Frankreich wählt 2024: Wer hat Angst vor Le Pen?

Die Stichwahl zur Frankreichwahl wurde am 7. Juli geschlagen und sie hat ein auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis gebracht: Es gibt statt einem mächtigen rechten Block nun drei Mittelparteien und der linke Block – die „Volksfront“ – ist davon nach Mandaten mit Abstand der stärkste. Dass dieses Ergebnis so zustande gekommen ist, sollte niemanden verwundern, denn es liegt in der Natur des französischen Wahlsystems. Dessen „Korrektur“ ist 2024 aber besonders heftig, wenn man die abgegebenen Stimmen ansieht. Der Rassemblement National von Marine Le Pen erhielt in der zweiten Wahlrunde 10,1 Millionen an Stimmen, die mandatsmäßig vor ihnen liegenden Linken aber nur 7 Millionen, sowie das Macron Bündnis „Ensemble“ rund 6,6 Millionen Stimmen.

Wir werfen deshalb in diesem Artikel nun einem Blick nach Frankreich und analysieren das Wahlergebnis. Dabei wird sich zeigen,  dass Mitte-Rechts einerseits Stimmen gewinnen konnte und dass womöglich für die Rechte der schwächer als erwartete Zugewinn an Mandaten kein größerer Rückschlag sein muss. Gleichzeitig ist der linke Wahlsieg aber ein Desaster für Frankreich sowie auch für den Präsidenten Emmanuel Macron. Der hatte sich von der Neuwahl nämlich anderes erhofft: Entweder einen klaren Sieg seiner „Ensemble“-Allianz oder einen rechten Sieg, der diese in die Regierungsverantwortung gemeinsam mit Macron zwingen würde, wo dann die Hoffnung durch Realpolitik bestanden hätte, den Rassemblement National (RN) eventuell zu entzaubern.

Ipsos-Projektion des französischen Wahlergebnisses: Nouveau Front Populaire (Linke), Ensemble (Macron), LR (Konservative), RN (Le Pen)

Macrons Taktik

Frankreich ist aufgrund von Islamismus, Kriminalität und wirtschaftlicher Schwierigkeiten bereits seit Jahren hochgradig politisch verunsichert und angeschlagen. Das zeigen nicht nur die letzten rechten Wahlergebnisse, sondern auch die Gelbwestenproteste. Wahlen werden im Zuge der Polarisierung deshalb dort meist gegen jemanden gewonnen und nicht für etwas und dieser Gegner ist meist der Rassemblement National von Le Pen. Es ist nämlich leichter, die alte „Nazi-Keule“ gegen rechts herauszuholen als den politischen Islam und die Migrantenkriminalität anzugehen, vor allem wenn man die letzten Jahrzehnte hier politisch geschlafen hat. Das weiß auch der RN und Le Pen, weshalb man sich von der rechten Vergangenheit kontinuierlich etwas Richtung Mitte-Rechts entwickelt hat. Le Pen schloß im Zuge dessen etwa den eigenen Vater aus, als dieser antisemitisch provokante Aussagen machte. In Frankreich subsummiert man das unter dem Begriff Dédiabolisation – die „Entteufelung“ der Nationalisten.

Die politische Rechte hat seit der von Marine Le Pen verordneten Entteufelung alte radikale Forderungen beerdigt (EU-Austritt), moderates und kompetentes Personal rekrutiert und ist damit mehrheitsfähig geworden. In der Folge stieg der Stimmenanteil stetig. Erreichte der RN bei der Europa wahl noch rund 32%, waren es bei der Stichwahl letzten Sonntag rund 37 Prozent der Stimmen. Eben genau darauf zielte nun Macron mit seiner Neuwahlidee. Der Präsident wollte die Bevölkerung mit einem guten Wahlergebnis der Rechten schocken und so in den meisten Wahlkreisen eine Stichwahl zwischen seinen liberalen Zentristen und Le Pens Kandidaten provozieren. Die Hoffnung Macrons war dabei offensichtlich: Linke Wähler sollten in Scharen in Wahlgang 2 Macrons „Ensemble“ als geringeres Übel wählen. So wäre die parlamentarische zentristische Mehrheit wieder da gewesen. Dieser Plan war im kleinen Kreis monatelang ausgetüftelt und dann vermeintlich spontan am Wahlabend der Europawahl verkündet worden.

In Frankreich sieht das Wahlprozedere nämlich vor, dass nur jener Kandidat in Runde 2 antreten darf, der mehr als 15% der Stimmen in Runde 1 erlangt hat. In der Regel treten aber dann sogar nur die zwei bis drei stärksten Finalisten an, während der geschlagene Rest seine Kandidatur zurückzieht. Somit werden Stimmen frei, die sich dann auf die verbleibenden 2 Kandidaten oder eben ins Nichtwählerlager verteilen. Macron pokerte also, dass seine Leute Platz 2 hinter dem RN in vielen Wahlkreisen erreichen würde, woraufhin die Wähler überall zähneknirschend liberale Macronisten wählen würden. Macron ist damit bereits zwei Mal Präsident geworden.

Das Wahlergebnis: Houllebecqs Schreckgespenst !

Der französische Autor Michel Houellebecq hat in seinem Roman „Unterwerfung“ den Weg Frankreichs in einen islamischen Staat nachgezeichnet. Das ging im Roman so vonstatten: Die Linke setzte auf einen vermeintlich moderaten Muslimen als Präsidenten, um die Rechte mit allen Mitteln zu bekämpfen. Dieser gewann dann knapp die Präsidentenwahlen. Nur entwickelte dieser Präsident dann ein Eigenleben und baute Frankreich gleich in einen islamischen Staat um.

Parallelen dazu erfolgten auch am vergangenen Wahlsonntag  bei der Stichwahl. Die radikale Linke setzte auf das Thema Gaza, um muslimische Wähler zu den Urnen zu treiben. Und man warnte vor der Islamfeindlichkeit und einer Diktatur des RN. Eine breite Allianz aus Linken, Linksextremen, Muslimen, Liberalen und Bürgerlichen entstand so, die nur eines gemeinsam hatte: ANGST, dass sich etwas verändert mit Le Pen. In den Stichwahlen in rund 300 Wahlkreisen setzte man in rund 200 Wahlkreisen auf taktische Absprachen. Linke Kandidaten auf Platz 3 zogen sich zurück und Macron-Leute in vielen Fällen ebenso. So wurde die Wahl statt mit mehreren Kandidaten auf ein Votum beschränkt: Rassemblement National oder NICHT.

In Verbindung mit der Politpropanda vom Untergang Frankreichs im Falle eines Le Pen-Siegs ging diese linksliberale Taktik dann – wie so oft – auf. In Österreich ist ein Van der Bellen 2016 auch nur auf diese Weise Bundespräsident geworden. Diese „Allianz der Ängstigen“ wählte in ihren Wahlkreisen den jeweils stärksten Nicht-RN-Kandidaten. Durch den von Macron nicht erwarteten Zusammenschluss der Linken zu einer „Front“ , war das aber nun sehr oft der linke Kandidat und nicht jener der macronistischen „Ensemble“ oder ein bürgerliche Republikaner der „Les Républicains“. Nun war es Macrons Partei, die drittplazierte eigene Kandidaten zum Rückzug bitten musste, sodass Anti-RN-Stimmen für die Linke „frei“ wurden!

Die Folgen der Wahl

Einmal mehr ist es gelungen, „Wer hat Angst vor dem RN“ in Frankreich bei Wahlen zu spielen. Die 10 Millionen Wähler des RN bekamen deshalb nur die drittmeisten Sitze nach der linken Volksfront (7 Mio. Wähler) und den Macronisten (6,6 Mio. Wähler). Dennoch hat der RN rund 150 von 577 Sitzen erobern können, was einem Plus um die 50-60 Sitze entsprechen würde. Die Rechte ist also trotzdem gestärkt, die extreme Linksfront aber mit rund 190 Sitzen sogar noch mehr. Die bürgerliche Mehrheit aus Republikanern (ÖVP-Pendant) und Macrons Partei Renaissance (NEOS-Pedant) ist Geschichte.

Macron hat also nun beide seiner gesteckten Ziele verfehlt. Er hat weder seine Partei „Renaissance“ zu einer Mehrheit gebracht, noch den RN siegen lassen und zur Regierungsverantwortung gezwungen, um sie nach der „Entteufelung“ nun mit Realpolitik zu entzaubern. Stattdessen muss er mit den gestärkten Linksradikalen regieren, die wenige Gemeinsamkeiten mit Macrons Partei aufweisen. Macron ist also der große Verlierer und womöglich nun drei Jahre eine „lahme Ente“ im Élysée-Palast. Ein König ohne parlamentarische Mehrheit. Neu wählen lassen darf er erst wieder in einem Jahr.

Angeführt wird die erfolgreiche Linksfront von Jean-Luc Mélenchon, der sich einst von den französischen Sozialisten abspaltete, weil diese ihm nicht mehr links genug waren. Dieser fällt regelmäßig durch pro-islamistische Sager auf, mochte Putin  sehr, ist gegen Israel, gegen die EU und die NATO und sieht den Kapitalismus als großes Übel. Für Masseneinwanderung und leichte Einbürgerung steht er ebenso. Verhasst sind ihm übrigens die Deutschen, was das deutschfranzösische Tandem an der EU-Spitze „etwas“ erschweren dürfte. Substantielle Ukrainehilfe und Beistand gegen Russland wird es mit ihm eher nicht geben. Macron wird mit dem potentiellen Koalitionspartner also viele politische Probleme ausfechten müssen.

Fazit

Frankreich wird also nach der Wahl nun ein Stück unregierbarer. Die Mehrheit in der Mitte ist weg und Macron muss nun auf Linkspopulisten politisch Rücksicht nehmen, obwohl hinter diesen nur 7 von 28 Mio. Wählern standen. Dem französischen Wahlsystem sei Dank! Diese Entwicklung wird wiederum seine bürgerlich-liberalen Wähler enttäuschen und weitere Unzufriedene bei der Präsidentenwahl 2027 zum RN von Le Pen treiben. Le Pen kann sich also weiter zurücklehnen und das aufziehende Polit-Chaos in Ruhe verfolgen. Macron hat hier mit der Ausrufung der Neuwahl also wirklich völlig falsch reagiert, was wohl ein Zeichen seiner frappanten Abgehobenheit vom Volk ist, die ihn auch immer unbeliebter im Land macht.

Die Linke „feierte“ derweil ihren Wahlsieg in mehreren Städten teils mit Palästina- und Maghrebfahnen und mit Ausschreitungen gegen die Polizei und zerstörte im Siegestaumel das Eigentum ihrer Mitbürger. Teile der Protestierer feierten das Ganze zudem auch als einen „Sieg des Islam“ gegen den Westen, eine Entwicklung, die uns allen sehr zu denken geben sollte.

Das passiert, wenn man linker Parteiproganda zu sehr glaubt, dass ein Wahlsieg der Rechten den Untergang bedeuten könnte. Tatsächlich haben sich aber schon in Italien von Georgia Meloni die linken Untergangsprognosen als völlig falsch und überzogen dargestellt. Die steten „Diktaturvorwürfe“ gegen rechte Parteien glauben die linken Parteiführer dabei wohl selbst nicht, aber sie ziehen wohl bei den Wählern extrem gut. Deshalb wird diese Taktik immer wieder angewendet. Man braucht dazu in Österreich nur die Strategien von SPÖ und die Grünen verfolgen und man wird immer wieder auf diese simple Taktik kommen. Ohne sie wäre  , wie schon erwähnt, auch Van der Bellen heute nicht der Bundespräsident der Republik.

Frankreich kann sich also auf einige politisch verlorene Jahre einstellen und zwar nicht, weil Le Pen nicht gewählt wurde, sondern weil Macron und die Linksfront nicht wirklich zusammenpassen. Eine Senkung des Pensionsalters auf 60 Jahre, wie Melenchon es will, ist schlicht nicht finanzierbar. Eine EU-Blockade Frankreichs würde die Union lähmen und eine Abkehr von der NATO, von Israel und europäischen Verbündeten – wie sie Melenchon ebenso forderte – kann nur einer gut finden: Vladimir Putin ! Ganz zu schweigen von seiner sozialistischen antikapitalistischen Politik, die das hoch verschuldete Frankreich in den Bankrott führen würde! Äußerst bedenklich ist die Toleranz des Islamismus durch die Linke, die so indirekt eine Entwicklung weiter fördert, die ganz Europa seiner Identität berauben wird.

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Links & Quellen

Zahlen von hier: https://en.wikipedia.org/wiki/2024_French_legislative_election