Neue Töne: EU-Frust beim Europäischen Forum Alpbach!

Eine der vielen Diskussionen im Kongresszentrum Alpbach – hier mit Finanzminister Magnus Brunner !

Das 79. Forum Alpbach wurde dieses Jahr durch ganz neue Töne geprägt: Lobte man sonst die europäische Integration gerne in den Himmel und inszenierte sich als Paradeeuropäer, hat sich nun viel Frust und Enttäuschung in die Debatten gemischt. Forum Präsident Treichl wirkte in seiner Eröffnungsadresse teils ratlos, wie mit dem aktuellen Bedeutungsverlust der EU umzugehen sei.

Europa ist nur gut im Regulieren und nicht gut im Exekutieren von wichtigen Maßnahmen!

EFA-Präsident Andreas Treichl in seiner Eröffnungsrede

Es wurde im Zuge der Debatten auch eingestanden, dass mediokre Politiker in EU wie Nationalstaaten an diesem Zustand große Mitverantwortung tragen. Die Devise, abgehalfterte Politiker in die EU zu schicken, hat sich also wohl letztlich auf europäischer Ebene nicht so bewährt. Deutschlands Ex-Außenminister Fischer (Grüne) forderte nun etwa eine Aufrüstung Europas zur Selbstbehauptung. Nicht länger glaubt man also unisono, mit Werten in der Welt hausieren gehen zu können ohne „Hard Power“ in der Hinterhand zu haben.

Austausch bei Speis und Trank in Alpbach

Der neue Realismus

Die hausgemachte Krise der EU war 2024 ein großes Thema. Man hinkt als EU schließlich politisch, wirtschaftlich und militärisch anderen Weltmächten (China, USA) hinterher. Kommissionspräsidentin Von der Leyen hat zudem international keine besondere Figur abgegeben und beim Green New Deal mittlerweile eine harte Kehrtwende hingelegt: Statt Deindustrialisierung forciert man wieder klassische Industriepolitik. Verarmen will Europa dann doch nicht – einige „Degrowth – Extremisten“ freilich ausgenommen! Die europäische Aufrüstung wurde von vielen Diskussionsteilnehmern explizit eingefordert. Ohne ginge es  2024 schlicht nicht mehr, wo die Macht wieder zunehmend aus den Gewehrlaufen zu kommen scheint, wenn nicht längst aus  Drohnenfabriken.

Pandemie, Krieg und Rechtspopulismus sowie berechtige EU-Kritik haben zudem auch in der EU – Hochburg Forum Alpbach ihre Spuren hinterlassen. Mit einem Abstrich: Die Migrationskrise wie der unheilvolle Einfluss des politischen Islam wurde großteils inhaltlich ausgespart. Gewisse Kontroversen meidet man auch im Forum der Denker. So auch anscheinend fleischliche Kost bei den Events – vorbei die Zeiten als Tirols Speckproduzent Handl den Besuchern alpine Kulinarik näher bringen durfte. Die europäische Zukunft hier scheint vegan und vegetarisch zu sein und frei von Kulturkampf und tiefergreifenden Problemerörterungen zum Thema Migration ! Dafür ging es sehr viel um den Klimawandel und um die Maßnahmen dagegen.

Was ist aber nun eigentlich das Forum Alpbach?

Auf unserer Reise nach Tirol wurde schnell klar, dass das Forum Alpbach 2024 selbst in Tirol nicht jedem ein Begriff ist. Deshalb folgt nun eine kurze Einführung für all jene, die noch nicht den Weg zum „Forum der Denker“ gefunden haben:

Seit 1945 diskutieren junge Menschen, Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftstreibende und Experten aller Metiers in Alpbach über Europa, Politik, Wirtschaft, Demokratie, Gesellschaft et cetera. Es geht darum, einen produktiven Diskurs über die europäische Gegenwart und Zukunft zwischen Experten und jungen Stipendiaten zu schaffen und dabei auch noch spannende Netzwerke zu knüpfen. Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz lernte hier 2005 etwa seinen späteren Intimus Bernhard Bonelli kennen und schätzen. Die beiden landeten dann 2017 gemeinsam im Kanzleramt!

Alpbach ist in der zweiten Augusthälfte also ein wunderbarer Ort, um seinen Horizont zu erweitern, bei Gesprächen im kleinen wie im großen Rahmen. Man kann mit Nobelpreisträgern wie Joseph Stiglitz in intimer Atmosphäre am Tisch über die Weltwirtschaft diskutieren oder mit führenden Militärexperten, wie Franz-Stefan Gady, wandern gehen, und so neueste Entwicklungen im Ukrainekrieg erfahren. Nach den Veranstaltungen gibt es zahlreiche Events mit Möglichkeiten für diesen Austausch, bis alle Nachtschwärmer irgendwann beim Jakober landen ! Dem legendären Wirtshaus im Zentrum Alpbachs, wo bei einem Krautinger (fragen Sie nicht wie dieser schmeckt !) und viel Bier weiter bis in die Morgenstunden hinein diskutiert wird.

Die Alpbacher Ideenwelt

Immer ein Thema ist neben der omnipräsenten Europapolitik und der Klimaproblematik die Geopolitik: Diplomaten treten etwa am Forum auf und geben wertvolle Einblicke in ihre Arbeit. Was bedeutet es etwa, wenn Isolationisten die Wahl in den USA im November für sich entscheiden können? Was macht der Westen, wenn China all die kritischen Rohstoffe kontrolliert? Warum hat Europa Griechenland nach der Euro-Krise nicht aus der Eurozone geworfen? Elder-Statesman wie Jose Manuel Barroso geben darauf Antworten, so auch stets aktive Politiker in den höchsten Ämtern. Österreichische Minister wie Karoline Edstadler, Martin Kocher, Werner Kogler oder Martin Polaschek gaben sich dazu heuer in Alpbach die Klinke in die Hand.

Neben der Realpolitik spielt aber auch politisches Wunschdenken, Visionen und so manche besonders woke Idee eine gewisse Rolle: Diversität, Eurobonds, koloniale Ausbeutung – um nur ein paar zu nennen. Noch immer gibt es viele Menschen auf der Welt, die Europas Aufgabe vor allem als braves Wertevorbild sehen, offen für alle und ein nachgiebiges Vorbild in der Welt.

Daneben wurden natürlich aber auch Technische Innovationen diskutiert, wie etwa der explodierende Beitrag der KI zu allen Lebensbereichen bis hin zu Innovationen in der Architektur des 21.Jahrhunderts.

Kuriositäten am Forum

In Alpbach ereigneten sich beim Forum 2024 aber natürlich auch einige Kuriositäten, die wir hier nun ansprechen wollen. Die Gespräche „Europa in der Welt“ begannen etwa tatsächlich mit einem Panel ohne Europäer, was einige im Publikum verwunderte und dann von ihnen auch angesprochen wurde. Statt über Europas altuelle Rolle zu reden, bekam man mehrfach die linke postkoloniale Theorie zu hören! Dieser Theorie zufolge sind die Europäer aufgrund der vergangenen Kolonialisierung am Elend der dritten Welt stark mitschuldig – so der Tenor. Worauf man 7 Jahrzehnte nach Ende der Kolonialisierung entgegnen könnte: Taiwan, Südkorea, China haben es in der Zeit von absoluter Armut an die Weltspitze geschafft. Sich nach bald 70 Jahren immer noch auf koloniale Sünden zu berufen ist da also etwas einfältig und intellektuell billig.

Auch der zweite große Themenblock – Österreich in Europa – wurde mit einer Panel Diskussion eröffnet, in der es um vieles ging, nur nicht um Österreich in Europa. Dafür durfte aber die „deutsche Greta“ Luisa Neubauer ihr Buch bewerben und dem Alpbach Sponsor Erste Bank ausrichten, dass dieser ganz fiese fossile Projekte ebenso sponsern würde. Der Vorwurf des Green Washing stand im Raum, der von vielen, vor allem internationalen Stipendiaten, laut beklatscht wurde ! Genau von denjenigen übrigens, die teils mit Tickets in Alpbach waren, die stark von eben jener Bank gesponsert worden waren.

Eine weitere Kuriosität bot der Forumspräsident Andreas Treichl selbst, der sich in Ansprachen als politikerfeindlicher Wutbürger inszenierte. Politiker – so Treichl- haben doch keine Lösungen und würden die Politik ideologisieren. Er, Treichl, würde Politiker nur zu gerne beleidigen, weil ja seit 50 Jahren nichts weiter ginge. Als der Applaus verklungen war, fand man Treichl dann wieder auf Funderaisern mit eben jenen Politikern, um ihnen neue Mittel für Alpbach 2025 abzutrotzen.

Fazit

Das 79. Forum Alpbach war ein großartiges Event, das einem wie immer ermöglichte, tolle Persönlichkeiten zu treffen und mit diesen kritisch zu diskutieren. Innovative Elemente, wie gemeinsame Wanderungen mit Experten, garniert mit Vortragspausen in toller Tiroler Atmosphäre, belebten das Programm, ebenso die vielen Kennenlernevents. Ein intimes Kamingespräch mit einem Nobelpreisträger gibt es so in Österreich wohl nur in Alpbach und alleine dafür muss man das Forum lieben ! Dasselbe gilt auch für die allgemeine intellektuelle Atmosphäre im Tiroler Bergort ! Man kann daher jüngeren Interessierten nur empfehlen, sich nächstes Jahr über einen der Clubs – etwa den Club Alpbach Wien oder den Club Alpbach Steiermark – um ein Stipendium zu bewerben ! Allen Älteren sei das Forum natürlich ebenso nahegelegt: So eine Dichte an Politprominenz, Wissenschaftlern und Wirtschaftstreibenden findet man in Österreich nicht so schnell wieder !

Auffällig war 2024 aber auch, dass das Forum seinen österreichischen Charakter zunehmend etwas reduziert! Es gibt bewusst immer weniger österreichische Stipendiaten zugunsten von anderen Nationalitäten. Dazu will die Forumsführung weg vom Netzwerktreffcharakter ! In der Folge verliert das Forum aber nun genau diesen seinen gewachsenen Netzwerkcharakter bei österreichischen Eliten und Unternehmern. Die wichtigen Technologiegespräche sind etwa heuer nach Wien gewandert und die Industriellenvereinigung veranstaltet ihr Branchentreffen künftig bei den Salzburger Festspielen.

Desweiteren sind die meisten thematischen Blöcke zu diversen wirtschaftlichen Themen verschwunden – man denke an die Finanzmarktgespräche. Das neue EFA-Team um Präsident Treichl setzt nämlich primär auf  Stipendiaten ! Was insofern schade ist, als in der Vergangenheit eben jene Stipendiaten genau davon profitiert haben, dass viele Manager und Wissenschaftler in Alpbach bei den jeweiligen Talks präsent waren, konnte man so doch zwanglos Kontakte knüpfen !

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