Das Desaster um die Fast-Pleite der Wien Energie war nur der letzte in einer Reihe von Finanzskandalen, in denen Sozialdemokraten in der zweiten Republik versuchten Unternehmen in Regierungsverantwortung zu führen oder Großprojekte im eigenen Machtbereich durchzuführen. In diesem Artikel möchten wir deshalb ein historisches Best-Of der SPÖ Skandale präsentieren und die dabei entstandenen finanziellen Schäden darstellen, alles mit dem Ziel für unsere Leser eine Frage beantworten zu können:
Wie teuer war es letztlich für die Republik Österreich und die Steuerzahler immer wieder große staatliche Unternehmen der SPÖ bzw. ihr nahestehenden Managern anzuvertrauen?
Die Fast-Pleite der Wien Energie im Sommer 2022 hat uns naturgemäß zu diesem Artikel inspiriert. Schließlich untermauert diese ja das alte Vorurteil, unter anderem ausgedrückt in einem bösen Zitat von Margaret Thatcher: „Das Problem mit dem Sozialismus ist es, dass diesem am Ende das Geld anderer Leute ausgeht!“ , oder auf gut österreichisch : „Die Roten können net wirschaften!“ Die unternehmerischen Turbulenzen der Wien Energie sind ja nur das letzte Kapitel in einer Reihe von Skandalen, in denen SPÖ-nahe Manager unter politischer Aufsicht der SPÖ finanzielle Schäden zu verantworten hatten. Zu nennen wären da unter anderem in unvollständiger Aufzählung: Lucona, Konsum, VOEST, Noricum, Verstaatlichen-Krise, Intertrading, AKH-Wien, Bank Burgenland, BACA verspielt ans Ausland, BAWAG in der Karibik verloren, Salzburg-Spekulation, KH Nord und nun eben Wien Energie.
Aufgrund solcher Ereignisse analysierte der Politologe Peter Filzmaier in der ZIB 2 am 29. August 2022 ganz zu recht:
Das Thema Wien Energie hat Krisenpotential. Jetzt hat man Börsengeschäfte für eine gute Idee gehalten und bei einem Unternehmen im Eigentum der Stadt Wien weiß man noch nicht, ob man das Geld zurückbekommen wird … Es stürzt aber auch geradezu eine Erzählung der SPÖ ab, nämlich die Betonung mehr Staat ist gut um Krisen zu bewältigen und dort wo die SPÖ Verantwortung hätte, funktioniere das auch besonders gut. Das ist angesichts der Geschichte der Verstaatlichten schon eine gewagte These, denn die war teilweise pleite.
Politologe Peter Filzmaier in der ZIB 2 (29.08.2022); Quelle: https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14147766
Die Krisen der Verstaatlichen Industrie unter SPÖ-Verantwortung
Und wenn mich einer fragt, wie denn das mit Schulden ist, dann sag ich ihm das, was ich immer sage, und zwar, dass mir ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bereiten als ein paar hunderttausend Arbeitslose mir bereiten würden.
Bruno Kreiskys Austrokeynesianismus, zitiert nach https://www.diepresse.com/623054/kreisky-in-zitaten-lernen-s-ein-bisschen-geschichte#slide-14
Das war das Dogma von SPÖ-Bundeskanzler Kreisky und während und nach seiner Ära wurde von Seiten der SPÖ auch sinngemäß so regiert. Staatliche Betriebe mussten in der Zeit der absoluten SPÖ-Mehrheit im Parlament auf Zuruf aus Wien Arbeitslose einstellen und defizitäre Unternehmungen weiterführen. Die „Verstaatlichte“ fungierte als Auffangbecken für Arbeitslose, war berühmt für ihre Verschwendung, Umweltverschmutzung und die übermäßige Ausstattung mit Arbeitskräften. Diese Politik führte auf Dauer dazu, dass immer mehr der Staatsbetriebe zu Sanierungsfällen wurden. Wird das Geld nämlich für übermäßige Personalausgaben und unproduktive Geschäftszweige verschwendet, dann fehlt es irgendwann anderswo im Unternehmen.
Experten schätzen die Gesamtkosten für die Sanierung der Verstaatlichten Industrie heute auf einen zweistelligen Milliarden Euro Betrag. Der Sanierungsprozess zog sich über zwei Jahrzehnte (1980er und 1990er) hin. Zu lange wurden damals von der lang alleine regierenden SPÖ die unangenehmen Wahrheiten in dieser Causa ignoriert. Dabei ergibt sich übrigens eine interessante Parallele zur Migrationspolitik der letzten zwei Jahrzehnte. Wieder einmal scheitert die SPÖ daran, ihren Wählern und der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken, weil es ihr parteipolitisch nicht opportun erscheint.
Die politischen Wurzeln der Krise der verstaatlichen Industrie liegen also in der Ära Kreisky (1970-1983), in welcher die „Verstaatlichte“ vom profitablen Devisenbringer zum Sanierungsfall wurde. Eine mächtige Rolle nahmen damals starke rote Gewerkschafter ein, wie ein Franz Ruhaltinger, rote Betriebsratskaiser, die sich gegen jede Rationalisierungsmaßnahme stemmten und damit eigene rote Manager in Wien zur Verzweiflung brachten. Anfang der 1990er konnte der SPÖ-nahe ÖIAG-Generaldirektor Sekyra aufgebrachten roten Stahlarbeitern in Kapfenberg zum Zustand der Verstaatlichten nur folgendes ausrichten:
Wir sind pleite. Verstehen Sie doch: Wir sind pleite!
ÖIAG-Generaldirektor Hugo M. Sekyra, zitiert nach Robert Kriechbaumer: Die Ära Kreisky: Österreich 1970–1983.
Was lernen wir daraus? Ist mehr Staat vielleicht doch nicht immer das Wahre?
Das sozialdemokratische Management der Verstaatlichten ging also in den 1970ern und 1980ern nicht gerade lange gut. Vom Devisenbringer 1970 rutschte die Verstaatlichte bereits zu Ende der Ära Kreisky in eine hoffnungslose Rolle, in welcher Milliarden an Steuergeldern verbrannt wurden. Das sollte einen aber allerdings nicht verwundern . Wenn nämlich Gewerkschaften & Sozialdemokraten in der Wirtschaft ungebremst den Ton angeben, dann sind die Prioritäten naturgemäß andere als bei einem privaten Management. Die Gewerkschaft kämpft ja in erster Linie für Arbeitsplätze und höhere Löhne und nicht für ein wirtschaftliches Unternehmertum.
Der Verstaatlichten schadeten dazu auch zahlreiche parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen, vor allem in den besonders relevanten Direktionsetagen. Schwache Manager handelten nicht zum Wohle des Unternehmens und damit dem des Steuerzahlers, sondern agierten auf sozialdemokratischen Zuruf aus Wien oder der Gewerkschaft vor Ort. So wurden über Jahrzehnte Milliardenverluste produziert, wie etwa bei der VOEST Alpine AG . Erst ab ihrer Regierungsbeteiligung ab 1986 sorgten die ÖVP, wie auch die immer unpopulärere Milliardenverluste und Milliardensubventionen für überlebensnotwendige Sanierungs- und Privatisierungsmaßnahmen in der verstaatlichten Industrie. Heute sind viele dieser Firmen nicht mehr unter staatlichem Einfluss und nun meist hochprofitabel.
Intertrading und milliardenschwere Rettungspakete für die Verstaatlichte
Im Rahmen dieser SPÖ-Ära entwickelten sich mehrere Skandale in der Verstaatlichten Industrie. Ein solcher Fall mit interessanten Parallelen zur Wien Energie ist die Causa Intertrading. Intertrading, eine Tochter der hochdefizitären VOEST-Alpine AG, versuchte sich an wilden Ölspekulationen um irgendwie Gewinne zu erzielen. Konkret ging es 1985 um 5,7 Mrd. Schilling bis diese Spekulationen schließlich nach dramatischen Medienberichten von der SPÖ-geführten Bundesregierung beendet wurden. Woraufhin man – no na – Milliarden-Schillinge an Verlusten realisieren musste. Das Motto des damaligen Intertrading Chefs Gernot Preschern liest sich im Nachhinein amüsant, werden doch Parallelen zur Wien Energie ersichtlich:
Preschern, selbst ein rastloser Typ, ließ riesige Ölmengen kaufen und verkaufen, um auf steigende oder fallende Preise zu spekulieren. Das Motto des hemdsärmeligen Managers: „Raus auf die Märkte, rein ins Risiko“.
https://ooe.orf.at/magazin/stories/3022540/
Das Spekulieren war dann der letzte Sargnagel beim quasi-Zusammenbruch der VOEST-Alpine AG, die aber bereits seit 1975 (!!) durchgehend defizitär war. SPÖ-Verstaatlichen Minister Lacina entließ den gesamten VOEST-Vorstand und setzte auf Druck von „VOEST-Betriebsratskaiser“ Franz Ruhaltinger (SPÖ) schließlich Richard Kirchweger, den Chef der Chemie Linz, an die Spitze des Stahlkonzerns, bis schließlich herauskam, dass auch die staatliche Chemie Linz hohe Summen auf dem Ölmarkt verspekuliert hatte. In der wirtschaftlichen Hoffnungslosigkeit suchten verzweifelte Manager also auf der Börse ihr Glück.
Fazit des Ganzen: Das Ende der 1980er war geprägt von Milliardenverlusten und peinlichen Schlagzeilen für die SPÖ-geführte Verstaatlichte:
- Bei Verstaatlichtenminister Ferdinand Lacina (SPÖ) ist aufgrund noch schlimmerer Verlustmeldungen das Maß voll. Er verkündet im Radio den Rücktritt des gesamten Voest-Vorstandes.
- LINZ. Der alte Voest-Vorstand hinterlässt neun Milliarden Defizit.
- Voest-Tochter Intertrading versetzt dem kranken Konzern mit Ölspekulationen den Todesstoß
- Zehntausende Menschen in Linz und Umgebung bangen um ihre Arbeit. Politiker sprechen von „nationalem Notstand“
- Steyr-Daimler-Puch-General Michael Malzacher wirft wegen hoher Verluste das Handtuch.
- Riskante Ölspekulationen der Chemie Linz-Tochter Merx
- Große Sorge der Politik: Wie soll sie den Geldbedarf der Voest, der im Februar 1986 auf mittelfristig 15 bis 20 Milliarden Schilling geschätzt wird, finanzieren?
- „Die nächste Milliardenpleite liegt in der Luft.“ Unbewältigte Umweltprobleme bedrohen die Existenz der österreichischen Staatsbetriebe
Ganze 55.000 Arbeitsplätze mussten in der Verstaatlichten bis 1992 in der Folge der vorwiegend sozialdemokratischen Misswirtschaft abgebaut werden und der Staat war gezwungen alleine zwischen 1980 bis 1988 48,9 Milliarden Schilling zuzuschießen. Das wären heute Subventionen inflationsbereinigt im Ausmaß von rund 7 Mrd. Euro. Dazu kam massive Umweltverschmutzung und Vergiftung der ansässigen Bevölkerung infolge der Misswirtschaft, dem Sparzwang und der Wurschtigkeit in der Verstaatlichten.
Der SPIEGEL berichtete damals:
Riesige Mengen an Salpeter- und Schwefelsäure wie auch Ammonsalzen legen eine dichte Dunstglocke über Linz. Gebäude verfallen und Autos rosten viel schneller als anderswo. … »In der Sahara staubt’s auch«, verteidigte der frühere Linzer Bürgermeister Franz Hillinger die verstaatlichten Betriebe – die Verantwortlichen in den Werken handeln noch heute nach dieser Devise.
Am Ufer des Inns, wenige Kilometer südlich von Braunau, betreibt die Aluminiumhütte Austria Metall AG (Amag) ihre zentrale Deponie – seit 15 Jahren ohne behördliche Genehmigung. Das österreichische Umweltbundesamt hat inzwischen »massive Verunreinigungen des Grundwassers« festgestellt, der Zustand ist »äußerst bedenklich«.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/die-naechste-milliardenpleite-liegt-in-der-luft-a-0ed67a23-0002-0001-0000-000013522577
Großprojekte in Wien: AKH, Krankenhaus Nord und Co.
Beginnen wir also überall mit dem Trockenlegen der Sümpfe und nehmen wir – wir sind auf einer Landwirtschaftsmesse – auch gleich die sauren Wiesen dazu!
Bundespräsident Rudolf Kirchschläger 1980 angesichts des AKH-Skandals; Quelle: https://www.furche.at/feuilleton/rudolf-kirchschlaeger-ueber-die-trockenlegung-der-suempfe-und-sauren-wiesen-1198725
Bundespräsident Rudolf Kirchschläger bezog sich hier 1980 auf den gerade bekannt gewordenen AKH-Skandal. Der Bau des Allgemeinen Wiener Krankenhauses avancierte schließlich zum teuersten Spittalsbau Europas (!!). Anstatt bei 1 Milliarde, wie einst projektiert, lag die Rechnung am Ende bei unglaublichen 45 Milliarden Schillingen, was umgerechnet in Euro und inflationsbereinigt rund 5 Milliarden Euro ausmacht. Der AKH-Prozess ab 1981 avancierte zum bis dato größten Gerichtsverfahren in Österreichs Nachkriegsgeschichte. Adolf Winter, einer der ausführenden Spitzenbeamten der Stadt Wien, landete für 8 Jahre im Gefängnis und Ex-Finanzminister Androsch musste seinen Posten in der staatlichen Creditanstalt räumen.
Politische Konsequenzen in Wien vermied die SPÖ aber weitestgehend. Weder der Wiener Bürgermeister noch Kreisky zogen personelle Konsequenzen. Dabei wurde ein
System entwickelt, in dem Unternehmen, die durch ihn Aufträge für das Bauvorhaben erhielten, Schmiergelder über Briefkastenfirmen einzahlten. Andere Firmen leisteten nach Auftragserteilung für Winter selbst und seinen Freundeskreis kostenlose Arbeiten oder gewährten respektable Preisnachlässe. … Die Steuerkanzlei des Finanzministers Hannes Androsch (SPÖ), Consultatio, war eng mit diesem Netzwerk verbunden. Ein „Großteil der Akteure hatte ein Nahverhältnis zur SPÖ“ (Anton Pelinka)
https://www.hdgoe.at/akh-skandal
Parallelen zur Misswirtschaft der 1970er und 1980er beim AKH fanden sich dann auch in den letzten Jahren bei der Errichtung des Krankenhauses Nord in Wien. Hier plante man ursprünglich 2005 zwischen 200 und 300 Millionen Euro für das Spittal auszugeben, landete 2022 schließlich aber bei 1,262 Milliarden Euro. Dieser Wert lag rund 30 Prozent über jenen 829 Millionen Euro, welche das Projektmanagement schließlich nach mehreren Umplanungen festgelegt hatte. Es wurde also um über 300 Millionen überzogen, wobei man zusätzliche 400 Millionen Euro an Mehrkosten von Seiten des Gesundheitsverbunds zum Glück durch harte Verhandlungen abwehren konnte. Fast schon ein Erfolg für die Stadt Wien würde man meinen…
Kurios beim Krankenhaus Nord waren unter anderem folgende Ausgaben:
- Rohbau: Den Zuschlag bekam für 98 Millionen (nur 240.000 Euro vor dem Zweitbieter) der Konzern Porr. Dann explodierten die viel zu niedrig angesetzten Kosten und der endgültige Preis lag bei 160 Millionen Euro
- Zum Zeitpunkt des Programmstarts 2006 gab es zwar schon Vorstellungen zu den Kosten, ein Finanzierungskonzept fehlte jedoch total
- 95.000 Euro wurden für einen Energetiker ausgegeben, der einen Energiering um das Gebäude legte
Prominente Kriminalfälle in der SPÖ-Partei und -Wirtschaftselite : Lucona und Noricum
Mit dem AKH-Skandal 1980, der Lucona-Affäre und dem Noricum-Skandal entstand das Bild einer „Skandalrepublik“. „Keine Regierungszeit eines österreichischen Kanzlers war von einer derartigen Fülle von Skandalen gekennzeichnet wie jene Kreiskys“, resümiert Robert Kriechbaumer im Buch Die Ära Kreisky.
https://www.derstandard.at/story/2000125776516/der-sumpf-der-kreisky-aera
Der Noricum-Skandal hängt mit der Krise der Verstaatlichen Industrie engstens zusammen. Wie bei der Ölspekulation von Intertrading, suchten auch bei der VOEST Alpine Tochter Noricum die Verstaatlichen-Manager verzweifelt nach Geschäftsfeldern, wo sich wenigstens ein paar Gewinne erzielen ließen. So lieferte der Konzern schließlich Noricum-Kanonen in den Irak-Iran-Krieg und missachtete damit die österreichischen Kriegsmaterialgesetze. Das Ganze endete dann in einer Pleite.
Aber zurück zum Anfang: Von einem kanadischen Waffenentwickler kauften die Österreicher die Blaupausen für eine Kanone mit einer Reichweite von 45 Kilometern: Die Gun Howitzer Noricum (GHN 45) entstand. Das Geschütz war ein technologisches Spitzenprodukt und versprach für die (Spoiler Alert) finanziell marode Maschinenfabrik Liezen als potentiell margenträchtiges Produkt eine betriebswirtschaftliche Rettung. Problem war aber: Das Bundesheer durfte die Waffen wegen des Staatsvertrags nicht kaufen, man durfte nicht in kriegsführende Staaten exportieren und Länder im Frieden hatten damals wenig Interesse.
Der erste Auftrag kam schließlich von Jordanien, das als Strohmann für den Irak agierte, welcher gerade im Krieg mit dem Iran verwickelt war (1980-1988), woraufhin die Iraner verärgert Druck auf Österreich ausübten, weil sie die Waffe ebenso haben wollten. Die Österreicher gingen darauf ein. Für den Iran funktionierte in der Folge Libyen als Fake-Zielland und Kreisky genehmigte die Charade: „Macht es, aber macht es unter der Tuchent.“ Rechtlich durfte man an beide Kriegsländer nicht liefern, aber nun hatte man das Geschütz im Angebot. Ergo wurschtelte man sich irgendwie durch.
Am Ende wurde die Causa den Medien gesteckt, diese deckten die Geschäfte auf und es kam zu mehreren Prozessen. Journalisten fanden in Jugoslawien österreichische Waffen mit Gebrauchsanweisungen in Farsi für den Iran. Die SPÖ-Spitze landete auf der Anklagebank oder im Zeugenstand. Allerlei seltsame Vorgänge trugen sich zu: Etliche bedenkliche Todesfälle, Aktenvernichtung auf dem Heimgriller und interessante Gutachten. Von 18 Angeklagten wurden 14 verurteilt, ins Gefängnis musste aber niemand. Kosten für den Staat infolge der letztlich gestoppten Lieferung an den Iran: 2 Milliarden Schilling für Waffen, die in staatlichen Depots verrosteten. Apfalter starb dann unter sehr merkwürdigen Umständen:
Apfalters Herz versagte rechtzeitig. … Er weiß sehr viel. Zum Beispiel über den Kanonendeal seiner Tochterfirma „Noricum“ mit dem Iran und dem Irak. Abgesegnet von der obersten politischen Spitze in Wien – allesamt verlässliche Genossen. Solange die ihn in Ruhe lassen, meint er im Sommer 1987 beim Heurigen, „gebe ich auch eine Ruh‘, aber wenn s‘ mich sekkieren, dann pack‘ ich aus“. Dann müsste wohl die ganze Regierung in Wien zurücktreten, lässt er durchblicken.
https://www.diepresse.com/321316/vor-20-jahren-apfalters-herz-versagte-rechtzeitig
Ähnlich kurios war der Fall Lucona: Udo Proksch, ein Allerweltsgauner (O-Ton SPIEGEL), baute sich in der SPÖ- und Republiksspitze unter Kreisky ein Netzwerk auf und inszenierte sich als Enfant terrible der Wiener Gesellschaft. So half er der SPÖ Spitze in seinem Lokal den Club 45 zu gründen:
Der „Club 45“ war ein linker „Herrenklub“ nach dem Vorbild der geheimnisumwitterten italienischen Freimaurer-Loge P2 (Propaganda Due), dem die Spitzen der österreichischen Politik (SPÖ) und Wirtschaft der Siebzigerjahre angehörten. Am Höhepunkt, in der Zeit der absoluten Mehrheit der SPÖ, sah sich der Klub als Treffpunkt der politischen und wirtschaftlichen Elite Österreichs.
https://www.diepresse.com/61096/club-45-oesterreichs-roter-adel-im-demel
Der Aufdeckerjournalist Hans Pretterebner beschrieb diesen Club später in seinem Buch „Der Fall Lucona“ als mafiöses Machtinstrument der SPÖ sowie als System von Korruption, Postenschacher und Nepotismus. Prominente Mitglieder waren neben Spitzen der verstaatlichten Industrie, Militärs, diversen ORF-Journalisten, Polizeichefs, Kreisky-Ministern et cetera etwa Heinz Fischer, Hannes Androsch, Helmut Zilk und Franz Vranitzky,
Popstar Falco kritisierte das Treiben in seinem Song Wiener Blut (1988):
Wiener Blut. Mit Mord und Totschlag habn wir nix am Hut. Doch sind für eine Hetz wir immer gut. Für dich und mich in Wien. Wir repräsentieren Wien. Auch im Club 45 samma drin. Dort sind wir unter und dann sehr intim. Im Stehen, im Falln, Im Liegen.
Falco, Lyrics von „Wiener Blut“; Quelle: https://www.streetdirectory.com/lyricadvisor/song/wpjofj/wiener_blut/
Proksch nutzte seine Rolle als SPÖ-naher Netzwerker dann dazu, um 1977 den bis dahin größten Politskandal der zweiten Republik auszulösen, indem er ein Frachtschiff, die Lucona, im indischen Ozean mit Bundesheersprengstoff versenkte. Der Tod von 6 Crewmitgliedern wurde billigend in Kauf genommen . Grund für die unglaubliche Charade: Die vermeintliche Ladung des Schiffs war von Proksch mit 212 Millionen Schilling (rund 48 Mio. Euro) versichert worden. Statt einer Aufbereitungsanlage für Uranerz war aber lediglich Schrott an Bord. Die zuständige Bundesländerversicherung weigerte sich zu zahlen und deckte schließlich auf, dass der tatsächliche Wert der Fracht nur 1 Million Schilling ausgemacht hatte.
Bei der Aufdeckung der Causa schützen Proksch dann lange zahlreiche seiner Club 45 Freunde von der SPÖ, zum Glück letztlich aber vergeblich.
Der Justizminister erklärte die Sache Proksch zur Suppe, die zu dünn sei. Und das rote Außenministerium half mit, gefälschte Pläne und Zeichnungen von der famosen Uranerzanlage aus (dem damals noch kommunistischen) Rumänien nach Österreich zu befördern. Freihofner und ich erhielten nächtliche Drohanrufe mit wüsten Beschimpfungen.
Und erst in dieser Phase erschien im Eigenverlag das Buch des freien Journalisten Hans Pretterebner. Es fasste leicht lesbar den Krimi zusammen. Proksch seinerseits flüchtete. SPÖ-Nationalratspräsident Leopold Gratz trat zurück, ebenso SPÖ-Innenminister Karl Blecha, Verteidigungsminister Lütgendorf beging Selbstmord.
https://www.trend.at/leben/kultur/der-fall-lucona-was-udo-proksch-sturz-263575
Banken, die SPÖ & die verführerische Finanzspekulation
Auch die Bilanz der SPÖ-Regentschaft in österreichischen Banken sollte letztlich keine gute sein. Die rote Bank Austria wurde nach Spekulationsverlusten von der Münchner HypoVereinsbank übernommen und ist nun Teil der UniCredit Gruppe. Die Bank Burgenland musste vom Land gerettet werden, die Gewerkschaftsbank BAWAG musste von der Gewerkschaft an einen amerikanischen Hedgefond verschleudert werden. Aber alles der Reihe nach:
Die Bank Austria wurde 1991 unter sozialdemokratischer Initiative aus dem Zusammenschluss der Wiener Zentralsparkasse (Eigentum der Stadt Wien) und der Länderbank (Eigentum der Republik) geschaffen. Sie war die größte Bank Österreichs und übernahm dann 1996 auch noch die schwarze Creditanstalt, eine machtpolitisch höchst umstrittene Aktion, wofür die ÖVP fast die große Koalition mit der SPÖ beendete. Ziel war wohl eine mächtige „rote“ Bank zu schaffen. Die wirtschaftlich angeschlagene Länderbank brachte jedoch einige Probleme in diese Bankenehe ein. Dann kam die Russlandkrise 1999, wo die Bank Austria sich offenbar verspekuliert hatte. In der Bilanz fanden sich zu hohe Milliardenlasten, weshalb schließlich die Bank von der Münchener HypoVereinsbank aufgekauft wurde. Damit gingen auf einen Schlag drei österreichische Bankenjuwele, dabei insbesondere die Creditanstalt, in ausländische Hände.
Die Bank Burgenland-Affäre eskalierte um das Jahr 2000, als bei der im Besitz des SPÖ geführten Burgenlandes stehenden Bank Kreditausfälle en masse auftauchten. Teilweise aufgrund von gefälschten Bilanzprüfungsvermerken und Missmanagement. Politisch zog sch der Burgendländische Landeshauptmann Karl Stix (SPÖ) deshalb Ende 2000 zurück, der Landtag löste sich auf und es kam zu Neuwahlen. Die Bank musste mit unbesicherten Kredite im Ausmaß von zunächst 2,35 Mrd. umgehen. Das Burgenland sprang seinerseits mit rund 370 Millionen Euro an Garantien ein.
Mit der BAWAG-Affäre (2005/2006) erschütterte das Land ein veritabler Finanzskandal. Am Ende dieses Skandals war die BAWAG keine Gewerkschaftsbank mehr, der legendäre Streikfonds der Gewerkschaft war in Karibik-Spekulationen verbraucht worden und mehrere Anklagen folgten. Zusätzlich zu angeblich 1,4 Milliarden verspekulierten Euros durch Karibikgeschäffte mit Wolfgang Flöttl kam ein Blitzkredit in Höhe von 350-Millionen-Euro an eine US-Investmentfirma, die noch am Tag der Kreditüberweisung bankrott ging. In der Folge musste die Gewerkschaft die marode Bank dann spottbillig um 15 Millionen Euro an den US Hedgefond Zerberus verkaufen.
In der Ära der einzigen Salzburger SPÖ-Landeschefin Gabi Burgstaller zockte dann das Land im Salzburger Finanzskandal mit Swaps, Derivaten und Währungsspekulationen und machte letztlich rund 500 Millionen Verlust (2013). Dies kostete die SPÖ die Stadt Salzburg, sowie die Macht im Bundesland bei der nächsten Landtagswahl.
Wie hoch war nun der Schaden des roten Wirtschaftens in der zweiten Republik?
Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns bemüht die jeweiligen Schadenssummen inflationsbereinigt (mit Hilfe des Inflationsrechners) auf ein 2022er Euro-Niveau zu bringen, sodass ein historischer Vergleich aus aktueller Perspektive möglich wird. Die Verluste sind entweder in verstaatlichten Unternehmen, in Folge staatlicher Rettungsversuche oder im Falle der BAWAG für die Gewerkschaft entstanden. Die KONSUM-Pleite 1995 betraf unzählige Gläubigerbanken und war bis zur Insolvenz der Alpine die größte unternehmerische Pleite der zweiten Republik.
- 1980 AKH-Wien Skandal: 45 Milliarden Schilling für Europas teuersten Krankenhausbau, Mehrkosten von 44 (!) Milliarden Schilling (inflationsbereinigter Stand 2022: 5 Mrd. Euro)
- 1985 Intertrading-Skandal: 5,7 Milliarden Schilling Spekulationsverluste (inflationsbereinigter Stand 2022: 728 Mio. Euro)
- 1987 ÖIAG-Finanzierungsgesetz: 33,6 Milliarden Schilling für die bankrotte Verstaatlichte (inflationsbereinigter Stand 2022: 4,58 Mrd. Euro)
- 1980-1988: Weitere 15,3 Mrd. Schilling für die Verstaatlichte vom Staat (inflationsbereinigter Stand 2022: 2,1 Mrd. Euro)
- 1991 Noricum: 2 Milliarden Schilling Schaden gehen an den Iran für den Lieferausfall (inflationsbereinigter Stand 2022: rund 250 Mio. Euro)
- 1995 KONSUM-Pleite: 26 Milliarden Schilling (inflationsbereinigter Stand 2022: 2,87 Mrd. Euro)
- 2000 Bank Burgenland Skandal: unbesicherte Kredite im Ausmaß von zunächst 2,35 Mrd. Schilling (inflationsbereinigter Stand 2022: 207 Mio. Euro)
- 2006 BAWAG-Affäre: über 2 Milliarden Euro (inflationsbereinigter Stand 2022: 2,69 Mrd. Euro)
- 2013 Salzburger Finanzskandal: Schaden von rund 530 Millionen Euro (inflationsbereinigter Stand 2022: 616 Mio. Euro)
- 2022 KH Nord: Gesamtkosten 1,26 Milliarden Euro, Mehrkosten rund 315 Mio. Euro (inflationsbereinigter Stand 2022: 315 Mio. Euro Schaden)
Das wirtschaftliche Missmanagement unter den politischen Fittichen der SPÖ in den letzten 40 Jahren hat (rein bei den hier betrachteten großen Skandalen !) die Republik, bzw. die Gewerkschaft, wie auch so manche Gläubiger aus der Privatwirtschaft kumulativ rund 20 Milliarden Euro gekostet.
SPÖ-Finanzminister und die Entwicklung der österreichischen Schulden
Eher lasse ich meinen Hund auf meine Wurst aufpassen als die ÖVP auf das Geld der Steuerzahler.
SPÖ-Finanzminister Rudolf Edlinger (1997-2000), Quelle: https://www.zitate.eu/autor/rudolf-edlinger-zitate/285133
Zuständig für das Management der öffentlichen Finanzen sind ja letztlich die Finanzminister. Deshalb bietet sich natürlich auch hier ein Blick auf die Entwicklung der Staatsschulden (in % des BIP) in der politischen Ära der einzelnen Parteien an. Welche Partei hat in ihrer Periode das Finanzministerium besser verwaltet und letztlich in ihrer politischen Verantwortung weniger Schulden produziert? Historisch betrachtet gab es im österreichischen Finanzministerium der zweiten Republik vier politische Äras:
- ÖVP Finanzminister 1945-1970: Schuldenquote am Ende der Periode: 18% des BIP (Zuwachs seit der Unabhängigkeit & Staatsvertrag 1955 bei einem Schuldenstand von 14%: +29%)
- SPÖ Finanzminister 1970-2000: Schuldenquote am Ende der Periode: 64% des BIP (Zuwachs +350 %)
- FPÖ Finanzminister 2000-2002: Schuldenquote am Ende der Periode: 64% des BIP (Zuwachs +/-0 %)
- ÖVP Finanzminister 2002-2022: Schuldenquote am Ende der Periode: 83 % des BIP (Zuwachs +30 %)
Betrachten wir also nun die unterschiedlichen politischen Perioden im Finanzministerium und dazu die Verschuldung der Republik in Relation zum BIP, so stellen wir fest, dass es unter SPÖ-Finanzministern mit enormem Abstand den größten Anstieg der Staatsschuldenquote gab. Unter roten Säckelwarten zwischen 1970 und 2000 verdreifachte sich gar die Verschuldung gemessen an der jeweiligen Wirtschaftsleistung. In den letzten 20 Jahren unter ÖVP-Finanzministern wuchs diese dann „nur“ mehr um rund 30 Prozent. Ebenso in der ÖVP-regierten Periode nach dem Staatsvertrag 1955 bis zur Wahl Kreiskys 1970.
Vergleichen wir nun also die reale Schuldenentwicklung zwischen den politischen Parteien, dann sollten wir Edlingers Satz vielleicht doch eher umkehren, um die Realität abzubilden:
Eher sollte ein Hund auf die Wurst aufpassen, als die SPÖ auf das Geld des Steuerzahlers 😉
Fazit
Die Kosten diverser Finanzskandale und von Misswirtschaft im Einflussbereich der SPÖ in der verstaatlichten Wirtschaft betragen somit rein bei den größeren Causen rund 20 Milliarden Euro. Letzteres freilich umgerechnet auf 2022er Kaufkrakt. Die Wurzeln vieler der SPÖ-Skandale lagen dabei in der Ära Kreisky (siehe dazu auch https://www.dermaerz.at/etatismus-die-spoe-idee-vom-verstaatlichen-der-wirtschaft/), die heute unverständlicherweise auch in der Allgemeinheit noch verklärt wird. Der linke deutsche SPIEGEL war da 1990 schon ganz anderer Meinung:
Die heraufziehende Wirtschaftskrise versuchte Kreisky mit offensivem Deficit Spending zu meistern – Mr. Keynes hätte seine Freude an dem Mann gehabt. Doch der Krise war so nicht beizukommen, dem Wirtschaftler wider Willen begann das Geld auszugehen. Vor allem die Macht der Funktionäre und Schmarotzer in der gemächlichen Verwaltung und in der schlamperten Staatsindustrie konnte Kreisky nicht brechen. Er hat es, seinem Machtinstinkt folgend, auch gar nie ernsthaft versucht, ließ vielmehr in seinem Dunstkreis mafiose Figuren wie den Allerweltsgauner Udo Proksch hochkommen
https://www.spiegel.de/politik/bruno-kreisky-a-6a09f0f1-0002-0001-0000-000013499894?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ
Die SPÖ und das private Wirtschaften ist also so eine Geschichte: Viele von Sozialdemokraten geführte Unternehmen sind in arge finanzielle Turbulenzen geschlittert und mussten gerettet werden. Manche wie der KONSUM gingen insolvent und verschwanden. Bauprojekte wie jenes des AKH Wien explodierten finanziell, was diesem den unrühmlichen Titel des teuersten Spittals Europas einbrachte.
Christian Rainer, sicher kein Feind der SPÖ, hat in einem Profil-Kommentar zur Wien Energie und zur Geschichte der Verstaatlichten Industrie im Generellen folgendes Fazit gezogen:
Die Stadt Wien vermischt Politik und Unternehmertum. Wir hatten beinahe vergessen: Das geht meist schief.
https://www.profil.at/meinung/christian-rainer-staatskapitalismus/402132489
Links & Quellen
Inflationsrechner: https://www.laenderdaten.info/Europa/Oesterreich/inflationsraten.php
https://kurier.at/chronik/wien/wiener-skandal-spital-kh-nord-kostete-126-milliarden-euro/401897438
https://www.derstandard.at/story/2000125776516/der-sumpf-der-kreisky-aera
https://www.diepresse.com/5409672/der-fast-schon-vergessene-salzburger-finanzskandal
https://www.derstandard.at/story/2067321/bank-burgenland-skandal-flog-vor-fuenf-jahren-auf
https://www.news.at/a/bank-austria-geschichte-chronologie-teilverkauf
https://kurier.at/chronik/wien/das-wiener-akh-ein-spital-der-superlative/400477531
https://www.wifo.ac.at/bibliothek/archiv/MOBE/1956Heft05_178_186.pdf
https://www.profil.at/meinung/christian-rainer-staatskapitalismus/402132489
https://www.hdgoe.at/akh-skandal
https://kurier.at/chronik/wien/wiener-skandal-spital-kh-nord-kostete-126-milliarden-euro/401897438
https://www.diepresse.com/321316/vor-20-jahren-apfalters-herz-versagte-rechtzeitig
https://www.trend.at/leben/kultur/der-fall-lucona-was-udo-proksch-sturz-263575
https://www.diepresse.com/5588168/13-jahre-nach-bawag-skandal-vier-anklagen-in-causa-refco
5 thoughts on “Die Finanzskandale der SPÖ: Wie hoch war letztlich der Preis?”
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