Die französische Lösung : Koalition aus ÖVP und NEOS !

Frankreich hat eine neue Regierung bestehend aus Emmanuel Macrons liberaler Partei Renaissance und den konservativen Les Républicains ! Die Besonderheit dabei: Die Koalitionspartner stellen zusammen nur rund ein Drittel der Sitze im Französischen Parlament! Es handelt sich dabei also um eine bürgerliche Minderheitsregierung bestehend aus – auf Österreich umgelegt – den Schwesterparteien von ÖVP und NEOS. Da die politischen Ausgangslagen von Frankreich und Österreich einander nicht ganz unähnlich sind, lohnt sich ein Blick in die Grande Nation. Was hat Frankreichs liberalen Premier Macron dazu bewogen, auf eine liberal-konservative Minderheitsregierung zu setzen? Wäre das vielleicht auch ein Modell für Österreich?

Politisch toleriert wird die Minderheitsregierung von jener Partei, die bei der letzten Wahl zwar die meisten Stimmen erhalten hat, aber dank des Wahlkreissystems und der politischen Absprachen gegen sie nur Platz 3 erreicht hat: Dem Rassemblement National von Marine Le Pen. Frankreich wird also gegenwärtig vom liberalen Macron, aber auch von Le Pen indirekt mitregiert. In Österreich wäre eine solche Mitte-rechts Minderheitsregierung nach der Wahl wohl ebenso eine Option: Die ÖVP könnte mit den NEOS koalieren und sich im Parlament abwechselnd auf FPÖ und SPÖ stützen, um drängende Reformvorhaben umzusetzen und harte Einschnitte zu machen. Selbstverständlich braucht es dafür politische Zugeständnisse vor allem an die FPÖ, den Wahlsieger.

Die politische Ausgangslage in Frankreich

Nach der Parlamentswahl in Frankreich, die vom rechten Rassemblement National (RN) gewonnen worden ist, stand das Land ohne politische Mehrheit da. Der RN hat zwar die meisten Stimmen erhalten, wegen des französischen Wahlsystems aber nur 143 von 577 Sitzen. Die stimmenmäßig zweitplatzierte Linke dafür hat, dank politischer Absprachen mit den Liberalen, 180 Sitze gewonnen, während Renaissance, Macrons Liberale, mit den drittmeisten Stimmen ganze 163 Sitze erhalten haben. Dazu sind dann noch die Konservativen mit 66 Sitzen gekommen. Es gibt also in Frankreich gegenwärtig drei relativ gleich große Blöcke und dazu in Form der Konservativen noch einen kleineren Block.

Da Frankreich wie Österreich vor großen Herausforderungen steht und ebenso wie Österreich 2024 ein Rekorddefizit aufweist, hat sich Präsident Macron im Sommer dann für eine Minderheitsregierung entschlossen, die vom rechten RN toleriert wird. Er wollte keinesfalls mit den linken Populisten der linken Volksfront von Jean-Luc Mélenchon zusammenarbeiten, die mit ihrem Linkspopulismus weit weg von Macrons bürgerlichen Vorstellungen war. Da kam der gemäßigtere Kurs von Le Pens Partei RN zupass, die Punkte für die nächste Präsidentschaftswahl sammeln will. Als verlässlichere Partnerin einer Minderheitsregierung verlangt sie neben anderen Reformen eine harte Asyl- und Migrationspolitik und hat sich mit dem konservativen Premier Michel Barnier geeinigt. Obwohl die Konservativen nur 66 Sitze und Renaissance 163 in die Koalition eingebracht haben, ist der Premier ein Konservativer.

Die Wahl Barniers durch Macron irritiert auf ersten Blick und hat seine Parteigänger wohl auch auf den zweiten Blick irritiert, macht aber politisch sehr viel Sinn. Macron bindet so nämlich seine liberale Partei an einen konservativen Premierminister, der auch mit Le Pens RN ideologisch gut kann. Auf Österreich umgelegt würde das bedeuten, dass es natürlich als Integrationsfigur einen rechten Bürgerlichen bräuchte, der sowohl mit Neos wie auch FPÖ kann. Ein linker Wiener NEOS Politiker wie Wiederkehr könnte ja wohl kaum als Verbinder zur FPÖ fungieren.

Die politische Lage in Österreich

Österreich steht vor einer schwierigen Regierungsbildung. Kanzler Nehammer kann und will politisch nicht mit der FPÖ von Herbert Kickl, obwohl das Programm weitgehend deckungsgleich ist. Woraufhin als Option eine Koalition mit der nach links gerückten Babler SPÖ und den liberalen NEOS übrig bleibt, die ideologisch aber schwierig ist. Wir haben das bereits diskutiert: https://www.dermaerz.at/5-gruende-warum-es-keine-oevp-spoe-neos-koalition-braucht/ Es liegt also – um Bundespräsident Van der Bellen zu zitieren – ein gewisses politisches Patt vor, zumindest wenn man sein Programm ernst nimmt und sich machtpolitisch als ÖVP nicht rasch mit SPÖ und NEOS einigt.

Hier käme nun die französische Option ins Spiel. Nach der FPÖ würde die ÖVP sich vermutlich am leichtesten mit den NEOS politisch auf eine bürgerliche Regierung einigen können. Diese wäre eine Minderheitsregierung und würde daher politisch von FPÖ wie respektive SPÖ abhängen, weshalb man beiden Lagern politische Zugeständnisse machen müsste. Die NEOS könnten hier als Brücke zur SPÖ fungieren, während die ÖVP eine rechte Migrationspolitik sowie FPÖ-nahe Experten ins Kabinett einbinden könnte. Eine bürgerliche Minderheitsregierung könnte auf diese Weise harte Einsparungen vornehmen, Sozialausgaben kürzen, das Asylsystem reformieren und Österreich maximal unattraktiv für illegale Migranten machen.

Das könnte machtpolitisch auch funktionieren, da aktuell bis auf die FPÖ niemand Interesse an Neuwahlen hat und auch die FPÖ machtpolitisch wohl wie Le Pen eingekauft werden könnte. Schließlich wird die Sanierung der Republik politisch nicht sehr populär sein und wenn die FPÖ Akzente in der Migrationspolitik setzen könnte, dann würde sie damit auch bei der nächsten Wahl punkten können. Ewig würde eine Minderheitsregierung wohl nicht halten, aber 2 Jahre für wichtige Reformen sollten schon möglich sein! Die SPÖ ist ohnehin mit sich selbst beschäftigt und könnte ihre Deals – Sicherung des Wiener Bürgermeisterpostens – wohl auch so mit der ÖVP umsetzen. Über die NEOS hätte die Wiener SPÖ dann auch den Zugang zur so dringlich gewünschten Macht und das ganz ohne den ungeliebten Andi Babler.

Die notwendigen Reformvorhaben

In der vergangenen Legislaturperiode hat Türkis-Grün einige Fehler gemacht und dabei zuviel Geld ausgegeben, was nun mitten in einer Rezession wieder eingespart werden muss. Da bietet sich nun an, das Finanzministerium mit einem Experten wie Christoph Badelt zu besetzen und auch das Infrastrukturministerium nach dem grünen Missmanagement von Experten führen zu lassen. Das Pensionssystem sollte ebenso von einer möglichst neutralen Kommission überparteilich reformiert werden. Dazu bräuchte es in Österreich dringend konservative Reformen im Asylsystem sowie bei der viel zu liberalen, geradezu naiven Asylvergabepraxis.

Die NEOS wiederum könnten Ressorts erhalten, wo sie mangels Klientel a la ÖVP und SPÖ, unbeschwerter und radikaler an nachhaltige Reformen gehen könnten. Das könnte das Bildungssystem sein, aber auch das Gesundheits-, Pensions- und Sozialsystem. Es ist schlicht absurd, dass die Bundesländer bei der Gesundheitsversorgung soviel Macht haben und sich Bund,Länder und Ärztekammer gegenseitig blockieren, um Reformen zu vermeiden. Die NEOS wären nach Kürzungen beim Sozialstaat auch politisch bereit, erhobenen Hauptes in Neuwahlen zu gehen, weil sie ja für gute Reformen stehen möchten. Die SPÖ könnte froh sein, dass dieser Kelch an ihr vorüber geht und die ÖVP müsste sich nicht von der SPÖ anpatzen lassen, weil ja die NEOS die Reformen politisch verantworten würden.

Politische Stabilität: Würde eine Minderheitsregierung in Österreich funktionieren?

Machtpolitisch könnte die Minderheitsregierung aus ÖVP und NEOS für alle Politiker tatsächlich die beste Lösung sein. Andi Babler möchte selbst ja eher nicht regieren, aber unbedingt SPÖ-Chef und Bürgermeister von Traiskirchen bleiben. Die Wiener SPÖ wiederum würde aber nur zu gerne in der Bundesregierung mitreden wollen, was über den Juniorpartner NEOS gesichert wäre. Die ÖVP und die NEOS würden in jedem Fall regieren, wären aber so weit freier von absurden Kompromissen mit der Babler-SPÖ. Die FPÖ wiederum könnte sich machtpolitisch wie der Rassemblement National verantwortungsvoll profilieren, aber unangenehme Reformen nicht automatisch mittragen müssen. Regieren scheint für Herbert Kickl ja gegenwärtig ohnehin ausgeschlossen, womit er machtpolitisch ohnehin zu 100% in der Opposition wäre. Den NEOS und den Expertenministern könnte man dagegen viele unangenehme Reformen überlassen, mit denen man in Österreich als Großpartei ohnehin keine Wahl gewinnen kann.

Es gäbe hier also mehrere dominierende politische Überlegungen, die für eine Minderheitsregierung von ÖVP und NEOS sprechen würden. Sie wäre nicht das FPÖ-ÖVP Feindbild der SPÖ; aber auch die SPÖ wäre politisch außen vor, was die FPÖ wiederum zufriedenstellen könnte. Der einzig politisch relevante Teil der Austro-Linken – die SPÖ Wien – könnte über die NEOS aber trotzdem mitreden und so zufrieden gestellt werden. Politisch stabil wäre das Ganze jedenfalls bestimmt bis Winter 2025, denn die SPÖ Wien kann keine Unruhe im Bund bei der Wienwahl brauchen. Bis die SPÖ-Koalition in Wien im Frühjahr 2026 unter Dach und Fach wäre, würde eine Minderheitsregierung in jedem Fall halten. Nichts würde Bürgermeister Ludwig mehr fürchten als eine Nationalratswahl nahe der Wienwahl, wo die SPÖ massiv verlieren könnte. Die FPÖ wiederum könnte die zwei, drei Jahre der Minderheitsregierung zur Profilierung a la Le Pen nutzen und „zum Wohle des Landes“ konstruktiv mitwirken, um so weitere bürgerliche Wähler anzusprechen.

Fazit

Österreich muss in den nächsten zwei, drei Jahren reformiert und saniert werden. Die Wirtschaft muss in Gang gebracht werden. Eine bürgerliche Minderheitsregierung, bestehend aus ÖVP und NEOS sowie aus einigen Experten, hätte hier wohl gute Chancen, viele der glühenden Kohlen aus dem Feuer zu holen und mit Duldung von zumindest der FPÖ, aber teils auch der SPÖ mit abwechselnd breiten Mehrheiten zu regieren. Ein Experte als Finanzminister wäre die Garantie dafür, dass das Ganze in kein österreichisches Politgeschachere und reine Klientelpolitik ausarten würde. Es ist schließlich erste Priorität, das Budget zu sanieren und gleichzeitig Österreichs Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Linke Babler Prioritäten a la „woame Mahlzeit für alle Kinder“ oder eine höhere Kindergrundsicherung, von der wieder Migrantenfamilien am meisten profitieren, sind 2025 schlicht nicht gefragt.

Im Volk würde das mit größter Wahrscheinlichkeit gut ankommen – die Expertenregierung Bierlein hat ja auch bis heute noch einen guten Ruf. Es wäre also die österreichische Lösung einer Konzentrationsregierung nach Schweizer Usance, aber mit einer Regierung mit Mehrheitsverhältnissen nach Pariser Vorbild.

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Links & Quellen

https://de.statista.com/infografik/32557/sitzverteilung-im-franzoesischen-parlament-nach-politischen-gruppierungen