Warum die Koalitionsgespräche mit der FPÖ nun alternativlos sind!

Koalitionsgespräche stehen an zwischen Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP)
Koalitionsverhandler Herbert Kickl und Christian Stocker; Quelle: Parlament

Nach drei Monaten vergeblicher Verhandlungen von ÖVP, SPÖ und NEOS zur Bildung der Zuckerlkoalition verhandeln nun FPÖ und ÖVP zur Bildung einer blau-türkisen Koalition. Es gibt gute Gründe, warum diese Koalitionsgespräche nun alternativlos geworden sind und ein rasches konstruktives Ende finden sollten. Da wäre einmal etwa das drohende Defizitverfahren, worüber im Januar eine erste Entscheidung fallen muss. Abgesehen davon steckt Österreich seit zwei Jahren in einer Rezession und muss endlich nachhaltige Impulse für mehr Wachstum schaffen. Desweiteren wären Neuwahlen in drei oder vier Monaten eine Katastrophe für das Land. Die Parteien würden sich gegenseitig weiter bekriegen, während die Zeit eigentlich harte Sanierungsschritte erfordern würde.

Dazu hat das Scheitern der Zuckerlkoalition eines überdeutlich gezeigt: Mit der Babler geführten SPÖ ist kein Staat zu machen. Andi Babler wollte zweimal den Gang in die Opposition antreten und zeigte sich als unsouveräner und teils erratischer Verhandler. Auch inhaltlich taten sich ÖVP, SPÖ und NEOS drei Monate lang offensichtlich schwer, in vielen Punkten einen gemeinsamen Nenner  zu finden. Angesichts der Tatsache, dass in der Migrationspolitik und der Wirtschaftspolitik ÖVP und FPÖ weitestgehend einig sind, wären weitere Monate Streit und Verhandlungen für das Land schlicht fatal. All diese Argumente für rasche und konstruktive Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP wollen wir in diesem Artikel nun genauer ausführen!

1. Wirtschaftskrise: Österreich steckt in der Rezession

Österreich steckt in der längsten Rezession seit dem Jahr 1945: Seit über zwei Jahren gibt es mittlerweile hierzulande kein Wirtschaftswachstum mehr. Das Land braucht deshalb eine handlungsfähige Regierung und keinen politischen Stillstand für wahrscheinlich sechs weitere Monate. Eine wichtige Voraussetzung für Investitionen und nachhaltige wirtschaftliche Impulse in einem Land ist es Stabilität auszustrahlen. Internationale wie nationale Investitionen sind nämlich heute sehr flexibel ihre Investitionen im In- oder Ausland betreffend und deshalb ist es essentiell, als Land stets wettbewerbsfähig und innovativ zu wirken. In guten wirtschaftlichen Zeiten ist hierzu der Einfluss der Politik teilweise sekundär, in Krisenzeiten aber analysieren alle Akteure die politischen Prozesse umso genauer.

Die ÖVP hatte bereits in Koalitionsgesprächen über die Zuckerlkoalition Vorschläge zur Ankurbelung der lahmenden Wirtschaft unterbreitet! Darunter fiel etwa die Entbürokratisierung für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), sowie eine Investitionsprämie und eine Erhöhung des Investitionsfreibetrags. Die Körperschaftssteuer (KÖSt) für Unternehmen sollte laut ÖVP-Idee auf 19 Prozent sinken, um der Wirtschaft kurzfristig einen Investitionsanstieg von 2 Prozent zu bringen und das BIP gleich um rund 0,7 Prozent zu erhöhen. Das alles sollte Wachstumsimpulse auslösen, die Wirtschaft wiederbeleben, während gleichzeitig der Staat unnötige Subventionen und unproduktive Ausgaben reduziert. Bei den Lohnnebenkosten wollten ÖVP und NEOS außerdem eine signifikante Senkung auf deutsches Niveau um rund 5–6 Prozentpunkte.

2. Das EU-Defizitverfahren

Bis Ende Januar verlangt die EU eine erste Stellungnahme Österreichs betreffend des übermäßigen Defizits. Diese Stellungnahme wird darüber entscheiden, ob Österreich ein Defizitverfahren vorgeschrieben bekommt oder ob man die Budgetsanierung eigenständig in Angriff nehmen kann. Während die SPÖ ein Defizitverfahren bevorzugt, weil es längere Konsolidierungszeiträume ermöglicht, wollen sowohl ÖVP wie FPÖ dieses vermeiden. Für Letzteres gibt es auch sehr gute Gründe:                                              Erstens muss das hohe Defizit ohnehin irgendwann reduziert werden, damit der Schuldenzuwachs in einem gewissen Rahmen gehalten werden kann und zudem sollte Österreich diese Sanierung  eigenständig und ohne EU-Vorschriften und eventuell Aufpasser durchführen, denn diese könnten die Souveräntität unseres Landes beschränken. Griechenland und die Troika lassen hier grüßen.                  Zweitens ist das „Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“ – so der vollständige Titel – nicht gerade ein Ruhmesblatt und könnte dafür sorgen, dass Österreichs Kreditrating bei den großen Ratingagenturen sinken würde. Das würde dann bedeuten, dass Österreich für seine neuen Schulden höhere Zinsen bezahlen müsste. Der Vertrauensverlust würde also direkt auf die Kapitalmärkte durchschlagen und sich in höheren Zinsaufschlägen und damit höheren Zinszahlungen manifestieren. Damit würde  der Kostenbedarf zur Finanzierung des  österreichischen Schuldenbergs steigen und somit weiteres Geld im Budget für andere Ausgaben fehlen.

Market/Paul Lazarsfeld Umfrage zur Nationalratswahl (07.08.01.2025); Quelle: https://x.com/Wahlen_AT/status/1877450522287910968

3. Neuwahlen helfen nur der FPÖ und sorgen für Stillstand

Der einzige Profiteur von Neuwahlen wäre klar die FPÖ. Das Land würde in diesem Fall wohl monatelang über die politisch derzeit einzig mögliche Koalition aus ÖVP und FPÖ streiten und die politische Landschaft würde abseits der FPÖ weiter zersplittern. Die politische Linke würde destruktiv von einer rechten Wende polemisieren und weitere Lösungen enorm erschweren. Politisch müsste eine Minderheitsregierung von ÖVP und Grünen zudem bis in den Hochsommer das Staatsschiff wohl ohne Mehrheit im Parlament steuern. Angesichts von Neuwahlen und dann der Aussicht auf Jahre in der Opposition hätte die Babler-SPÖ wohl wenig Lust, sich hier bei schmerzhaften Reformen vor der Wahl politisch einzubringen, ebensowenig wie übrigens die FPÖ.

Österreich wäre also politisch massiv instabil für wahrscheinlich ein halbes Jahr und ein weiterer Wahlkampf würde weiteren Zwist zwischen den Parteien bringen. Der ÖVP könnte ein weiterer Verlust von bis zu 10 Prozentpunkten drohen, die großteils zur FPÖ wandern würden, womit man bei einer Neuauflage von Blau-Türkis vom fast gleichberechtigten Partner zum Mehrheitsbeschaffer degradiert werden würde. Das alles würde parallel zum dritten Rezessionsjahr und einem schwierigen Defizitverfahren laufen, wo man im Parlament ständig mit freien Mehrheiten, unpopuläre Entschlüsse verabschieden müsste.

4. Die SPÖ ist nicht verantwortungsfähig

Wenn die Verhandlungen eines gezeigt haben, dann dass die aktuelle SPÖ-Spitze um Andi Babler nicht verantwortungsfähig und kompromissbereit ist. Alt-Bundeskanzler Karl Nehammer hätte seine politische Karriere nicht leichtfertig geopfert, wenn er eine Chance auf eine produktive Zusammenarbeit mit der SPÖ gesehen hätte. Auch der neue Parteiobmann und künftige ÖVP-Vizekanzler charakterisiert den SPÖ-Chef Andi Babler in der Presse folgendermaßen:

Mein Eindruck ist, dass er sich aus der Welt des Klassenkampfs nicht befreien kann. Und verkennt, dass die Umverteilung jetzt nicht unser dringendstes Problem ist.

ÖVP-Chef Christian Stocker, zitiert nach „Die Presse“ (11.01.2025): S.3

Mehreren Medienberichten zufolge setzte das alte SPÖ-Establishment zunächst Mitglieder der SPÖ Wien als „Aufpasser“ für Andi Babler und seine Leute ein und als sich der Babler dann dieser Aufpasser (wie etwa Doris Bures) wieder entledigte, ging es auch mit den Verhandlungen bergab. Es fehlt der SPÖ allerdings auch das Grundverständnis dafür, dass das Pensionssystem reformiert werden muss und dass hier längere Arbeitszeiten und ein späteres Antrittsalter notwendig sind, um ohne Ausgabenkürzungen durchzukommen.

Fazit

Die Aufgabe des Kanzleramts fällt der ÖVP zurecht schwer, aber das Scheitern der Koalitionsgespräche zur Bildung der Zuckerlkoalition hat demonstriert, dass dieser Schritt aus der Sicht der staatspolitischen Verantwortung alternativlos ist. Das Land steckt in der Rezession, Andi Babler wird weiter an Teilen seiner sehr linken Agenda festhalten und in der EU läuft ein Defizitverfahren. Angesichts einer breiten bürgerlichen Mehrheit wäre es daher den Wählern nicht zu vermitteln, warum FPÖ und ÖVP nun nicht final die Verantwortung für das Land übernehmen. Österreich braucht schmerzhafte Reformen, die von einer breiten Mehrheit im Parlament getragen werden und diese gäbe es nun mit ÖVP und FPÖ, sowie auch mit den NEOS, sofern Gesetze mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden müssten. Koalitionsgespräche der ÖVP mit der FPÖ sind also in dieser Phase also wirklich weitestgehend alternativlos.

Der einzige Profiteur von Neuwahlen wäre die vom Bundespräsidenten ohnehin als Regierungspartei designierte FPÖ und weitere Monate Wahlkampf würden den Parteien und dem politischen Klima in Österreich wohl nicht gut tun. Wenn man die EU- und die Nationalratswahl berücksichtigt, dann war Österreich 2024 ohnehin größtenteils im Wahlkampf und es wäre ein Desaster, wenn dies in der ersten Jahreshälfte 2025 so weiter gehen würde. Angesichts leerer Kassen gibt es bekanntlich wenig zu verteilen, weshalb es eher darum geht, dem Wähler schlechte Nachrichten möglichst schonend zu überbringen. Grüne Ausgabenexzesse wie der Klimabonus müssen wieder abgeschafft werden, während man gleichzeitig der kriselnden Wirtschaft helfen muss. Wie das  mit SPÖ und Grünen konstruktiv  funktionieren sollte, ist politisch derzeit einfach ziemlich fraglich, womit nur ÖVP, FPÖ und NEOS als konstruktive Partner für Koalitionsgespräche übrig bleiben.

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