Nach dem Abschluss des Kooperationsabkommens zwischen der niederösterreichischen ÖVP und FPÖ gehen die Wogen in den sozialen Medien und manchen Nachrichtenredaktionen hoch. Es scheint so, als hätten viele Journalisten und natürlich Austro-Twitter ob der Fortsetzung der schwarz-blauen Regierungsvereinbarung in Niederösterreich völlig die Fassung verloren.
Eine Subventionsmaßnahme für traditionelle Wirtshäuser, die von einer schwarz-grünen Landesregierung in Tirol schon vor Jahren ohne Aufschrei beschlossen worden ist, erregte etwa die Gemüter massiv. Der Standard schrieb von „pikanten Aspekten“, während der linke Ökonom Stephan Schulmeister von der Maßnahme gegen das lokale Wirtshaussterben gleich eine rassistische Ausgrenzung ableitete:
(Nieder)Österreicher, esst nicht bei Türken, Griechen, Arabern und Negern!
Ökonom Stephan Schulmeister auf Twitter; https://twitter.com/StSchulmeister/status/1637444048179830785
Falter-Chef Florian Klenk verlor seine Fassung noch einmal drastischer und erklärte gleich jeden vierten Niederösterreicher zum Wähler einer rassistischen Neonazi-Partei:
Man kann es nicht oft genug sagen. Die ÖVP koaliert mit Neonazis und Rassisten…
Florian Klenk auf Twitter; https://twitter.com/anna_theresa49/status/1637375391160467457/photo/1
Wie wenig man innerhalb des Wiener Gürtels in der linksliberalen Polit- und Medienblase mit Wahlergebnissen umgehen kann, die einem nicht passen (2/3 der Niederösterreicher haben ja schließlich 2023 ÖVP und FPÖ gewählt), demonstriert die stellvertretende Kabinettschefin der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler:
Bin für Bundesländer abschaffen !
Irmi Salzer auf Twitter; https://twitter.com/DerMaerzAT/status/1637449786511982592
Diese allesamt völlig übertriebenen Aussagen, Erregungen und offensichtlich persönlichen Angriffe von Prominenten der Wiener Polit- und Medienblase haben uns bewogen, uns das Phänomen Schwarz-Blaue Koalition in Niederösterreich und dessen mediale Rezeption genauer anzusehen!
Die Fakten: Warum ÖVP und FPÖ am Donnerstag Abend ein Arbeitsabkommen vereinbarten
Am 29. Jänner fand die Landtagswahl in Niederösterreich statt. Auf die erstplatzierte ÖVP entfielen 39,93 % der Stimmen der Wahl, auf die zweitplatzierte FPÖ 24,19 % und auf die drittplatzierte SPÖ 20,65 %. Klarer Gewinner waren die Freiheitlichen mit einem Zuwachs von 9,43 %. Aufgrund des Proporzsystems der niederösterreichischen Landesverfassung stellen alle großen Parteien (in diesem Fall ÖVP, SPÖ, FPÖ) gemeinsam die Mitglieder der Landesregierung und zwar gemäß ihrer Stimmenstärke. Mit einfacher Mehrheit wird dann die Landeshauptfrau (Mikl-Leitner) sowie ihr Stellvertreter im Landtag gewählt . Die jeweiligen Portfolios der Landesräte hängen von den politischen Abkommen zwischen den einzelnen Parteien ab.
Bisher (Stand Januar 2023) gab es derer zwei: Die ÖVP hatte in der vergangenen Legislaturperiode jeweils eines mit SPÖ und FPÖ abgeschlossen, weil schließlich beide Parteien ja wegen des Proporzes mitregierten und mit Ämtern ausgestattet werden mussten. ÖVP wie FPÖ und SPÖ waren also schon in der vergangenen Amtsperiode gemeinsam in der Landesregierung vertreten. Nach der Wahl 2023 tauschte die schwer geschlagene SPÖ nach ihrem historisch schlechtesten Ergebnis ihre Führung aus und setzte einen politischen Jungspund aus Wien als neuen Landesparteichef ein: Sven Hergovich. Der übersiedelte flux nach St.Pölten und übernahm die Verhandlungen mit der ÖVP und zwar nachdem diese erklärt hatte, mit der FPÖ kein Arbeitsabkommen abschließen zu wollen. Im Wahlkampf hatte die FPÖ Mikl-Leitner nämlich massiv untergriffig angegriffen.
Hergovich stellte ein Team aus ehrgeizigen jungen (va. Wiener) SPÖlern auf und verhandelte 5 Wochen ergebnislos mit der ÖVP. Angesichts der vermeintlichen Alternativlosigkeit der niederösterreichischen ÖVP stellte er massive Forderungen und bekräftigte diese in einem Interview mit der deutschen „Zeit“:
Bevor ich ein Übereinkommen unterzeichne, in dem nicht alle diese Punkte enthalten sind, hacke ich mir die Hand ab.
Sven Hergovich, zitiert nach https://noe.orf.at/stories/3199174/
Die ÖVP Niederösterreich wurde so politisch medial an die Wand gestellt und hatte aufgrund dieser wohl wenig durchdachten Aussage Hergovichs 2 Optionen: Nachzugeben und sich damit auch künftig erpressbar zu machen oder politisch nach einer Alternative zu suchen. Man entschied sich für Option 2 und hier war die FPÖ die einzige Alternative, weil eine Mehrheit in der Landesregierung für ein stabiles Regieren vonnöten ist. Die Landeshauptfrau erklärte ihren Unmut darüber folgendermaßen:
Die Streitereien zwischen ÖVP Niederösterreich und den Freiheitlichen in Niederösterreich sind ganz tief gegangen. … Deswegen haben wir zuerst mit dem Drittplaziertem (der SPÖ) verhandelt. … Diese Herren (von der SPÖ, Anm.) müssen sich nun aber dafür rechtfertigen, dass sie nicht in der Lage sind, wie normale Erwachsene miteinander an einem Tisch zu sitzen, Gespräche zu führen und zu verhandeln. Und ja, ich kann es nicht anders sagen, dieser Prozess, diese Verhandlungszeit, wurde von der SPÖ Niederösterreich als öffentliche Zirkusshow gestaltet und genutzt. Ja, für diese Herren war das nur ein Spiel. Aber mit Niederösterreich und den niederösterreichischen Landsleuten spielt man nicht.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bei der Vorstellung des Arbeitsabkommens; zitiert nach: https://www.youtube.com/watch?v=HS6wEEzmbhU
Das Abkommen von ÖVP und FPÖ
Das Abkommen ist ein klassisches mitte-rechts Programm, welches linker Identitätspolitik eine Absage erteilt und zum Ziel hat, illegale Migration abzuschrecken, Respekt vor unserer Kultur und unseren Gesetzen einzufordern sowie Kinderbetreuung und Familienleistung auszubauen. Ein besonderer Fokus wird dabei auf Kinderbetreuung liegen, wobei auch Eltern, die ihr Kind traditionell zu Hause betreuen, unterstützt werden sollen. Die traditionelle Wirtshauskultur wie auch die deutsche Sprache in der Schule sollen gefördert bzw. eingefordert werden! Letzteres freilich aus dem Integrationsaspekt heraus. Der Wahlprozess soll demokratischer werden, indem man den nicht-amtlichen Stimmzettel, übrigens ein niederösterreichisches Unikum, bei Urnengängen auf kommunaler Ebene abschafft. Parteien konnten nämlich bisher den Stimmzettel vordrucken und ihren Wählern dann für die Wahlzelle mitgeben. Weiters will man alle Aspekte der Mobilität fördern und nicht einseitig nur Autofahrer verteufeln. Klimakleber sollen adequat bestraft werden. Gleichzeitig soll das Land weiterhin den Weg hin zur Energieunabhängigkeit bestreiten.
Aus bürgerlicher Sicht kritisch zu sehen ist die Corona-Politik, die klar die Handschrift der FPÖ trägt. Hier soll etwa die Werbung für die Impfung beendet werden, was in Anbetracht der Corona-Stimmung sicher populär ist, aber keinen verantwortungsvollen Umgang mit der immer noch laufenden Pandemie darstellt. Der Großteil der Menschen mag ja mittlerweile immunisiert sein, aber laut Medienberichten sterben derzeit pro Woche immer noch 60 Österreicher an Corona. Vulnerablen Gruppen und Älteren ist die Schutzimpfung deshalb sicherlich auch in Zukunft zu empfehlen. Eigenverantwortung wird ab nun im Vordergrund stehen – idealerweise weiterhin begleitet von Expertenmeinungen aus dem Gesundheitssystem. Desweiteren sollen Corona-Strafen retourniert werden. Wie dieser Punkt aber umgesetzt werden soll, wird sich erst weisen. Verfassungsministerin Edtstadler jedenfalls hat dem Punkt bereits eine Absage erteilt!
Weil Antisemitismus nicht nur jenseitig, falsch und deshalb abzulehnen ist, gibt es im Abkommen natürlich auch Verweise auf die Förderung jüdischen Lebens in Niederösterreich. Schwarz-Blaue Regierungen fördern nämlich traditionell stärker (anders als die linke Propaganda oft glauben lassen will) die österreichisch-jüdischen Beziehungen. Sei es die Rückgabe geraubten jüdischen Erbes unter Kanzler Schüssel, oder die proisraelische Politik mit einer Einbürgerungsoffensive für die Nachfahren vertriebener jüdischer Österreicher unter Kanzler Kurz.
Wer sich selbst ein Bild machen will, findet das Arbeitsübereinkommen hier: https://nextcloud.vpnoe.at/s/9NddYYyToPpkiY7?dir=undefined&openfile=4546018
Die Wiener Eliten sind fassungslos
Das Arbeitsübereinkommen hinterlässt mich fassungslos. Johanna Mikl-Leitner stürzt NÖ zurück in die Steinzeit. was für ein Desaster für dieses Land.
Grüne Klubchefin Sigrid Maurer; Quelle: https://twitter.com/sigi_maurer/status/1636742377573425153
Nachdem das Abkommen bekannt worden war, überschlugen sich die medialen Reaktionen von Journalisten, prominenten Twitteranten und linken Politikern. Das Abkommen sei eine „Schande“ , die FPÖ eine „Neonazi-Partei“ , „Landbauer sei rechtsextrem“ , es drohe eine „Orbanisierung“ , das „Volk müsse sich erheben wie gegen Netanyahu“ et cetera et cetera. Viele linke Politiker und Journalisten taten sich plötzlich sehr schwer dabei, die Demokratie zu akzeptieren, wie sie sich nach der Landtagswahl vom Januar 2023 eben darstellt. Hier schön zusammengefasst von der Landeshauptfrau Mikl-Leitner:
VP und FP repräsentieren fast zwei Drittel der Wähler
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner; zitiert nach https://kurier.at/politik/inland/mikl-leitner-interview-schwarz-blau-niederoesterreich-corona-landesregierung-fpoe/402369627
Es trat für viele Mitglieder der „Wiener Polit- und Medienblase“ wohl ein politisches Horro-Szenario ein: Die Ampel ist in aktuellen Umfragen bundesweit ohne Mehrheit und im größten Bundesland bildet sich eine bürgerliche Koalition. Deshalb wurden rhetorisch alle Tricks, Überzeichnungen, Schreckensszenarien und politischen Untergriffe aus der Schublade geholt. Wie schon in Oberösterreich, versuchte man, das neue Abkommen maximal negativ darzustellen und überbot sich in den Medien mit kritischen Interpretationen, obwohl viel diskutierte Dinge, wie zum Beispiel das schon erwähnte Wirtshausförderungsprogramm in Tirol, längst Realität sind. Die negativen Kommentare dazu waren zum Teil derartig maßlos, dass man am besten mit Ironie kontert. Ein Österreicher twitterte zum Thema nicht ganz unpassend folgenden Vergleich:
In NÖ wurden in den letzten Tagen eine ÖVP/FPÖ-Koalition geschlossen sowie eine 13-Jährige von einem Marokkaner mutmaßlich unter Drogen gesetzt und auf einer Toilette vergewaltigt. Eines von beiden war “ein Dammbruch”, “menschenverachtend” und “eine Niedertracht”. Solange eine Wirtshausförderung und die Abkehr vom Gendern bei journalistischen und sozialdemokratischen Multiplikatoren verlässlich für mehr Aufregung sorgen als diese Taten, werden die Genannten noch öfter fassungslos vor Wahlergebnissen und Koalitionen stehen.
https://twitter.com/derWillacker/status/1636991424452255745
Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Österreich war 2022 mit einer erneuten Flut illegaler Migration konfrontiert worden. Die Bürger haben dann in Niederösterreich 2023 jene Parteien gestärkt, die versprochen hatten dagegen vorzugehen. Linke Parteien, die hier Maßnahmen ablehnen und damit die Migrationswelle indirekt fördern, haben lediglich 1/3 der Stimmen in Niederösterreich erhalten.
Fazit
Das Theater um die Koalition basiert also auf mehreren Gründen: Die Wiener Blase fürchtet ihren Machtverlust. Sobald ÖVP und FPÖ fest zusammen stünden, hätten die einflussreichen Medien und die linke Wiener Elite plötzlich drastisch weniger politischen Einfluss, weil nämlich der indirekte Hebel über die Grünen oder die SPÖ fehlt. Diese zwei Parteien sind ja personell wie ideologisch eng mit der Wiener Elite verbandelt und daher stets offen für Einflussnahmen. Im Falle einer bürgerlichen Regierung müssten die linksliberalen Wiener Eliten aus einer Minderheitenposition heraus Zugeständnisse a la Doskozil an die tatsächlichen demokratischen Mehrheiten in Österreich machen. Das will man aber partout nicht. Doskozil wird ja schon dafür verachtet, dass er illegale Migration eindämmen will, was übrigens 70-80% der Österreicher ein Anliegen ist. Das eigene Wiener Polittheater um linke Boutiquethemen (Staatsbürgerschaft für alle, Refugees Welcome, Gendern, Multikulti,…) wäre mit einem Mal völlig obsolet und seine Proponenten arbeits- wie einflusslos.
Zusätzlich spielen linke Parteien und Medien gerne ÖVP und FPÖ gegeneinander aus. Divide et impera – teile und herrsche. Wenn ein roter Landeshauptmann Kaiser feststellt, dass er „so manches Gemeinsame erkannt habe“ beim Sondieren mit der FPÖ, dann ist das eine kluge Taktik. Tut die ÖVP dasselbe, dann ist sie der Arm der Neonazis und Rechtsrechten und bastelt am Orban-Staat. Als völlig legitim empfanden die Wiener Eliten außerdem, dass die SPÖ bereits 4x auf Bundes- wie Landesebene mit der FPÖ koaliert hat (1970; 1983; 2004; 2015).
Die Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ ist ganz offensichtlich ein pragmatisches Abkommen zweier bürgerlicher Parteien, welches erst ausverhandelt wurde, nachdem die SPÖ überzogene Forderungen gestellt und sich damit selbst aus dem Spiel genommen hatte. Schmerzhafte Zugeständnisse musste die ÖVP leider bei der Coronapolitik machen, die FPÖ dagegen bei der Sanktionierung der zuvor von ihr stark kritisierten niederösterreichischen ÖVP-Politik. Das Arbeitsübereinkommen stellt sich gegen den linksliberalen Zeitgeist und wird deshalb im konservativen Niederösterreich sicherlich gut ankommen. In Wien aber sorgte es für überzeichnete Emotionen und ein ziemliches politisches Theater. Diese Koalition wird funktionieren solange die FPÖ Niederösterreich auf eine professionelle Regierungsarbeit a la Modell Oberösterreich setzt, macht sie das nicht, wird ein freies Spiel der Kräfte politische Instabilität ins Land bringen!
Finanzielle Unterstützung
Falls Ihnen unser Beitrag zur Meinungsvielfalt gefällt und Sie dem März finanziell etwas unter die Arme greifen möchten, dann laden wir Sie herzlich ein, uns zu unterstützen:
Einfach beim Empfänger den IBAN unseres Firmenkontos eintragen und schon können Sie uns helfen!
IBAN: DE46 1001 1001 2622 4193 03
BIC: NTSBDEB1XXX
Links & Quellen
https://noe.orf.at/stories/3199174/
https://vpnoe.at/start/artikel/zusammenarbeiten-fuer-niederoesterreich-1/
2 thoughts on “Niederösterreich: Die absurde Reaktion der Polit- und Medienblase Wiens!”
Comments are closed.