzten Jahr und stellen fest: Es ging zienmlich nach oben !

Mittelfristig (Langfristig gibt es den Bitcoin ja noch nicht) sieht es folgendermaßen in der Periode 2016-2021 aus:

Man erkennt klar eine größere Volantilität um den Jahresbeginn 2018 mit einem ersten Allzeithoch Ende Dezember 2017, dass dann erst im Dezember 2020 wieder übertroffen wurde. Dazwischen war der Bitcoin von Perioden der Stabilität und hoher Volantilität geprägt, wie die Grafik zeigt. Lange Zeit oszilierte der Kurs etwas über 5.000 Euro und kratzte zwischen 2018 und Ende 2020 nur selten an der 10.000er Marke.

Für die Kryptowährung spricht trotz aller Volatilität ein gewisser Schutz vor Inflation, da der Bitcoin limitiert und damit wie Gold nicht beliebig vermehrbar ist. Seine Gesamtzahl ist streng auf 21. Millionen Stück limitiert, denn mehr lässt der Code des Blockchainsystems nicht zu. Jeder Bitcoin ist dabei noch fast beliebig teilbar, die Anzahl wird aber immer wie gesagt gleichblieben. Die kleinste Einheit im Bitcoin-Universum ist übrigens der Satoshi, welcher 0,00000001 Bitcoin entspricht.

Die Volantilität des Bitcoin im Coronajahr 2020 bis zum Jahreswechel 2021

Alleine im Januar 2021 erreichte der Bitcoin einen Umtauschkurs von 1 zu 41.942 Dollar, brach dann aber innerhalb weniger Tage wieder auf 26.422 Dollar ein (minus 37 Prozent). Zum Allzeithoch kommen aktuell also extreme Schwankungen im Wert dieser Cyberwährung. Laut Handelsblatt steckt hinter den jüngsten Kursverlusten, die auch andere Cryptowährungen wie Ethereum und Ripple betrafen, eine Angst vor stärkeren Regulierungen der Cryptowährungen durch die Biden-Administration. Man befürchtet etwa, dass die neue Finanzministerin Janet Yellen, die Verwendung der Währung ziemlich einschränken wird. Der Vorwurf: Kryptowährungen werden zur Finanzierung von illegalen Aktivitäten verwendet.

Wer für die Ralley davor verantwortlich ist, ist dagegen eher schwer zu sagen. Der Markt mit vielen Handelsplätzen ist schwer überschaubar und ziemlich anonym. Ganze 95 Prozent der Kryptowährung liegen auf zwei Prozent der bestehenden und völlig anonymen Konten. Trotz aller Unsicherheit ist die Währung aber enorm gefragt. Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock etwa verkündete erst kürzlich seinen Instieg in Bitcoin-Futures und adelte damit die Kryptowährung. Experten wie der österreichische Bitpanda-Gründer Eric Demuth machen den zunehmenden Einstieg von Milliardären und Investmendfonds für die Ralley mitverantwortlich.

Aktuell dürften die Kurse nun auch deshalb fallen, weil wie Anfang 2018 Anleger ihre Gewinne mitnehmen. Die Handelvolumina pro Tag sind von 13 Milliarden US-Dollar (2020) auf 68 Milliarden US-Dollar geradezu explodiert, was einerseits natürlich ein enormer Zuwachs ist, für eine „Weltwährung“ andererseits natürlich aber immer noch ein relativ geringes Volumen ist. Auch relativ zur Marktkapitalisierung von Gold 2020 (rund 10 Billionen US-Dollar), ist die Bitcoin Marktkapitalisierung mit 700 Milliarden US-Dollar noch (!) gering. Die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen (inklusive etwa Eterum, Ripple, Bitcoin-Cash, Litecoin etc.) lag 2020 bei rund 1 Billion US-Dollar.

Was ist eigentlich die Blockchain?

Um Bitcoins zu generieren (bis dann 21 Mio Stück erreicht sind) müssen Computer Rechenaufgaben lösen, für deren Auflösung sie dann eine regelmäßig abnehmende Summe von Bitcoins bekommen. Das so genannte Mining passiert global und dezentral und im globalen Computernetzwerk werden dann alle Transaktionen eines bestimmten Zeitraums gesammelt und zu einer Liste zusammengefügt. Die Liste all dieser Transaktionen eines bestimmten Zeitraumes nennt man Block. Die Liste aller Transaktionen ist dann die Blockchain, also eine Kette von Blocks aneinandergereiht.

Das Innovative dabei ist, dass durch die dezentrale Erfassung das System transparent ist und eine Kette von echten Transaktionen die Siegel für die Echtheit der letzten Transaktionen bietet. Eine solche Krypto-Transaktion zu manipulieren ist deshalb sehr sehr schwierig und leicht als Fälschung zu enttarnen. Weil in der gemeinsam verwalteten dezentralen Datenbank der Blockchain alle Transaktionen verzeichnet und mit einer digitalen Signatur versehen sind. Der Besitz der Kryptowährung wird durch einen kryptographischen Schlüssel nachgewiesen.

Was kann man mit der Kryptowährung machen?

Nun man kann damit natürlich spekulieren und Gelder in dieser Anlage bunkern. ABER man kann auch immer öfters damit bezahlen. Das österreichische UNternehmen Bitpanda hat ewa gemeinsam mit Visa eine Visacard herausgebracht, mit der man Alltagstransatkionen in Bitcoin tätigen kann. Es gibt einige Bitcoinautomaten, Geschäfte wo man damit einkaufen kann und auch im Internet gibt es mittlerweile genügend Nischen wo man mit der Kryptowährung Einkäufe tätigen kann. Ein Euro oder Dollar mit seiner weltweiten Einsetzbarkeit bei allen Produkten ist das aber freilich nicht. Schlicht schon weil nicht jeder Verkäufer ein digitales „Wallet“ hat, womit er eine Bitcoinzahlung dann akzeptieren könnte.

Die Stimmen der Kritiker

Kryptowährungen sind nicht zurückverfolgbar aktuell, was sie zum bevorzugten Mittel für Geldwäsche, kriminelle Transaktionen und anderen Missbrauch macht. Deshalb auch die vergangenen Vorwürfe, dass vor allem Kriminelle von Kryptowährungen profitieren würden. Risiko besteht schon beim Handel mit Kryptowährungen, da dieser bisher nicht immer sicher ist: Wenig seriöse Bitcoinbörsen scheiterten und wurden einfach geschlossen und das Kryptogeld dort war dann verloren. Hacker räumten in anderen Fällen ganze Plattformen leer.

Kritiker wie Kevin Muir, ein unabhängiger Kryptowährungshändler, bezeichnen den jüngsten Kursanstieg 2020/21 geradezu als Spekulationsmanie. Muir stellt alle Vorhersagen infrage und argumentiert, dass prinzipiell alles möglich sei. Allerdings bestehe eine Korrelation mit der Stabilität des Weltfinanzsystems und dieses ist auf dem Weg der Besserung. Ein Bitcoinkurs von 100.000 pro Dollar, müsste da schon massive Verwerfungen der Weltwirtschaft als Auslöser haben. Verwerfungen die die Regierungen so aber nicht zulassen werden.

Andere Kritiker warnen, dass Bitcoin auch ein Opfer seines eigenes Erfolgs werden könnte. Speziell dann, wenn Zentralbanken eigene digitale Währungen auflegen, die Blockchain nutzen und so den Nutzen von Bitcoin als digitales Zahlungsmittel obsolet machen. Die amerikanische Fed und die europäische EZB liebäugeln aktuell stark mit der Einführung eigener E-Währungen. Facebook steht mit seiner digitalen Währung „Diem“ ebenfalls vor einem möglichen Marktstart im Laufe des Jahres 2021.

Ausblick

Experten erwarten, dass die Marktkapitalisierung von BItcoin sich alleine in den kommenden 2,3 Jahren um 30 bis 50 Prozent von den gegenwärtigen 700 Milliarden Euro erhöhen wird. Was ein enormer Zuwachs ist und für viele Anleger wohl ein sehr gutes Argument darstellt zu investieren und ein Risiko einzugehen.

Trotz aller positiven Erwartungen sollte man als ANleger wissen: Bisher war der Kursanstieg immer volantil. Zuerst verdoppelte sich der Kurs in drei, vier Stufen und halbierte sich dann wieder nach einem steilen Anstieg. Es braucht also privaten Wagemut um in die Ralley der Milliardäre einzusteigen, wenngleich schöne Gewinne winken mögen. Für den Privatanleger ist es auch wichtig zu wissen, dass bei einer Haltedauer von unter einem Jahr Abgaben ans Finanzamt notwendig wären. Nach Jahren der Unreguliertheit, schreitet nun auch im Kryptomarkt langsam aber doch die staatliche Regierung wie in allen anderen Aspekten des Finanzmarktes voran. Der Einstieg von Paypal in den Bitcoinmarkt wird diesen breitenwirksam wohl noch weiter streuen und mehr Nutzer einladen die Kryptowährung als virtuelles Asset zu halten.

Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk sorgte mit folgendem Tweet für noch weiteres Aufsehen für die Kryptowährung – garniert mit der Frage ob er denn seine Unternehmensbilanz nicht gleich ganz in Bitcoin konvertieren solle:

Fazit

Um die Eingangsfrage zu beantworten: Es gilt wohl beides ! Die Blockchain ist eine technologische Innovation und Bitcoin hat definitiv das Potential immer wiederkehrender Spekulationsblasen. Es mag lange als alternative Währung gepusht worden sein, seine extreme Volantilität 2020 zeigt aber, dass es eher als Pendant zu Gold, als zum Dollar heute geeignet ist. Als Wertaufbewahrungsinstrument und als ein Spekulationsobjekt frei von Inflation. Freilich darf man bei Bitcoin seine Passwörter nicht vergessen, oder den Speicherort des Bitcoins vergessen. Ansonsten ist das eigene Vermögen nämlich wirklich Geschichte, denn hier entschuldigt Bitcoin keine Fehler.

Die Zukunft der Kryptowährungen werden deshalb auch die Regulierungsbehörden mitbestimmen, wie auch Konkurrenzwährungen von Facebook und E-Währungen von EZB, Fed und der chinesischen Zentralbank. Die Geschichte mit dem Goldstandard zeigt desweiteren, dass eine Wirtschaft eine flexible Geldmenge braucht. Woraus wir schließen können, dass Kryptowährungen niemals unser „normales“ Geldsystem ersetzen werden. Sie werden vielmehr ihre Rolle in einer Nische daneben finden und die Aktienmärkte um neue Anlageobjekte ergänzen. Anlageobjekte mit denen man auch einige Zahlungen direkt tätigen kann.

Links & Quellen

Eduard Steiner (25.01.2021): Diese Aktien hätten im Vorjahr reich gemacht. In: „Die Presse“ vom 25.01.2021: S. 7

Thomas Martinek (15.01.2021): Geldanlage 2021. In: „trend. Das Wirtschaftsmagazin“: S. 66

https://www.finanzen.net/devisen/bitcoin-euro-kurs

https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/kryptowaehrung-bitcoin-faellt-unter-30-000-dollar-sorgen-wegen-regulierung-und-blasenbildung/26842192.html?ticket=ST-11724257-ij2IJl3k61tb46BaOfKd-ap6

https://www.test.de/Bitcoin-So-funktioniert-das-Geld-aus-dem-Internet-5204320-0/

https://www.derstandard.at/story/2000122570409/bitcoin-ist-nicht-zu-stoppen-neues-rekordhoch-und-viel-fantasie