Peter Hacker – wie man Corona-Politik NICHT macht !

Wiener Rathaus vor der Gemeinderatswahl 2020

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) polarisiert gerne, ebenso steht er in diesem Corona-Sommer im Kreuzfeuer der Kritik aufgrund seiner Gesundheitspolitik. Dieses versucht er dann medial durch martialische Anti-ÖVP und Anti-Regierungsrhetorik zu kaschieren. Die in der „linken Reichshälfte“ durchaus Anklang findet – ganz nach Haiders altem Gag: Endlich sagts einer laut wie schlecht die Regierung ist. Das verfängt auf der politisch von Kanzler Kurz gedemütigten linken Seite.

Spätestens nach der Erklärung Wiens zum Corona-Krisengebiet durch die Schweiz, Belgien, Dänemark und Deutschland, ist aber ein realistischer Blick auf die Wiener Corona- Politik abseits des Polit-Hickhacks gefragt. Aus einer österreichischen Medienperspektive ist dabei bemerkenswert, dass nach langer Schützenhilfe der liberalen Mainstreammedien mittlerweile die Wiener Gesundheitspolitik nun auch im Standard, der ZIB 2, et cetera zunehmend am Pranger steht. Normal werden in diesen Medien Wiener SPÖ-Politiker vor Wahlen eher hofiert. Wir vom März haben uns daher das Krisenmanagement des Gesundheitsstadtrats Hacker einmal genauer angesehen.

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Gesundheitsstadtrat Peter Hacker; Quelle: © Bwag/CC-BY-SA-4.0

Der Verantworliche

In der Stadt Wien ist das Gesundheitswesen also fest in der Hand der SPÖ. Seit 2018 steht diesem Ressort Peter Hacker vor, der vormalige Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien. Mit diesem Background (Berufsausbildung bei der Stadt Wien) und einer langjährigen Zuständigkeit für sozialen Anliegen ist er in Organisationsfragen der Stadt wohl prädestiniert als Gesundheitsstadtrat, weniger allerdings in Fachfragen. Dafür sticht er im österreichischen Vergleich als Politiker hervor der mit seinen Kommentaren polarisiert. Der gerne poltert und die linke Sperspitze der SPÖ übernimmt und sich auch immer wieder für Grabenkämpfe mit der ÖVP nicht zu schade ist. Auch die Corona-Pandemie bietet ihm da gerne genutzte Munition gegen den politischen Gegner.

Das Wiener Corona/Covid 19 Krisenmanagement

So sah Gesundheitsstadtrat Peter Hacker noch am 5 September (!) eine politische Färbung der Corona Ampel. Als Wien bei 1886 aktiven Fällen „gelb“ eingestuft wurde. Im Ö1-„Mittagsjournal“ diagnostiziert er der Regierung eine Lust, rote Städte gelb einzufärben (bei allein an die 400 Wiener Neuinfektionen täglich). Eine Woche zuvor, am 20. August, ging er noch weiter und richtete der Bundesregierung aus: „Es wurde zu viel Angst verbreitet.“

Hacker teilte medial mit, dass die „wichtigsten Regeln“ in Wien doch eingehalten würden – ausgenommen ein „paar Idioten am Donaukanal„. Und das sonst alle Wiener eine unglaubliche Disziplin an den Tag legen. Eine Aussage die der Realität überhaupt nicht entsprach. Am 6. September forderte er dann für andere österreichische Städte auf der Ampel auch den Status „Gelb“ ein! Andere Städte sollten gefälligst Wiens Schicksal teilen (das alleine für rund 50% der österreichischen Neuinfektionen verantwortlich ist), so der Gesundheitsstadtrat. In Wirklichkeit sah es wahrscheinlich auch nicht gut für die SPÖ vor der kommenden Wiener Wahl am 11.Oktober aus.

Nur 4 Tage später, am 10.September, fordert Hacker dann angesichts steigender Zahlen auf einmal selbst Verschärfungen für Wien. War vor fünf (!) Tagen die Ampelfarbe „Gelb“ noch eine politische Frechheit der ÖVP für Wien, fordert Hacker nun seinerseits „Orange“ ein. Nun galt der neue O-Ton Hackers: „Ich bin auch mit Orange einverstanden“. Wohl wissend, das diese Anpassung nur eine Frage der Zeit war. Im Angesicht stetig sich verschlimmernder Corona-Infektionszahlen.

Hacker im O-Ton

Hacker gesteht in einem ziemlich soften ZIB2- Interview (14.09.2020) ein, dass in Wien weiter in Clubs und Bars ohne Kontrolle und Regeln gefeiert wird. Auf einmal erkannte er auch den „Effekt der Reiserückkehrer“ an. Nachdem die Regierung im August noch für ihr Wording verspottet wurde, nach welchem das Virus mit dem Auto einreisen würde. Gleichzeitig dauern Tests in Wien viel zu lange, die Stadt testet viel zu wenig und Hacker gesteht auch ein Organisationschaos im September (wohl gemerkt 6 Monate nach Beginn der Pandemie) ein:

Wir sind dabei diese Verbesserungen zu machen. Aber ich möchte auch nicht sagen es ist alles super, weils nicht stimmt

Stadtrat Peter Hacker in der ZIB 2 (14.09.2020)

Die Realität ist nicht so gnädig gestimmt: Wien hat nun tausende aktive Corona-Fälle und die Stadt wurde von der Schweiz, Deutschland, Belgien und Dänemark als Risikogebiet eingestuft. Am 16. September kommentiert Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) knapp: Er sehe keine Besonderheit. Treffe es doch so viele urbane Gebiete in Europa. So nonchalant kann man sich natürlich vor einer Wahl herausreden. Für Wiener hat das ganze politische Versäumnis aber reale Folgen! Es gilt nun bei der Einreise nach Deutschland: Negativer Corona-Test (der nicht älter als 48 Stunden ist) oder eine zweiwöchige Quarantäne.

Hackers „Krisenmanagement“

Hackers Reaktion auf die Einstufung in Deutschland war dabei wieder mal eine Demonstration seiner parteiischen Unfähigkeit als Gesundheitsstadtrat professionell zu wirken ! Er warf Berlin einen „unfreundlichen Akt“ vor und argumentierte, dass dies wohl eine indirekte Reaktion auf die Reisewarnungen der Bundesregierung gegenüber Kroatien sei. Das ist natürlich Blödsinn: In Deutschland urteilt das Robert Koch Institut anhand klarer Richtlinien bei den Infektionszahlen. Ob diese jemanden jetzt gefallen oder nicht, ist natürlich Nebensache. Ein Provinzpolitiker wie Hacker, der stets nur die nächsten Wahlen im Blick hat, will das aber offensichtlich nicht verstehen. Und kommuniziert das auch so, was in Wien allerdings das Krisenbewusstsein der Bevölkerung untergräbt. Man sieht an dieser Episode, dass Hackers wichtigste Parameter nicht die Corona-Infektionszahlen sind, sondern nur die Auswirkungen auf die kommende Wien-Wahl. Er ist als Gesundheitspolitiker mit seinem fehlenden professionellen Format also nicht wirklich geeignet.

Entwicklung der aktiven Wiener Corona-Infektionszahlen

22. Juni, aktive Fälle: 260

22. Juli, aktive Fälle: 465 (+79% in Relation zum 22.Juni)

22. August, aktive Fälle: 1419 (+205% in Relation zum 22.Juli)

21. September, aktive Fälle: 4486 (+216% in Relation zum 22. August)

Bei einem gleichbleibenden (!) Forschreiben des Wiener Trends mit Zuwachsraten von leicht über 200% im Monat im Hoch- und Spätsommer stünde Wien am 22.Oktober bei rund 14.000 Fällen. Und am 22.November bei rund 45.000 Fällen. Und dann beginnt der Winter und die normale Grippesaison aber erst.

Auch in Österreich sticht Wien seit Monaten negativ hervor: Bei nicht einmal 1/4 der Bewohner hat Wien die Hälfte aller aktiven Fälle Österreichs

Fazit

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker hat sich anders als die übrigen Landesräte Österreichs scharf und pointiert immer wieder öffentlich zu den Corona-Maßnahmen positioniert. Genau seine Jurisdiktion Wien hat aber nun im laufenden „Corona-Herbst“ die größten Probleme: Testergebnisse verzögern sich über eine Woche, Quarantänen werden zu spät verhängt, man schwächelt beim Contacttracing und Wien gilt für mehrere europäische Länder dank explodierender Corona-Infektionsraten als Corona-Hotspot. Gutes Management schaut anders aus – deutsche Großstädte demonstrieren wie es besser geht. München hat aktuell nur rund 1/3 der aktiven Krankheitsfälle Wiens (bei 80% der Bevölkerung). Das zu Wien bevölkerungsmäßig direkt vergleichbare Hamburg weist aktuell überhaupt nur 1/4 der aktiven Fälle Wiens aus.

Auch politisch erscheint Hackers Management der Krise nicht sehr klug: Zuerst exponiert er sich politisch und übt Kritik am Gesundheitsministerium auf Bierzeltniveau (für den Applaus der „linken Reichshälfte“). Wohl wissend aber das im Herbst die Situation eine andere sein würde. Und bestärkt für politisches Kleingeld die „Corona-Leugner“ in der Stadt in ihrer Ablehnung der bundesweiten Maßnahmen. Die Wiener Fallzahlen spielt er dann fast so lange herunter, bis die Stadt im September zum europaweit bekannten Hotspot erklärt wird.

Woraufhin freilich Hacker eine totale rhetorische Kehrtwende vornehmen muss. Vom Maßnahmenkritiker zum Maßnahmenhardliner. Da nun das eigene administrative Versagen der SPÖ-Stadtregierung bei den Tests und beim Contacttracing allgemein bekannt wird. Das zwingt ihn eine 180 Grad Kehrtwende zu vollziehen und plötzlich strengere Maßnahmen der Bundesregierung für Wien einzufordern. Wie etwa ein höhere Warnstufe auf der Ampel. Auf derselben Ampel, die vor 2 Wochen laut ihm noch „politisch eingefärbt“ war 😉 Alle hier beschriebenen Sager und Kehrtwenden geschahen übrigens binnen eines Monats zwischen Mitte August und Mitte September!

Ausblick

Bleibt als Fazit: Wer soll so einen erratischen, mäandernden Politiker noch erst nehmen? Der für einen Schenkelklopfer gegen die ÖVP, Berlin etc. immer zu haben ist, aber dafür die Corona/ Covid 19 Vorbereitung für den kritischen Herbst verschläft. Ein Verantwortlicher der Maßnahmen der Regierung untergräbt und ein paar Tage später eine Verschärfung genau dieser einfordern muss. Hacker wirkt dabei wie ein präpotenter Gewerkschafter vor einer herbstlichen Lohnverhandlung. Wofür er vielleicht prädestiniert wäre. Und leider wie eine totale Fehlbesetzung im Gesundheitsbereich mitten in einer globalen Pandemie.

Links und Quellen

https://www.derstandard.at/story/2000119808671/schulleiter-koennen-maskenpflicht-ausweiten

Stuhlpfarrer M./Streihammer J. (17.09.2020): Berlin warnt vor Wien. In: „Die Presse“ vom 17.09.2020: S. 1

https://www.derstandard.at/story/2000119448871/gesundheitsstadtrat-hacker-es-wurde-zu-viel-angst-verbreitet

https://www.derstandard.at/story/2000120042399/berlin-will-wien-zum-corona-risikogebiet-erklaeren#posting-1058986413

https://www.derstandard.at/story/2000119820854/wien-fuer-ausweitung-der-ampelfarbe-gelb

https://coronavirus.datenfakten.at/

https://tvthek.orf.at/

https://coronatracker.at/wien