Mythos EZB: Wie die Europäische Zentralbank funktioniert !

Der EZB-Turm vor der Skyline Frankfurts am Main

Die Arbeitsweise der Europäischen Zentralbank (EZB) ist von entscheidender Bedeutung für die Stabilität der Eurozone und hat weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft Europas. In diesem Artikel werden wir deshalb einen umfassenden Einblick in die Funktionsweise der EZB geben, ihre Hauptaufgaben und -instrumente etwas näher erläutern, sowie ihre Rolle in der europäischen Wirtschaft analysieren.

Die Europäische Zentralbank wurde im Zuge der Einführung des Euro am 1. Juni 1998 gegründet und nahm am 1. Januar 1999 offiziell ihre Arbeit auf. Ihr Hauptsitz befindet sich in Frankfurt am Main in Deutschland und ihre Arbeitsweise sollte sich ursprünglich auch an der deutschen Bundesbank orientieren. Diese galt nämlich in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg als DAS Modell einer erfolgreichen Notenbank und das manifestierte sich im deutschen Wirtschaftswunder und der erfolgreichen D-Mark . Die EZB hat laut ihrem Auftrag drei essentielle Aufgaben, die sie im Sinne von uns allen erfüllen soll:

  • Preisstabilität gewährleisten
  • Geldpolitik durchführen
  • Bankenaufsicht

Wir werden nun nacheinander diese Aufgaben erklären und etwas genauer unter die Lupe nehmen ! Viel Vergnügen beim Lesen !

Die liebe Inflation: Wie man Preisstabilität garantieren will !

Die wichtigste Aufgabe der EZB ist es, die Preisstabilität in der Eurozone zu gewährleisten. In den letzten Jahrzehnten hat sich eingebürgert, dass sich jede Zentralbank dafür ein Inflationsziel setzt und dieses grundsätzlich auch erreichen sollte. Manche Länder, wie Italien mit seiner Lira, hatten einst eine hohe Inflationstoleranz, andere wie Deutschland und Österreich dagegen, eine niedrige. Weil die EZB ihre Geldpolitik eher von Niedriginflations-Ländern wie Deutschland übernommen hat anstatt von Weichwährungs- und Hochinflationsländern im Süden, gilt nun für die ganze Eurozone ein 2%-Inflationsziel.

Warum nun genau das 2%-Ziel fragt man sich ? Der Wert ist wohl etwas willkürlich, basiert aber auf dem Wunsch einer geringen Inflation, die aber dann auch doch nicht zu niedrig sein soll. Es soll nämlich keine Deflationsspirale ausgelöst werden, bei der (im Gegensatz zur Inflation) die Preise sinken statt steigen. Das klingt für den Konsumenten erst einmal sehr gut, andererseits sorgt die Erwartung fallender Preise für einen Einbruch des Konsums. Wer kauft denn einen Computer oder ein Auto, wenn er weiß, dass diese Güter in 4 Monaten noch einmal günstiger sein werden. Die verzweifelten Verkäufer senken in der Folge die Preise dann noch weiter ab und befeuern die Deflation damit aufs Neue. Zur Freude der Kunden, die weiter abwarten und zur Verzweiflung der Unternehmen, die nichts mehr verkaufen. Eine Deflation wäre also der wirtschaftliche Worst Case und deshalb ist eine geringe Inflation (= Geldentwertung) in der Regel wünschenswert.

Eine geringe Geldentwertung kurbelt nämlich (anders als eine Deflation) die Wirtschaft an. Wenn ich nämlich weiß, dass mein Geld am Bankkonto mit der Zeit weniger wert wird, dann verschiebe ich meinen Konsum nicht so sehr in die Zukunft. Das Geld wird jetzt ausgegeben und die Wirtschaft wächst. Deshalb sind rund 2 Prozent Inflation nach Expertensicht ideal, damit die Leute nicht auf ihrem Geld sitzen bleiben, dieses regelmäßig ausgeben und damit die Wirtschaft weiter ankurbeln, während gleichzeitig eine gewisse Stabilität der Preise existiert.

Geldpolitik in der EZB: Tauben versus Falken

Die EZB steuert zudem die Geldpolitik der Eurozone. Sie beeinflusst die Geldmenge („Wieviele Euros gibt es insgesamt?“) und den Zinssatz, um damit ihre (wirtschaftlichen) Ziele zu erreichen. Dies kann sie beispielsweise durch Zinssenkungen oder -erhöhungen tun. Im obersten EZB-Gremium – dem EZB-Rat – wird die Euro-Geldpolitik dann von den oben abgebildeten Personen gemacht. Das sind die nationalen Notenbankchefs (etwa unserer Nationalbankchef Robert Holzmann) plus die sechs Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (angeführt von EZB-Präsidentin Christine Lagarde hier in blau). Man diskutiert im Rat die Maßnahmen und einigt sich dann je nach Mehrheitsmeinung.

Wenn diese 26 Ratsmitglieder über neue Zinsschritte, also Zinssenkungen oder Zinserhöhungen diskutieren, dann nehmen sie unterschiedliche Positionen ein. Es gibt Notenbank-Chefs (Gouverneure), wie zum Beispiel Österreichs Robert Holzmann, die sich für aktive und härtere Eingriffe einsetzen. Diese werben in einer Lage mit hoher Inflation, dann um stärkere Zinserhöhungen, um die Inflation rasch wieder zu senken, weil ihnen nämlich der Geldwert und eine niedrige Inflation hier wichtiger sind als eine möglicherweise leidende Wirtschaft. Diese Notenbanker bezeichnet man als die sogenannten „Falken“ ! Sie wollen eine „restriktive Geldpolitik“ einführen und greifen deshalb aktiv und wenn nötig hart ein. Ziel der „restriktiven Geldpolitik“ ist die möglichst rasche Inflationsbekämpfung. Österreichs Notenbankgourverneur Robert Holzmann gilt übrigens als einer der „härtesten Falken“ der EZB.

Und dann gibt es jene Ratsmitglieder, die eine lockere Geldpolitik bevorzugen, lieber abwarten und eher defensiv agieren wollen. Ihnen gefallen niedrige Zinsen und dafür nehmen sie mehr Inflation in Kauf , solange nur die Wirtschaft brummt. Zu diesen gehört etwa der italienische Nationalbankchef, weil der natürlich weiß, dass sein Land höhere Zinsen weniger gut verträgt als Länder mit weniger Schulden. Devise: Viel billiges Geld durch niedrige Zinsen und dafür eine höhere Inflation. Die Fans dieser „lockeren Geldpolitik“ nennt man im Wirtschaftssprech dann die „Tauben“ !

Um die Geldpolitik umzusetzen, hat die EZB neben den Leitzinsen zusätzlich einige so genannte „Instrumente“ zur Hand, die verschiedene Zwecke erfüllen:

  • Hauptrefinanzierungsgeschäfte: Die EZB leiht hier den normalen Banken Geld gegen Sicherheiten zu einem bestimmten Zinssatz
  • Marginalkreditfazilität: Hierbei handelt es sich um einen kurzfristigen Kredit (!), den Banken bei der EZB aufnehmen können, wenn sie kurzfristig dringend Geld benötigen.
  • Einlagefazilität: Die Einlagefazilität ermöglicht es den Banken, überschüssige Liquidität bei der EZB zu deponieren. Die EZB zahlt den Banken dann einen Zinssatz auf diese Einlagen, der in der Regel niedriger ist als der Leitzins. Die Banken können also bei der EZB ihrerseits „sparen“.
  • Quantitative Lockerung (QE): Dies ist eine außergewöhnliche Maßnahme, bei der die EZB Anleihen und andere Wertpapiere auf dem Markt kauft, um die Geldmenge zu erhöhen und die langfristigen Zinssätze zu senken. Die EZB kauft also irgendwelche Aktien von Privaten und spült damit Geld in deren Taschen, welches dann die Wirtschaft beleben soll.
  • Forward Guidance: Die EZB gibt den Märkten per Aussendungen Hinweise auf die erwartete zukünftige Geldpolitik. Dies kann dazu beitragen, die Erwartungen der Marktteilnehmer zu beeinflussen. Der Ex-EZB Chef Draghi wurde 2012 im Zuge der Eurokrise mit einer solchen Aussage berühmt:

Die EZB wird „alles tun, um den Euro zu erhalten“

EZB Gouverneur Mario Draghi (2012); Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mario-draghi-deutet-anleihekaeufe-an-ezb-wird-alles-tun-um-den-euro-zu-erhalten-11832819.html

„Harte“ versus „Weiche“ Währung

Es gibt auf der Welt Währungen, die als „hart“ gelten und Währungen, die eher als „weich“ gesehen werden. Das ist das Resultat einer restriktiveren Geldpolitik (siehe „Falken“) bzw. das Resultat einer lockeren Geldpolitik (siehe „Tauben“). Unter einer „harten Währung“ versteht man eine wertstabile verlässliche Währung, die in ihrem Wert eher nicht so viel schwankt und dabei eher wertstabil ist. Bei einer geringen Inflation. Der Schweizer Franken oder die ehemalige D-Mark und natürlich auch der österreichische Schilling waren solche typischen „harten“ Währungen.

Weiche Währungen“ sind solche, die eher rasch an Wert verlieren und zwar weil die Inflation hoch ist und weil deren Notenbanken auch gerne Geld drucken, was den Wert des Geldes aber wiederum sinken lässt. Das sind dann Währungen, die man lieber schnell ausgibt oder rechtzeitig in andere härtere Währungen umtauscht, wenn man den Wert des Geldes erhalten will. Die türkische Lira ist so ein klassisches Beispiel, ebenso auch viele andere schwache Währungen in Entwicklungsländern.

Was ist also besser? Das ist pauschal nicht so einfach zu sagen, hängt es doch von der Konstitution der Wirtschaft eines Landes ab. Italien hat mit seiner Weichwährungspolitik sein Nachkriegswirtschaftswunder aufgebaut und Deutschland mit seiner Hartwährungspolitik das seine. Die Folge von Jahrzehnten der lockeren Geldpolitik war dann natürlich, dass man ein Stück Fertigeis in Italien um – sagen wir – 3000 Lira erwerben musste, während dieses in Deutschland gleichzeitig „nur“ 4 Mark kostete. Der Grund dafür ist, dass die Deutschen ihre Währung eher stabil hielten, während die Italiener lockerer eingestellt waren und aufgrund höherer Inflation der Wert der Lira rascher verfiel.

Grundsätzlich ist es für eine Exportnation sicher von Vorteil, wenn die eigene Währung nicht „zu hart“ ist, weil sonst die eigenen Produkte im Ausland sehr teuer sein können. Da verkauft man dann weniger und erzeugt letztlich auch im Inland weniger Wertschöpfung, sofern man sich nicht sich wie die kleine Schweiz anpasst und dann auf Nischenprodukte setzt. Deshalb haben Österreich und Deutschland wirtschaftlich durchaus vom Euro profitiert. Dieser ermöglichte ihnen mehr Exporte, indem er mitteleuropäische Produkte am Weltmarkt billiger und damit konkurrenzfähiger werden ließ, als sie es mit einer härteren D-Mark oder dem härteren Schilling wohl gewesen wären ! „Zu weich“ sollte eine Währung dann aber auch nicht sein, weil das wenig Stabilität ausstrahlt und die Bürger sich ständig an höhere Preise und Geldentwertung gewöhnen müssen ! Will man Vertrauen ins Geldsystem schaffen, ist eine weiche Währung etwa für Sparer sicher kontraproduktiv ! Der goldene Weg liegt also wohl irgendwo zwischen den Polen.

Die Bankenaufsicht

Die dritte Hauptaufgabe der EZB ist die Bankenaufsicht ! Banken sollen stabil bleiben und wenn möglich nicht in Schieflage geraten und damit die Spareinlagen der Bürger und die lokale Wirtschaft gefährden. Dafür übt die EZB eine strenge Aufsicht über alle europäischen Großbanken aus, wobei sie hier mit den nationalen Notenbanken kooperiert. Wird etwa die österreichische „Erste Bank“ beaufsichtigt, dann tut das ein Team aus der EZB gemeinsam mit der Österreichischen Nationalbank und der österreichischen Finanzmarktaufsicht. Die Bankenaufsicht wurde im Rahmen der Bankenunion eingeführt, um die Stabilität des Bankensektors stetig sicherzustellen. Vergangene Finanzkrisen haben nämlich gezeigt, dass dieser Sektor einer besonderen Regulierung bedarf, um die Wirtschaft nicht zeitweise negativ zu beeinträchtigen.

Die Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeit der EZB ist von entscheidender Bedeutung, um ihre Glaubwürdigkeit und Effektivität zu gewährleisten. Die EZB agiert laut Auftrag unabhängig von politischen Einflüssen und Entscheidungen. Dies bedeutet, dass sie frei über ihre Geldpolitik entscheiden kann, ohne politischem Druck ausgesetzt zu sein. Weder EU-Parlament noch mächtige Regierungschefs können dem EZB-Rat Vorgaben erteilen !

Erster Absatz ist die Theorie. Freilich spielt in der Realität dann aber auch eine Rolle, welches Land welches EZB-Ratsmitglied vertritt. Es ist kein Zufall, dass die „Tauben“ in der Regel aus hochverschuldeten südlichen Ländern der EU kommen und die „Falken“ in der Regel aus reicheren und wirtschaftlich stabileren Ländern in Mittel- und Nordeuropa. Realität ist wohl auch, dass sich etwa der Chef der Bundesbank mit dem deutschen Bundeskanzler austauscht, auch wenn natürlich Kanzler Scholz diesem keine Weisungen erteilen kann. In Österreich wird das nicht unähnlich sein. Der Gouverneur der Bank von Italien wird natürlich die wirtschaftliche Lage seines Landes stets im Blick haben !

Fazit

Die EZB spielt also die zentrale Rolle in der europäischen Wirtschaft und Politik. Ihre Entscheidungen haben direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung der Eurozone und können die finanzielle Stabilität der gesamten Region beeinflussen. Die Geldpolitik der EZB kann erhebliche Auswirkungen auf die Märkte haben. Wenn die EZB beispielsweise die Zinsen senkt, werden mittelfristig die Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher sinken, was die Investitionen und den Konsum ankurbelt. Dies kann dazu beitragen, die wirtschaftliche Aktivität anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Auf der anderen Seite kann aber eine zu lockere Geldpolitik auch zu übermäßiger Verschuldung führen und Blasen an den Finanzmärkten verursachen.

In den letzten Jahren ist der Euro dank des Einflusses der „Tauben“ im EZB-Rat immer „weicher“ geworden, was man schön an den hohen Inflationsraten sieht. Die EZB hat hier mit Zinserhöhungen nämlich länger gewartet als die amerikanische Fed und trägt damit am Preisverfall in der Eurozone entscheidend Mitschuld. Mit der vollzogenen Zinswende wird der Euro aber künftig weltweit wieder an Gewicht gewinnen können ! Mehr Kapital wird infolge der hohen Zinsen in die EU fließen, denn viele Schwellenländer können mit so hohen Zinssätzen schwerer mithalten und werden daher Kapital verlieren.

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Vielen herzlichen Dank an alle Unterstützer !

Links & Quellen

https://www.ecb.europa.eu/ecb/orga/decisions/govc/html/index.de.html

https://www.welt.de/wirtschaft/article200312706/EZB-Mario-Draghi-Euro-Retter-oder-Zins-Zerstoerer.html

https://kurier.at/politik/inland/das-neue-spoe-team-babler-uebernimmt-klubvorsitz-selbst/402483788

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