Die Familie Dichand ist anlässlich der WKStA Ermittlungen gegen die Zeitung „Heute“ und Herausgeberin Eva Dichand persönlich wieder einmal in aller Munde. Es steht der Vorwurf im Raum, dass positive Berichterstattung gegen Inserate und eine gewünschte Reform beim Stiftungsrecht zwischen Thomas Schmid und Eva Dichand ausgedealt wurden. Massive Einflussnahme auf die Politik ist für die Familie Dichand dabei beileibe nichts neues: Ohne die „Kronen Zeitung“ und Dichand Senior wäre Werner Faymann (SPÖ) wohl nie Kanzler Österreichs geworden und dann fast 10 Jahre geblieben.
Gemeinsam mit einer mutmaßlich SPÖ-nahen Stiftung betreiben die Dichands neben der „Krone“ die Boulevardzeitung Heute, die vor allem in Wien öffentlich zur Gratis-Entnahme überall aufliegt. Zusätzlich gehört der Familie Dichand die Hälfte der Kronen Zeitung, sowie wichtige Anteile am größten österreichischen Zeitungen- und Zeitschriftenverlag Mediaprint. Mit krone.tv ist dazu auch noch ein Fernsehsender gekommen, wobei Krone-Journalisten auch bei Puls4/ATV oft auftreten und dort teils sogar politische Diskussionen moderieren dürfen. Wir haben hier also eine sehr sehr mächtige Familie, was man unter anderem sieht, dass zu Eva Dichands 50er die halbe Republik aufmarschiert ist und fleißig in einem Heute-Jubileumsheft inseriert hat! Sogar der ORF und diverse Ministerien gaben Wortspenden für die Jubilarin ab. Gleichzeitig ist die Kritik an der Familie Dichand dementsprechend leise!
Wir wollen uns in diesem Artikel nun mit dem System Dichand auseinandersetzen und darlegen wie diese einflussreiche Familie immer schon gerne vorzugsweise mit SPÖ oder FPÖ politisch kokettiert hat. Aber auch Sebastian Kurz war während seiner Kanzlerschaft ein Liebling der Dichand Medien, was ihm nun WKStA Ermittlungen eingebracht hat, nachdem Thomas Schmid in seiner Einvernahme von einer Bestechung von Kurz durch Dichand gesprochen haben soll. Wie in Österreich Wahlen bisher oft gewonnen werden, demonstriert ein Schmid-Zitat zur Krone:
Bald werden auch die Hunde in der Krone-Tierecke Kurz wählen
Thomas Schmid, zitiert nach https://www.puls24.at/news/wirtschaft/schmid-bald-werden-auch-die-hunde-in-der-krone-tierecke-kurz-waehlen/293339
Das Urgestein: Hans Dichand (1921-2010)
»Unser Platz als Zeitungsmacher ist im Vorhof der Macht. Ich streichle lieber meinen Hund daheim, als Macht auszuüben.«
Hans Dichand, zitiert nach: https://www.nachrichten.at/nachrichten/fotogalerien/society/cme60422,248536
So kokettierte ein Zeitungsmacher einst ganz bescheiden, der sonst Bundeskanzler stürzte und der Minister nur zu gerne zum Vorsprechen in seiner Redaktion aufmarschieren ließ, um sie zu beurteilen. Ex-Politiker wie Wilhelm Molterer beschrieben ganz offen sein Vorgehen: Vor der Wahl 2008 forderte er von der Politik in einer Kampagne ein Bekenntnis zu wichtigen EU-Themen Volksabstimmungen abzuhalten. Während sich die ÖVP hier einem Koteau verweigerte, schrieb SPÖ-Spitzenkandidat Faymann einen offenen Brief an den Krone-Herausgeber und stimmte devot den Forderungen Dichands zu. Die Krone pushte daraufhin massiv Faymann und der gewann knapp vor der ÖVP die Wahl. Sogar die „Tiere würden Faymann“ wählen hieß es unter anderem in der Krone Tierecke.
Dichand hatte aber auch schon davor gerne auf die „rote Karte“ gesetzt, was die Stadt Wien und die Bundes-SPÖ wohl immer wieder gerne mit öffentlichen Inseraten honorierten. Im Jahr 1999 unterstützte er etwa SPÖ-Kanzler Klima, 2006 dann Gusenbauer und schließlich 2008 Werner Faymann. Gemeinhin gilt die Schwarz-Blaue Koalition 1999 als „erste bedeutende politische Richtungsentscheidung Österreichs der letzten 30 Jahre, die gegen den deklarierten Willen von Hans Dichand zustande kam“. Wolfgang Schüssel verweigerte als ÖVP-Kanzler sich partout Dichands Einfluss und wurde deshalb in der Krone nur zu gerne als „wenig volksnah“ kritisiert. In Kombination mit den frühen Silbersteinmethoden der Gusenbauer-SPÖ sorgte dies wohl für Schüssels Wahlniederlage 2006. Der Boulevard hat also traditionell viel Macht in unserer Alpenrepublik und dementsprechend auch jene Familien die diesen besitzen. Wie die Familien Dichand, aber auch natürlich Fellner.
Inhaltlich sprach er sich Dichand Senior stets für eine rechte Ausländerpolitik aus, setzte aber trotzdem gerne auf SPÖ-Kanzlerkandidaten und versuchte diese dann interessanterweise auf den „rechten Weg“ zu bringen. Bei Faymann ist das insofern gelungen, als das seine „Liesinger Partie“ ideologisch nicht gerade punkten konnte, sondern dem Machterhalt oft die eigenen linken Inhalte unterordnete.
Die Kronen Zeitung
Die Kronen Zeitung ist seit vielen Jahrzehnten die einflussreichste Tageszeitung Österreichs. Im Jahr 2005 erreichte die „Krone“ dabei laut Österreichischer Media-Analyse täglich im Durchschnitt 3,074 Millionen Menschen (14 Jahre oder älter), das entsprach einer Reichweite von 44,9 %. Dieser Anteil hat sich bis 2021 zwar auf rund 23 % (1,762 Millionen Menschen) halbiert, ist aber immer noch beachtlich (siehe: https://media-analyse.at/table/3678)! Es verwundert also nicht, dass im Parlament viele Parlamentarier auf ihren Pulten oft die „Kronen Zeitung“ lasen, um nachzuvollziehen was im Land an Nachrichten ankam. Dichand Senior proklamierte dabei dem Leser stets eine Nasenlänge voran zu sein, um ihn politisch und emotional stets mitzunehmen.
Bei Politikern war es nicht viel anders. Vor allem SPÖ und FPÖ-Politiker „regierten“ nur zu gerne gemeinsam mit dem „Krone“ Patriarchen. Die Folge waren dann kuriose Bekenntnisse eines Bundeskanzlers Faymann bei seiner Einvernahme zum Faymannschen Inseratenskandal wie das Folgende:
Bundeskanzler Faymann soll bei seiner Einvernahme erklärt haben, dass er gemeinsam mit dem ehemaligen Herausgeber der „Kronen Zeitung“ die umstrittene Kampagne zu den ÖBB eingefädelt habe.
https://www.kleinezeitung.at/politik/3972851/Laut-EinvernahmeProtokollen_Faymann-beriet-OeBBKampagne-mit-Dichand-
Die Krone bekam also ÖBB-Inserate vom Minister und späteren Kanzler. Besprochen wurde die Idee teuer zu inserieren dabei aber nicht etwa bei den Bundesbahnen selbst, sondern gleich zwischen Minister Faymann und dem Empfänger der Inserate Hans Dichand. Die ÖBB wurden dann von Faymann nachträglich informiert, wo man nun Inserate zu schalten habe. In der Gegenwart nimmt die Bedeutung der Krone zwar immer mehr ab, aber ihr Einfluss ist mit rund 25% Reichweite immer noch ziemlich groß. Ladet etwa im Jahr 2016 ein einflussreicher Krone Redakteur wie Tassilo Wallentin zu seinem (!) privaten Buch-Abend, dann kommen viele wichtige Leute aus Medien und Politik von nah und fern:
„Krone“-Herausgeber Christoph Dichand mit seiner Ehefrau Eva, Minister Sebastian Kurz, Staatssekretär Harald Mahrer, Burgenlands Landesvater Hans Niessl, Dorotheum-Geschäftsführer Martin Böhm und Tausendsassa Hubertus von Hohenlohe folgten der Einladung von Wallentin.
https://www.krone.at/529807
Wallentin kandidierte übrigens 2022 dann auch als Bundespräsident und schaffte dank „Krone“ Fanclub ohne Mittel und Strategie respektable 8 % der Wählerstimmen.
Die Heute Zeitung
Die Gratis-Zeitung „Heute“ liegt in Wien und Umgebung in vielen Haltestellen kostenlos auf und erzielt so eine enorme Reichweite. Es hilft dem Boulevardblatt dabei enorm ihre Verteilungsboxen in den Haltestellen der Wiener Linien im (sic!) SPÖ regierten Wien aufstellen zu dürfen. Mit „sozialdemokratischen Stiftern“ teilen die Dichands sich übrigens auch die Zeitung, wenn man diversen Berichten etwa im Standard glauben darf (25%/25%). Da gibt es die Pluto Privatstiftung (Dichand) und die Periodika Privatstiftung (Sozialdemokraten), die über die Zeit mit wechselnden Anteilen an Heute beteiligt waren. Das ist nicht übermäßig bekannt und wird von den Dichands gerne negiert, deshalb sind so Schlagzeilen wie die folgende im Standard eine absolute Ausnahme in Österreich:
Gratiszeitung: Neue Eigentumsverhältnisse bei „Heute“: Mehr Rot, weniger Dichand
https://www.derstandard.at/story/2000017262693/heute-hat-neue-eigentumsverhaeltnisse-mehr-rot-weniger-dichand
Die Heute-Herausgeber bestreiten diese Berichte. So soll wohl die bestehende Nähe zur sozialdemokratischen Wiener Politik negiert werden! Dabei ist das ganze Projekt „Heute“ wohl ein Liebkind von Verlegerfamilie und der SPÖ Wien. Es geht um Geld, Reichweite und medialen Einfluss in Wien und Umgebung.
Dichands Mitgesellschafter in der Mediaprint hatten Dichand senior im Frühjahr 2004 gerade sein Lieblings-Projekt „U-Express“ abgedreht; selbst eine solche Gratiszeitung zu gründen, konnten ihm die „Krone“-Mitgesellschafter aufgrund der Gesellschaftsverträge verbieten. Wenige Wochen nach dem Aus für den „U-Express“ und dem Nein aus Essen auf Dichands Anfrage, beschloss der bisherige Faymann-Pressesprecher, eine Gratiszeitung namens „Heute“ zu gründen. Mit dem Team des „U-Express“ und mit einem Kredit der Bank Austria sowie mithilfe einer Stiftung, die ein ehemaliger Bank-Austria-Vorstand ins Leben rief: der Periodika. Eva Dichand wurde 2005 Geschäftsführerin und 2006 zudem Herausgeberin von „Heute“.
https://www.derstandard.at/story/2000017262693/heute-hat-neue-eigentumsverhaeltnisse-mehr-rot-weniger-dichand
Ein sozialdemokratischer Faymann-Pressesprecher gründet also nach Dichand-Idee eine Gratiszeitung mit Geldern der einst roten Bank Austria und der Familie Dichand. Geschäftsführerin wurde dann die Dichand Schwiegertochter Eva. Bezahlen darf unter anderem der Steuerzahler mit hohen Inseratenausgaben:
Der politische Koteau vor Eva Dichand & ihrem Gatten
Gibt es Inseratengeld zu lukrieren, dann wird die Familie Dichand offenbar bei Politikern auch verbal ganz direkt, zumindest wenn man diversen Handy-Chats und der WKStA glauben darf:
Sie seien „ziemlich geschockt“, schrieb Dichand an den damaligen Minister Gernot Blümel, weil „ihr Fellner so viel Geld zukommen lässt“ (sic!). Das Gesetz sei „der letzte Dreck“, das „findet mein Mann auch“. „Das kann es echt nicht sein, schauen uns das jetzt genau an“, schrieb sie dem Minister. Bei Thomas Schmid legte sie dann nach und drohte: „Wir können auch anders!“
https://www.puls24.at/news/wirtschaft/schmid-bald-werden-auch-die-hunde-in-der-krone-tierecke-kurz-waehlen/293339
Die Familie Dichand ist also ziemlich einflussreich und mächtig. Gleichzeitig als Großkunde aber auch millionenschwerer Subventionsempfänger von öffentlichen Geldern über Regierungsinserate. Zwischen verhaberter Politik und Medien herrscht deshalb in Österreich seit Jahren ein Ping-Pong Spiel, das jeder erahnen und seit Thomas Schmid nun auch mitlesen kann. Sebastian Kurz war Teil einer Faymann-Regierung, die bereits eng mit dem Boulevard geküngelt hat. Deshalb hat offenbar dann auch Thomas Schmid hier eine Chance gesehen einen Hebel anzulegen und den Boulevard mit Inserateversprechen einmal mehr zu beeinflussen. All das geschah dann mutmaßlich auf Kosten des Steuerzahlers.
Ist dieses Spiel nach Jahrzehnten nun zu Ende? Es scheint nicht so. Ein bezeichnendes Beispiel dafür gibt uns eine „Heute“-Sonderausgabe 2023. Nicht nur der ORF, sondern unzählige einflussreiche Politikerinnen und Politiker, Minister bis zu Bundespräsident Van der Bellen (!) haben dort Zeit und öffentliches Inseratengeld gefunden, um Eva Dichand zu ihrem Geburtstag alles Gute zu wünschen. Der Standard sezierte ganz säuerlich die Geburtstagslektüre:
So schrecklich ist das Magazin gar nicht: Tatsächlich bietet Dichands Gratiszeitung hier zur Feier 96 Seiten auf, um die 40 davon Inserate, 85 gratulierende Prominente,
https://www.derstandard.at/story/2000143921783/eva-dichand-ueber-kunst-happy-places-verlegerischen-groessenwahn-und-das
Fazit
Wir haben es also mit den Dichands mit einer sehr einflussreichen Familie zu tun, wenn nicht sogar mit der einflussreichsten Familie Österreichs. Politiker können es sich offenbar nur schwer leisten den Wünschen der Dichand-Medien nicht zu entsprechen, was sich dann in dementsprechend hohen Inseratenausgaben wiederspiegelt. Oder in Versuchen die Bundesbahnen in der Krone inserieren zu lassen, oder indem man zu Events der Dichand-Medien „gehen muss“. Das die halbe Politprominenz des Landes in einer Heute Geburtstagsausgabe inseriert, um die Heute-Herausgeberin zu feiern, ist ziemlich bezeichned für die politischen Verhältnisse in Wien. Wolfgang Schüssel blieb hier in seiner Distanz zum Boulevard eine lobende Ausnahme.
Die Familie Dichand bzw. besonders die von ihr vertriebene „Kronen Zeitung“ gibt zwar durchaus politisch den herrschenden mitte-rechten Mainstream Österreichs wieder, setzt politisch aber nur zu gerne auf die Wiener Sozialdemokratie. Mit Proponenten aus dem sozialdemokratischen Umfeld ist man ja auch – mutmaßlich (denn es wird gerne bestritten) – geschäftlich an der Zeitung Heute beteiligt. Auch aktuell zeichnet sich nach dem Ende der Ära Kurz wieder sachte ein Meinungsumschwung in der Zeitung ab. Die Karten werden politisch bei der nächsten Wahl neu gemischt und die „Krone“ richtet ihre politischen Aktien neu aus! Ein Hans-Peter Doskozil würde dabei nur zu gut ins klassische Portfolio der Zeitung passen!
Der ÖVP droht also Ungemach gleich von meheren Seiten. Thomas Schmids Winkelzüge könnten erstens auf die Partei zurückfallen, obwohl Schmid wohl primär im eigenen Interesse handelte und mit den jungen Dichands sogar in gemeinsame Urlaube fuhr! Zweitens wartet die Kronen Zeitung nur auf einen neuen politischen Star in der Sozialdemokratie hinter den sie sich 2024 versammeln kann. Die FPÖ ist seit Ibiza nämlich bei der Krone eher unten durch: Man hat der Strache-Partei lang nicht verziehen, dass er die Zeitung vermeintlich „kaufen“ wollte, obwohl beide Seiten (FPÖ wie „Krone“) so lange voneinander profitiert hatten. Strache teilte auf seiner 700.000 Like-starken Facebook-Seite nämlich einst viele Krone-Artikel und schaufelte damit massiv Traffic zur Zeitung!
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Links & Quellen
https://www.nachrichten.at/nachrichten/fotogalerien/society/cme60422,248536
https://www.diepresse.com/6269968/inseraten-affaere-hausdurchsuchungen-bei-heute
https://media-analyse.at/table/3678
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Dichand#Einfluss_auf_Politik_und_Medien
One thought on “Dichand: Eine (schrecklich) einflussreiche Familie”
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